Mein Traummann die Zicke und ich
Gestank. Ich könnte kotzen.
»Sind wir plötzlich nicht mehr so beliebt, Violet?«, sagt sie und beißt kräftig in ihr Obst. »Als sie erst mal rausgefunden hatten, dass du mir den Kranz geschickt hast …« Sie schürzt die Lippen und schüttelt den Kopf. »O weh, dafür hassen sie dich wirklich.«
»Aber … das war ich doch gar nicht … Ich würde so etwas nie tun …«, stottere ich.
»Ich weiß«, sagt sie fast tröstend. »Natürlich nicht. Dafür bist du viel zu nett, klar. Aber die fiese, rachsüchtige Violet Blauauge, die mir das Leben in St. Benedict zur Hölle auf Erden gemacht hat, die mir das blaue Auge verpasst hat, das ich trug, als sie mich mal am Wochenende in London besuchten … Erinnerst du dich noch daran, Violet? Die würde so etwas schon machen. Und als sie dann noch festgestellt hatten, dass der Kranz mit deiner Kreditkarte bezahlt worden ist! Mein lieber Dad war nämlich so besorgt, dass er seinen Freund, den Dorfpolizisten, gebeten hat, der Sache mal auf den Grund zu gehen, und der hat vor ein paar Minuten angerufen und gesagt, wer die rachsüchtige Furie war … Sie konnten ja nur einen Schluss aus der Sache ziehen. Nicht dass ich dieses Beweisstück wirklich gebraucht hätte, nicht wahr, denn mein lieber Bruder Solomon, der immer so gerecht und weise ist, hat dir den Prozess gemacht und dich verurteilt, noch bevor es dazu gekommen ist.«
»Also warst du es …«
»Du meinst das Geschmiere auf deinem Foto?« Sie hält kurz inne und lacht. »Kindisch, ich weiß, aber ich konnte nicht widerstehen. Ich wollte eigentlich nur deine Kreditkartennummer notieren, aber du hast so selbstzufrieden gegrinst auf dem Foto, du sahst mal wieder so aus, als hättest du das Glück mit
Löffeln gefressen. Ich schätze, das Leben ist jetzt nicht mehr so toll für dich, was, Violet Blauauge?«
»Und das Kleid?«, frage ich leise.
»Ups, das Kleid«, sie rollt mit den Augen. »Da ist mir wohl versehentlich das Bleichmittel runtergefallen, wie ungeschickt von mir.«
»Du hast alles akribisch geplant, von Anfang …«
»… bis Ende«, schließt sie für mich. » Finito , fini , aus und vorbei, adiós , thank you and good night , Violet Templer … Aber sag noch schnell, bevor du gehst, hat Sollie mit dir Schluss gemacht, oder bist du ihm zuvorgekommen?«
Das muss ich mir nicht länger anhören. Ich gehe an ihr vorbei die Treppe hinauf.
»Ja, lauf nur weg, wie du es als Kind auch immer getan hast«, provoziert sie mich.
Ich weiß nicht, warum ich ein paar Stufen über ihr stehen bleibe und mich noch einmal nach ihr umdrehe. Vielleicht ist es die unverhohlene Abscheu in ihrer Stimme, aber ich muss es endlich wissen.
Als sie hört, dass ich stehen geblieben bin, dreht auch sie sich um. »Ich dachte, du wolltest gehen? Also dann, leb wohl, mach’s gut, bye-bye und auf Wiedersehen.«
»Ich möchte dich gern etwas fragen«, sage ich, wobei ich mit aller Macht versuche, meinen Atem und meine Stimme unter Kontrolle zu behalten.
Sie sieht überrascht aus, sagt aber nichts.
»Warum?«
»Warum?«, wiederholt sie.
»Ja, warum?«, sage ich bestimmter.
»Warum ich dich und Sol auseinanderbringen wollte?«
»Nein. Eigentlich nicht. Das überrascht mich nicht, nicht
mehr. Was ich wissen will, ist, warum du mir all das in der Schule
angetan hast? Ich will dich das schon seit Jahren fragen. Warum ich? Was habe ich dir je getan, außer dass ich versucht habe, nett zu dir zu sein? Ich habe dir geholfen, als du kamst und noch niemanden kanntest. Ich habe dir meine Freundschaft angeboten, ich habe mich um dich gekümmert …«
»Du hast mich bevormundet.«
»Das war niemals meine Absicht.«
»Du tust es immer noch, du merkst es nur nicht, heilige Violet, süße, liebe, nette, Alle-lieben-dich-Violet. Als ich mit dir fertig war, mochten sie dich nicht mehr so gern, stimmt’s? Und Sol mag dich auch nicht mehr«, provoziert sie mich.
Ich beiße mir ins Innere meiner Wangen, meine Nägel graben sich so tief in meine Handflächen, dass das Blut kommt, aber irgendwie schaffe ich es, meine Wut zu beherrschen, und frage sie noch einmal. Und wenn ich sonst nichts mitnehme aus diesem ganzen Chaos …
» Warum , Pippa?«
»Niemand hat mich seit Jahren mehr so genannt«, sagt sie amüsiert. »Ich wette, du musstest dir immer auf die Zunge bei ßen, um es nicht zu sagen. Du willst wissen, warum? Gut, vielleicht sage ich es dir einfach.« Sie macht eine Kunstpause, legt sich einen Finger auf den Mund und lässt die
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