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Mein skandaloeser Viscount

Mein skandaloeser Viscount

Titel: Mein skandaloeser Viscount Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah Marvelle
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bequem gemacht hatte, streckte sich aus, verbarg ihre Beine unter den weiten Röcken, drehte sich seitlich und präsentierte Jonathan und Flint den Rücken. Bedächtig begann sie, sich des Blumenschmucks aus ihrer Hochfrisur zu entledigen, legte die Maßliebchen eins nach dem anderen auf das Kissen neben sich und beendete damit ihre Zustimmung zu seiner Bitte, während der Trauung Blumen im Haar zu tragen.
    Jonathan stieß sich von der Tür ab und tastete mit einer Hand zögernd über die Innentasche seines Gehrocks, wo er sein Hochzeitsgeschenk verbarg. Ein schlichtes Geschenk, das ihr hoffentlich gefallen würde.
    Er räusperte sich, ließ die Hand sinken und beschloss, einen günstigeren Moment abzuwarten. Dann ließ er den Blick durch das elegante Gemach schweifen und entdeckte gepackte Koffer für die bevorstehende Reise. Die Neugier veranlasste ihn, Victorias Frisiertisch in näheren Augenschein zu nehmen.
    Als cicisbeo hatte er sich alles Wissenswerte über das Boudoir einer Dame angeeignet. Und er hatte gelernt, dass der Frisiertisch einer Dame einiges über ihre Persönlichkeit aussagte. Wie viel Zeit sie davor verbrachte, ob sie extravagant, eitel oder pedantisch war. Keine dieser Eigenschaften schrieb er Victoria zu, aber er wollte sich wieder mit ihr vertraut machen, zumal sie sich noch immer gegen zu viel Nähe sträubte und stets drauf bedacht war, Distanz zu ihm zu wahren.
    Sinnend stand er vor der weißen Marmorplatte mit dem goldgerahmten ovalen Spiegel darüber und ließ einen Finger über die kühle glatte Kante gleiten. In einer offenen geschnitzten Holzschatulle lagen bunte Bänder aus Satin und zarter Spitze; daneben zwei gefaltete Taschentücher, eine silberne Haarbürste mit Hornkamm, Lockenwickler aus Papier, ein Lavendelsäckchen und zwei schmale Parfumflakons, eine Kristallkaraffe mit Rosenwasser für Gesicht und Hände.
    Er lächelte. In mancher Hinsicht hatte sie sich nicht verändert. Sie war ordentlich, ohne übertrieben eitel zu sein, ihr Geschmack war erlesen und dennoch schlicht. Kein Rouge, keine Schönheitspflaster oder Puderquasten, keine chinesischen Farbtöpfchen oder weiße Pasten, Mandelcremes und ähnlichen Firlefanz, womit er Bernadettas Gesicht jeden Tag behandelt hatte. Solche kosmetischen Wundermittel verschönerten zwar den Teint einer Frau, nicht aber ihre Seele.
    Er konnte nur hoffen, das retten zu können, was es von Victorias einst so empfindsamer Seele noch gab. Ihm war erst heute bewusst geworden, wie grauenvoll ihr Leben mit ihrem Vater tatsächlich war. Von dem geistreichen würdevollen Mann, den Jonathan einst kannte, existierte nur noch ein geistig und körperlich verfallenes Wrack. Die größte Tragödie aber bestand darin, dass der Earl seine eigene, über alles geliebte Tochter nicht mehr zu kennen schien.
    Jonathan drehte sich um und stellte fest, dass Victoria ihn beobachtete. Sie wirkte friedlich, ihre Augen waren nicht mehr von Tränen gerötet, wie er erleichtert feststellte.
    Flint hatte sich an ihren Kniekehlen auf den Seidenröcken zusammengerollt und schlief. Jonathan hätte nichts dagegen einzuwenden gehabt, den Platz mit ihm zu tauschen.
    Er trat ans Bett. „Wie fühlst du dich?“
    „Besser. Danke.“ Nachdenklich sah sie ihn an. „Ich glaube, diesmal tut es mir gut, mich eine Weile von ihm zu trennen. Das macht mich doch nicht zu einer lieblosen Tochter, oder?“
    „Wie kannst du nur so denken? Du hast dir mit ihm eine sehr große Last aufgebürdet.“
    Schwere Schritte, gefolgt von einem grässlichen Lärm klangen durch das Haus. Jonathan war sich sicher, dass seine Hilfe gebraucht wurde.
    Er beugte sich über Victoria, die Hände auf den seidenen Bettüberwurf gestützt. „Ich gehe, damit du dich erholen kannst, und hinterher musst du etwas essen. Du brauchst Kraft. Die Fahrt nach Portsmouth dauert zwei Tage und die Seereise nach Venedig zwei Wochen, bei günstigem Wetter.“
    Sie nickte, die Wange ins Kissen geschmiegt.
    Nur um nicht gleich gehen zu müssen, sammelte er die verstreuten Blüten auf. „Schade, dass du sie aus dem Haar genommen hast. Sie sahen hübsch aus.“
    „Wirklich?“, flüsterte sie.
    „Ja.“
    Sie senkte den Blick auf die Bettdecke und strich mit einer Hand darüber. „Remington?“
    Es schien sich ein kleines vertrauliches Gespräch zu entspinnen, was er nicht zu hoffen gewagt hatte. Er setzte sich auf den Bettrand und gab sich den Anschein, als interessierten ihn die unschuldigen weißen Blüten in seinen

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