Mein ungezähmter Highlander
nickte. »Handelt nicht überstürzt. Wir werden nicht weit hinter Euch sein.«
Mit dem Tod des MacLeod und einem Überraschungsangriff auf die Festung würde der Sieg endlich ihm gehören.
Vielleicht war seine kleine Nichte ja doch ganz nützlich gewesen.
Sie war fast da. Auf Dunvegan, bei Rory, und hoffentlich würde sie auch Vergebung finden. Denn es befand sich etwas in Isabels Besitz, mit dem sie Rory ihre Treue beweisen konnte.
Sie wurde nur noch von erwartungsvoller Aufregung angetrieben, denn ihr Körper machte längst nicht mehr mit. Ihre Schultern waren nach vorn gesunken, und es hatte sie eine
solch überwältigende Erschöpfung erfasst, wie Isabel sie noch nie erlebt hatte. Für gewöhnlich war sie eine hervorragende Reiterin, doch jetzt musste sie die ganze Zeit darum kämpfen, sich im Sattel zu halten. Wann hatte sie das letzte Mal ihren Hintern gespürt? Das musste wohl vor Meilen, vor Stunden gewesen sein. Ihre Schenkelinnenseiten würden bestimmt die nächsten Wochen ganz wund sein. Aber sie musste ihr zügiges Tempo beibehalten, um so schnell wie möglich an ihr Ziel zu kommen.
Schmutz und Staub hatten Spuren auf ihrem Gesicht hinterlassen. Mit dem Ärmel wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Gegen die Schweißperlen, die sich unter dem schweren Knoten gesammelt hatten, zu dem sie ihr Haar aufgesteckt hatte, konnte sie wenig tun. Es war einfach zu heiß. Sie trug einen Hut mit einer breiten Krempe – doch nicht einmal der hatte nach den langen, sonnigen Tagen, die sie im Sattel verbracht hatte, verhindern können, dass Nase und Wangen feuerrot waren.
Zumindest ihre Hände waren durch die dünnen Handschuhe, die sie beim Reiten immer trug, vor der Sonne geschützt. Doch leider mochten die modisch dünnen Lederhandschuhe sie zwar vor der Sonne und kleinen Stechmücken schützen, doch nach den vielen Stunden harter Beanspruchung hatten sie sonst keinen anderen Nutzen mehr. Die weiten Röcke ihres Reitkleides waren in der Mitte geteilt, damit sie rittlings auf dem Pferd sitzen konnte, waren ansonsten aber für eine so lange, beschwerliche Reise eher hinderlich. Wie sehr wünschte sie sich, ein paar Hosen und feste Lederhandschuhe anzuhaben, doch sie hatte einfach nicht genug Zeit gehabt, nach so etwas zu suchen.
Seit zwei Tagen und Nächten ritt sie nun schon auf der Straße – manchmal nur auf Wegen – von Dunscaith auf der westlichen
Halbinsel von Sleat Richtung Norden. Zwei Tage war sie unterwegs für eine Reise, für die man normalerweise drei volle Tage oder mehr brauchte. Sie erinnerte sich wieder daran, wie aufgeregt und nervös sie gewesen war, als sie sich heimlich mit dem Beweis der Heimtücke ihres Onkels aus dem schlafenden Dunscaith geschlichen hatte. Der Brief, den sie Willie gestohlen hatte, war mehr, als sie je zu träumen gewagt hätte. Sie nahm sogar an, dass noch nicht einmal ihr Vater etwas von Sleats Plänen wusste. Mit diesem Brief bekam Rory das Mittel an die Hand, um ihren Onkel zu vernichten. Er war die Waffe, die Rory brauchte, damit Sleat die Gunst des Königs verlor. Und damit verschaffte Isabel Rory das, was er sich am meisten wünschte – die Möglichkeit, sich für die Schande, die seinem Clan durch Sleat zugefügt worden war, zu rächen.
Und dann hoffte Isabel auch, dass es ein unstrittiger Beweis für ihre Loyalität ihm gegenüber sein würde.
Sie wäre zwar am liebsten sofort losgeritten, doch sie war gezwungen gewesen zu warten, um sicherzugehen, dass Willie wirklich aufgebrochen war, um die restlichen Briefe zu überbringen – sie wollte ganz sicher sein, dass niemandem der fehlende Brief aufgefallen war. Aber zum Glück hatte Willie sich gleich nach ihrem Zusammenstoß im Korridor auf den Weg gemacht, sodass sie sich gleich in der darauffolgenden Nacht hatte davonstehlen können.
Jetzt war es der späte Morgen des dritten Tages ihrer Reise, und sie war nur noch ein paar Meilen von ihrem Ziel entfernt.
Sie klopfte dem gestohlenen Zelter mit der flachen Hand lobend den warmen Hals. Die Ställe ihres Onkels gehörten mit zu den besten in den Highlands und auf den Inseln. Das entwendete Pferd war ein wirklich herrliches Tier. Sie wusste, dass sie es zu hart geritten hatte, aber ihr war keine andere
Wahl geblieben. Sie durfte nicht anhalten, sondern musste allen Verfolgern voraus sein. Sie hatte sich und dem Pferd nachts ein paar Stunden Schlaf zugestanden, um ansonsten nur selten eine Rast einzulegen. Sie durfte nicht zulassen, dass die
Weitere Kostenlose Bücher