Mein verruchter Marquess
Fall, dass er sich zusammen mit Albert über sie lustig gemacht hatte, wollte sie ihm nicht auch noch die Befriedigung verschaffen, es wäre ihr wichtig genug gewesen, sich diese Information zu merken.
Er stand vor ihr, völlig reglos. Er hatte sich nicht einmal umgedreht.
Hätte er es getan, hätte sie vielleicht den siegessicheren Glanz in seinen Augen bemerkt, und dann das zufriedene Lächeln, das seine Lippen umspielte.
„Verzeihen Sie, Sir." Daphne nahm allen Mut zusammen und tat einen weiteren Schritt in seine Richtung. „Sie wollen gehen? Jetzt schon?"
Endlich drehte sich der dunkle, gut aussehende Marquess zu ihr um. Er ließ den Blick über sie gleiten. „Ich bin nicht sicher", sagte er langsam, „ob es für mich einen Grund gibt zu bleiben." Ganz leicht hob er eine Braue, als wartete er darauf, ob sie ihm etwas Gegenteiliges mitzuteilen hatte.
Daphnes Knie unter den weiten Röcken begannen zu zittern, als sie sich dem Teufelsmarquess in seiner ganzen faszinierenden Größe gegenübersah.
Sie schluckte. „Mir würde einer einfallen."
„Tatsächlich?"
Sie bewegte ihren Fächer, war jedoch entschlossen zu sagen, was ihr auf dem Herzen lag. „Ich - ich möchte Ihnen danken für gestern", erklärte sie. „Es ... es war sehr edel von Ihnen, mir zu Hilfe zu kommen."
„Edel?", wiederholte er und zog jetzt beide Brauen hoch.
„Ja." Sie nickte eifrig. Etwas in seinem Blick ließ ihre Fingerspitzen kribbeln. Das Kribbeln breitete sich über ihre Arme aus, in ihre Brust, und ihr wurde warm. Sie versuchte, das seltsame Gefühl nicht zu beachten. „Es war ein kluger Trick - aber gefährlich", schalt sie. „Es hätte auch schiefgehen können, wissen Sie. Ich bin nicht sicher, dass Sie das hätten tun sollen." Sie schluckte noch einmal. „Aber zum Glück", fuhr sie fort, „scheinen Sie unverletzt zu sein. Bitte nehmen Sie meinen Dank entgegen."
Als er sie nur wortlos anstarrte, die Augen ein wenig zusammengekniffen, als betrachtete er ein unerwartetes Beutetier, knickste Daphne kurz, um ihren Dank zu unterstreichen, da sie auch nicht wusste, was sie sonst tun sollte.
Ihre Anerkennung seiner Heldentat schien ihn zu erheitern, und seine Züge wurden weicher.
„Es war mir ein Vergnügen, Ihnen zu Diensten zu sein, Miss Starling, und Ihre Besorgnis stürzt mich in Verlegenheit. Die Ehre war ganz meinerseits." Er verbeugte sich vor ihr.
Einen Moment lang sahen sie einander an, noch immer mehrere Yards voneinander entfernt.
Daphne spürte kaum, dass sie den Atem anhielt, als stünde sie unter dem Bann eines zauberhaften Wesens, wie zum Beispiel einem Einhorn auf einer mondbeschienenen Lichtung.
Erst jetzt bemerkte sie, dass Lord Rotherstone sie mit ihrem Namen angesprochen hatte. „Ich nehme an, Lord Albert hat Ihnen gesagt, wer ich bin."
„Nein", erwiderte er gelassen. „Das wusste ich schon."
„Ach ja?"
„Ein strahlender Stern wie Sie, Miss Starling, kann einem kaum entgehen."
Nun, dachte sie, das war hübsch gesagt. Vielleicht war er nicht ganz so schnell bereit wie andere Menschen, Alberts Lügen zu glauben. Fasziniert sah sie zu, wie er gelassen zu ihr schlenderte.
„Ich nehme an, die Schutzheilige aller Neuankömmlinge?", begrüßte er sie mit rätselhaftem Lächeln.
„Oh - ja." Auch Daphne lächelte bescheiden über den Beinamen, dann senkte sie den Blick. „Vermutlich würde das auch Sie einschließen? Ich habe Sie nie zuvor in der Gesellschaft gesehen. Sind Sie neu in der Stadt, Sir?"
„Ich habe eine Weile das Ausland bereist."
Als er vor ihr stand, musste sie nach oben schauen, um ihm in die Augen sehen zu können, denn er war recht groß.
„Im Ausland? Während eines Krieges?"
„Was ist das Leben ohne ein wenig Gefahr?", gab er zurück und schenkte ihr ein in der Tat gefährliches Lächeln.
„Oh." Sie senkte den Blick und verfluchte sich selbst, weil sie fühlte, wie sie errötete. „Ich war nie weit weg von zu Hause."
„Ich möchte wetten, auch Sie waren schon an ein oder zwei gefährlichen Orten, Miss Starling." Er schmunzelte und bedachte sie mit einem wissenden Blick. In den äußeren Augenwinkeln hatte er kleine Fältchen. Sie begriff, dass er auf den vergangenen Tag und ihren Ausflug nach Bucket Lane anspielte.
Direkt vor ihr blieb er stehen und sah ihr mit demselben nachdenklichen Ausdruck ins Gesicht, den sie schon vorher bemerkt hatte. Er schien tief in ihre Seele zu blicken. „Sie wirkten aufgeregt, als sie vorhin den Speisesaal verließen."
Seine
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