Mein Traummann die Zicke und ich
er so von der Natur begünstigt wurde. Das ist natürlich eine ziemlich oberflächliche Bemerkung, denn allein die Tatsache, dass man gut aussieht, bedeutet ja noch lange nicht, dass man auch glücklich ist.
Die süße kleine Fleur ist auch da und hat von Sollie den Auftrag gekriegt, »auf seine Frau aufzupassen«. Daher steht sie auch ganz brav neben mir, um mir beizustehen. Er hat mich diese Woche schon oft so genannt, aber wer bin ich, ihn darauf hinzuweisen, dass das ein bisschen voreilig ist …
Die ersten Gäste sind Arics und Elspeths beste Freunde Margaret und Evis McDougal. Bei ihnen haben die Jungs heute den Tag verbracht. Margaret wirkt ein bisschen statuenhaft, sehr elegant und ehrlich gesagt ziemlich vornehm. Eigentlich genauso, wie man es von einer Frau erwarten würde, die in einem Anwesen wohnt, das doppelt so groß ist wie Balcannon. Doppelt so groß! Ist das dann so groß wie Balmoral Castle? Sind Margaret und Evis am Ende das verkleidete Königspaar? Wenn sie verkleidet sind, dann ziemlich gut. Evis sieht ganz und gar
nicht aus wie Prinz Philip, er könnte eher Arics Bruder sein, so sehr ähneln sich die beiden. Stattlich, fröhlich, ein blühendes, humorvolles Gesicht – der einzige Unterschied ist eigentlich die Haarfarbe. Während Aric flammend rote Löckchen hat, sind Evis’ Haare schokobraun und so wild wie das Meer an einem stürmischen Tag.
Margaret dagegen erinnert mich mit ihrem vor Haarspray starren Haar, ihren Siebzigerjahreklamotten, dem leuchtend blauen Lidschatten und den vornehmen Manieren ein bisschen an Margot Leadbetter aus der alten Fernsehserie The Good Life . Sie ist aber wahnsinnig nett, bescheiden und höflich.
Sie haben fünf erwachsene Kinder zwischen achtzehn und achtundzwanzig, die alle mit von der Partie sind: drei Jungs und zwei nicht eineiige Zwillingsschwestern, von denen die eine ihrer Mutter aufs Haar gleicht, mit Ausnahme des Haarsprays, und die andere ihrem Vater ähnlich sieht, aber natürlich dünner ist. Fleur ist offensichtlich mit den Zwillingen gut befreundet, und ich, auf die sie eigentlich aufpassen sollte, bin sofort vergessen, weil sie sich ein ganzes Jahr nicht mehr gesehen haben.
Nicht dass ich Gelegenheit hätte, sie zu vermissen. Elspeth zelebriert die Vorstellungsrunde und zeigt mich so stolz herum wie ein Hundehalter seine neueste Züchtung auf einer Hundeshow.
»Das ist meine Schwiegertochter Violet«, verkündet sie ebenso voreilig wie Sollie.
»Na ja, noch nicht ganz«, sage ich schüchtern, weil ich das Gefühl habe, das klarstellen zu müssen.
»In nur neun Monaten ist es so weit. Was macht das schon für einen Unterschied?«, beharrt Elspeth und tätschelt zärtlich meine Hand.
»Oh, einen ziemlichen, wenn man ein Fötus ist«, sagt Evis und lacht selbst am lautesten über seinen Witz.
Noch mehr Freunde und Nachbarn treffen ein. Elspeth stellt mich ihrem »besonderen Freund« Norris Stewart vor. Er ist klein und fast glatzköpfig, trägt eine Hornbrille und stottert, Letzteres aber erst, seit seine Frau vor zwei Jahren gestorben ist, wie mir Elspeth erklärt.
Er ist süß und lustig und erzählt mir, wie es ist, der einzige männliche Single seines Alters in der ganzen Gegend zu sein. Ständig muss er die Annäherungsversuche unzähliger Witwen abwehren, die ihn anrufen und ihm alles mögliche Selbstgemachte vorbeibringen wie Gemüsekuchen, Marmelade und Kekse.
»Du solltest dir einen Hund zulegen, Norris«, mischt sich Margaret ein. »Ich sage ihm das schon solange, Violet. Es gibt keine bessere Gesellschaft als einen Hund.«
»Vielleicht sollte ich das wirklich, Margaret«, erwidert er nickend, und dann beugt er sich verschwörerisch in meine Richtung und flüstert: »Ich könnte ihm beibringen, Mrs. McDougal zu beißen, wenn sie mit ihrem selbst gemachten Schüttelbrot bei mir vorbeikommt.« Er winkt einer fülligen Dame in Schottentracht zu, die ihn zur Belohnung anstrahlt. »Die letzte Packung, die sie mir geschenkt hat, benutze ich noch immer als Türstopper fürs Wohnzimmer.«
»Ich habe fünf Hunde«, fährt Margaret fort. »zwei Labradore, einen Springer-Spaniel, einen Jack Russell und einen irischen Wolfshund. Ich könnte nicht mehr ohne sie leben. Und sie machen viel weniger Ärger als Kinder.«
»Obwohl sie davon auch fünf haben, meine Liebe«, erinnert Norris sie.
»Wohl wahr«, stimmt sie zu, als wäre ihr dieser Umstand kurzzeitig entfallen und als wäre das Leben ohne sie weitaus schöner. »Wohl
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