Mein Sommer nebenan (German Edition)
dichten Wimpern fällt. »Die Spinne Charlotte hat ihn gerettet. Danach lebte er glücklich und zufrieden mit Charlottes Töchtern … ähm … Nelly und Urania und …«
»Joy«, hilft Mrs Garrett mir. »Samantha, du bist die geborene Babysitterin. Ich hoffe, du bist keine Ladendiebin.«
Ich verschlucke mich fast. »Nein. Nie gewesen.«
»Und Schweinchen Babe, Mom? Haben sie aus Babe Speck gemacht?«
»Nein, mein Schatz. Babe hütet immer noch Schafe. Babe ist kein Speck. Speck wird nur aus wirklich fiesen Schweinen gemacht, George.« Mrs Garrett streicht ihm die Haare aus dem Gesicht und wischt ihm die Tränen ab.
»Genau, aus richtig bösen Schweinen«, ergänze ich.
»Es gibt auch böse Schweine?« George wirkt beunruhigt.
Oh-oh.
»Na ja, also Schweine … ähm … ohne Seele.« Nein, das klingt auch nicht gut. Ich krame nach einer guten Erklärung. »So wie die Tiere aus Narnia, die nicht reden.«
Auch wieder falsch. George ist vier. Mit Sicherheit kennt er Narnia noch gar nicht. Er bekommt immer noch Coco, der neugierige Affe, vorgelesen . Und zwar die zensierte Version.
Trotzdem huscht ein wissendes Leuchten über sein Gesicht. »Oh. Dann ist ja gut. Weil ich mag Speck total gern, weißt du?«
Als ich zu den Garretts rübergehe, steht George in einem aufblasbaren Planschbecken, in das Harry gerade mit dem Gartenschlauch Wasser einfüllt. Mrs Garretts wechselt mit routinierten Griffen Patsys Windel auf der Veranda und zieht ihr anschließend eine Art bauschiges Plastikhöschen an, das mit kleinen Sonnen bedruckt ist.
»Ich glaube, Harry wurde dir noch gar nicht richtig vorgestellt. Harry, das ist Jase’ Freundin Samantha, die ein bisschen auf euch aufpassen wird.«
Wie bin ich Jase’ Freundin geworden? Ich habe erst zweimal mit ihm geredet. Wow, Mrs Garrett ist wirklich das genaue Gegenteil von meiner Mutter.
Harry, der grüne Augen, ziemlich glatte dunkelbraune Haare und jede Menge Sommersprossen hat, sieht mich herausfordernd an. »Kannst du einen Kopfsprung rückwärts?«
»Äh. Ja?«
»Bringst du ihn mir bei? Jetzt?«
Mrs Garrett geht dazwischen. »Darüber haben wir doch schon gesprochen, Harry. Samantha kann nicht im großen Pool mit dir schwimmen, weil sie ein Auge auf die Kleinen haben muss.«
Harrys Unterlippe schiebt sich vor. »Aber sie könnte sich Patsy im Baby-Björn umschnallen, wie du immer, und George an der Hand festhalten. Er kann schon ziemlich gut mit seinen Schwimmflügeln schwimmen.«
Mrs Garrett wirft mir einen entschuldigenden Blick zu. »Meine Kinder erwarten von allen Erwachsenen, dass sie multitaskingfähig sind. Nein, Harry. Entweder das Planschbecken oder gar nichts.«
»Aber ich kann schon schwimmen. Ich kann sogar richtig gut schwimmen. Und sie weiß, wie man einen Köpfer rückwärts macht. Sie könnte mir beibringen, wie das geht.«
Während ich das Baby trage und Georges Hand halte? Die erwarten tatsächlich von mir, dass ich so eine Art Supergirl bin.
»Nein«, wiederholt Mrs Garrett entschieden, und fügt an mich gewandt hinzu: »Ein Sturkopf wie er im Buche steht. Sag einfach immer weiter Nein. Irgendwann wird er es aufgeben.« Sie führt mich ins Haus, zeigt mir, wo ich die Windeln finde, bittet mich, mir aus dem Kühlschrank zu nehmen, was immer ich brauche, gibt mir ihre Handynummer, weist mich auf die Notfallnummern hin, warnt mich, vor George über Tornados zu sprechen, springt in ihren Kombi und fährt davon.
Ich bleibe allein mit Patsy zurück, die versucht, mir mein T-Shirt über die Brüste zu ziehen, mit George, der mich darüber informiert, dass man einen Blauring-Kraken niemals anfassen darf, und mit Harry, der aussieht, als wolle er mich umbringen.
Eigentlich läuft es gar nicht mal so schlecht.
Bis jetzt habe ich mich erfolgreich davor gedrückt, babyzusitten. Es ist nicht so, als würde ich Kinder nicht mögen, aber mich hat immer gestört, dass es keine festen Arbeitszeiten gibt. Ich hatte keine Lust, mich mit Eltern auseinanderzusetzen, die ständig zu spät kommen und sich wortreich dafür entschuldigen, oder von irgendeinem Vater nach Hause gefahren zu werden und im Auto unbehaglichen Small Talk mit ihm machen zu müssen. Aber die Garrett-Kinder sind ziemlich pflegeleicht. Ich nehme sie kurz mit zu uns rüber, um unseren Gartensprinkler – eine komplizierte Vorrichtung mit zwei rotierenden Düsen – zu holen. Harry findet ihn zu meinem Glück voll cool , und er und George verbringen anderthalb Stunden damit, im Sprühregen
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