Mein verführerischer Highlander: Roman (German Edition)
Krieg durch ihre Augen sehen …
Tod. Verwüstung. Verkrüppelte Männer, die ihren Schmerz im Alkohol ertränkten. Frauen, die allein für sich einstehen mussten. Vaterlose Kinder. Die Realität.
Er runzelte die Stirn. Wie oft war er an diesen Dingen vorübergegangen und hatte sie nicht gesehen? War an niedergebrannten Burgen oder Gehöften vorbeigeritten, ohne an die Menschen zu denken, die dort lebten?
Er hatte fast sein ganzes Leben gekämpft, plötzlich aber fühlte er sich ausgelaugt.
»Warum mögt Ihr mich nicht?«
Ihre direkte Frage überraschte und entwaffnete ihn, obwohl er inzwischen wusste, dass Anna keine Scheu kannte. Von Natur aus offen und freimütig, äußerte sie ihre Meinung mit jenem Selbstvertrauen, das man nur besaß, wenn man sein Leben lang geliebt, geschätzt und ermutigt worden war. Es war eine der Eigenschaften, die an ihr so ungewöhnlich – und so hinreißend waren.
Unsicher, was er antworten sollte, zögerte er.
»Das stimmt nicht.« Ihre Miene verriet ihm, dass sie ihm nicht glaubte. »Es ist, wie ich schon zuvor gesagt habe. Ich bin hier, um eine Aufgabe zu erfüllen. Für andere Dinge habe ich keine Zeit.«
»Ist es wegen der Fehde?«
Sofort wurde seine Wachsamkeit geweckt. Das Gespräch nahm eine Richtung, die ihm nicht geheuer war. Über dieses Thema wollte er mit niemandem sprechen – schon gar nicht mit ihr.
»Die Fehde liegt viele Jahre zurück.«
»Sie ist also Vergangenheit? Ihr denkt nicht mehr voller Zorn an Euer Land oder die Burg am Loch Awe?«
Als sein Puls schneller schlug und sein Zorn sich regte, zwang er sich zur Gelassenheit. Sein Unmut richtete sich nicht gegen sie.
»Das Land hätte meinem Bruder Neil gehört – nicht mir. Nach Methven wäre es ohnehin verloren gewesen. König Edward hat uns für den Verlust entschädigt und meine Brüder und mich für unsere Loyalität belohnt.«
»Dann ist es wegen Eures Vaters?«
Er erstarrte. Herr im Himmel. Es musste ein Wesenszug der MacDougalls sein, instinktiv auf die Kehle zu zielen. Obschon freundlich gemeint, trafen ihn ihre Worte zutiefst.
»Mein Vater ist im Kampf gestorben.«
»Von der Hand meines Vaters«, entgegnete sie ruhig. »Es wäre verständlich, wenn Ihr mich deshalb hassen würdet.«
Er wünschte, er hätte es gekonnt. Aber man durfte Anna nicht die Sünden ihres Vaters vorwerfen.
»Ich hasse Euch nicht.« Weit davon entfernt. Er begehrte sie. Mehr als er jemals eine Frau begehrt hatte. »Was geschehen ist, ist Vergangenheit.«
Er spürte ihren Blick auf sich, schaute aber starr geradeaus.
»Warum seid Ihr wirklich hier?«
»Was meint Ihr?«
»Was wollt Ihr?«
Gerechtigkeit. Vergeltung. In diesem Fall war es ein und dasselbe.
»Das, wofür die meisten Ritter kämpfen: um Land und Belohnung.«
In seinem Fall hatte Bruce versprochen, seinem Bruder Innis Chonnel zurückzugeben, während er Arthur mit einer reichen Braut gelockt hatte – mit der reichsten in den Highlands, Christina MacRuairi, Lady oft the Isles.
»Und sonst nichts?«
»Das Ende des Krieges.«
»Dann wollen wir dasselbe.«
Sie wusste nicht, wie sehr sie sich irrte. Ein Ende des Krieges war für ihn gleichbedeutend mit Bruces Thronbesteigung und der Vernichtung der MacDougalls.
Er warf ihr einen Seitenblick zu. Sie war so schön, dass es schmerzte. Aber diese Schönheit hatte ihn getäuscht. Er hatte die unschuldige Frische ihres Gesichts und den Liebreiz ihres Lächelns gesehen, nicht aber ihre Stärke. Für einen Mann, der so stolz auf sein Wahrnehmungsvermögen und seine scharfe Beobachtungsgabe war, ein peinlicher Irrtum.
Im Lichte dessen, was er heute gesehen hatte, sah er ihre Aktivitäten der letzten zwei Wochen – das Fest, die Wettkämpfe – aus einer anderen Perspektive. Vielleicht war es nicht Fantasie, sondern eine Art Schutz: Sie tat, was sie konnte, um eine Lebensweise zu bewahren, die vor dem Zusammenbruch stand.
Obwohl er sie bewunderte, tat sie ihm auch leid. Sie führte einen vergeblichen Kampf. Und ihrer Kraft haftete eine Zerbrechlichkeit an, die in ihm die Frage weckte, ob auch sie sie spürte.
Er wünschte, er hätte sie schützen können. Angesichts der Tatsache, dass er da war, um zu vernichten, was sie so verzweifelt zu erhalten hoffte, war es eine Ironie des Schicksals. Und das machte ihm zu seiner großen Verwunderung sehr zu schaffen.
Ob es ihm gefiel oder nicht, Anna MacDougall war der Feind.
7
S chweigend ritten sie ein paar Meilen weiter, ehe Arthur wieder etwas
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