Mein Traummann die Zicke und ich
Wahrscheinlich wäre mir nichts, was ich mache, gut genug, andererseits kann ich das natürlich auch nur schwer jemand anderem überlassen, also werde ich sie wohl doch selber backen.«
»Isst du jeden Tag Kuchen während der Arbeit?«, will Marilyn wissen.
»Natürlich, ich muss doch alles probieren.«
»Oh, Wahnsinn, kann ich einen Job bei dir haben?«, kreischt sie, verzückt von dem Gedanken, mit Kuchenessen ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
»Natürlich«, antworte ich wahrheitsgemäß. Wie schön wäre es, Marilyn jeden Tag um sich zu haben; jeder Tag wäre angefüllt mit Lachen und Sonnenschein.
»Vielleicht ein bisschen weit, wenn du pendeln willst«, erinnert Elspeth ihre Schwester.
»Ich weiß, aber ich müsste ohnehin nach London ziehen und in Violets Küche wohnen, denn wenn ich alles probiert habe, was Violet ihren Kunden anbietet, passe ich sowieso nicht mehr durch die Tür, geschweige denn in einen Jumbo Jet nach Jamaika. Da gibt es Gewichtsgrenzen, weißt du. Und ich wäre mehr als Übergepäck, wenn ich Violets Chefkuchentesterin wäre. Nun, dann muss ich eben alles jetzt schon probieren. Zitrone, Schokolade, Vanille, Fruchtkuchen, Erdbeer … Wo bleibt denn nur meine kleine Fleur mit den Eiern? Wir müssen mit dem Backen anfangen.«
Fleurs Rückkehr wird vom Knattern des kleinen Citroën angekündigt, das von den Wänden widerhallt wie Kanonenschüsse, und kurz darauf sind wir dabei, alle Zutaten zusammenzurühren, und Marilyn versucht, die Schüssel auszulecken, bevor wir die Backmischung auch nur hineingefüllt haben. Es bereitet ihr keinerlei Mühe, einen riesigen, mit Teig umhüllten hölzernen Kochlöffel ganz in den Mund zu stecken.
Ich bin in meinem Element, aber wenn ich an Elspeths Ofen denke, wird mir mulmig.
Ich habe noch nie mit so einem speziellen Ofen gebacken«, sage ich unsicher und halte ihr die Kuchenform hin wie eine heilige Opfergabe.
»Das Einzige, was du beachten musst, ist, dass er genauso ist wie meine Schwester«, erklärt Elspeth mir.
»Immer heiß?«, fragt Marilyn.
»Und völlig unvorhersehbar.« Elspeth streckt ihr die Zunge raus.
Während wir darauf warten, dass alle drei Schichten backen, kommt Elspeth Marilyns Bitten nach und öffnet eine Flasche sehr guten Weins, den sie zur Belohnung für die getane Arbeit ausschenkt.
Zum Glück gelingen alle drei Böden, erst die beiden Schokoladenschichten und dann, anderthalb Stunden später, auch der Früchtekuchen, der die unterste Schicht werden soll.
»Gut, jetzt müssen wir alles über Nacht abkühlen lassen«, sage ich.
»Was, wir machen jetzt nicht die Glasur?« Fleurs Enttäuschung ist nicht zu übersehen.
»Wir sollten die Böden wirklich bis morgen ruhen lassen, aber wir können schon mal mit den Rosen anfangen.«
»Au ja, zeigst du mir, wie das geht?«
»Klar.«
»Ich würde wahnsinnig gern so gut backen können wie du.«
»Nach allem, was ich gesehen habe und was deine Mutter mir erzählt hat, bist du auf dem allerbesten Weg, eine hervorragende Köchin zu werden.«
Fleur lächelt und wird rot dabei.
»Mum übertreibt, du weißt ja, wie Mütter sind: Du singst als Kleinkind eine schiefe Version von ›Three blind mice‹, und schon bist du die nächste Judy Garland.«
»Deine Florentiner waren hervorragend.«
»Danke …« Sie sieht mich einen Moment lang an. »Ich überlege, ob ich den Kurs sausen lasse, den ich gerade mache, und mich stattdessen in der Kochschule einschreibe …«
»Was studierst du denn im Moment?«
»Kunstgeschichte. Es ist okay, aber …« Sie zögert einen Moment
und zuckt dann mit den Schultern. »Es ist eine Sache, sich anzugucken, was andere Menschen geschaffen haben, aber vielleicht würde ich lieber gern selbst kreativ sein … Und ich koche einfach wahnsinnig gern. Ich weiß aber nicht, wie man es anstellt, das beruflich zu machen, und ich habe schon drei Semester studiert … Was ist, wenn ich das jetzt einfach abbreche und später merke, dass ich einen Riesenfehler gemacht habe?«
»Wenn du es unbedingt willst, ist es bestimmt auch das Richtige.«
Als ich sehe, dass sich ihre Mundwinkel bei dem Gedanken herunterziehen, füge ich hinzu: »Wenn du es nicht probierst, wirst du es nie herausfinden.«
»Ich glaube, ich habe Angst, dass ich es nicht schaffe.«
»Wenn man etwas erreichen will, muss man manchmal mutiger sein, als einem lieb ist.«
Sie schluckt, nickt aber. »Danke, Violet.«
»Kein Problem.«
»Ich bin echt froh, dass du Sol heiratest. Ich
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