Mein verruchter Marquess
in der Haltung einer erbosten Feenkönigin.
Daphne schüttelte den Kopf. Sie fühlte noch immer die Nachwirkungen seines Zaubers. „Was meinst du damit?"
„Daphne! Er ist ein Schürzenjäger!"
„Nein!", widersprach sie heftig und wehrte ab. „Er ist außerordentlich liebenswürdig, glaube mir."
Nun, abgesehen von der Sache mit dem Bordell, ging es ihr durch den Kopf.
„Weißt du überhaupt, wer das ist?", fragte Carissa.
„Natürlich weiß ich das. Der Marquess of Rotherstone."
„Der Teufelsmarquess", flüsterte Carissa.
„Ach, das ist nur eine dumme ... "
„Nein, ist es nicht!"
„Unsinn. Lass uns etwas Süßes essen."
„Daphne, hör mir zu." Carissa packte ihren Arm. „Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, aber du darfst diesem gefährlichen Mann nie wieder nahe kommen. Hast du gehört?"
„Warum denn nicht?"
„Er ist eines der führenden Mitglieder des Inferno Clubs."
„Des was?"
„Des Inferno Clubs!" Der Rotschopf winkte sie näher zu sich heran, sah sich dann vorsichtig um und begann zu erklären. „Sie treffen sich im Dante House, nicht weit von den anderen Clubs in St. James. Aber ich habe gehört, dass sie alle sehr kühn sind."
„Warum? Was machen sie?", fragte Daphne.
„Dinge, an die anständige Mädchen wie wir nicht einmal denken sollten."
Daphne runzelte die Stirn. So zurückhaltend war Carissa gewöhnlich nicht. „Was weißt du noch darüber?"
„Nur, dass sie eine skandalumwitterte Gemeinschaft dekadenter Freigeister aus vornehmen Familien sind, berüchtigt dafür, sich allerlei Lastern hinzugeben. Deswegen darfst du nicht mit ihm sprechen. Wenn du dachtest, der dumme Albert Carew und seine Lügen könnten deinem Ruf schaden, dann ist das nichts verglichen mit dem Schaden, den du erleiden könntest, wenn du zu oft in der Gesellschaft von Lord Höllenfeuer hier gesehen wirst."
Mit einer Kopfbewegung deutete Carissa zu der Tür, durch die Lord Rotherstone gegangen war.
Daphne dachte wieder an sein charmantes Lächeln und sah die Freundin bekümmert an. „Das muss ein Irrtum sein.
Er ist neu in der Stadt. Er hat mir erzählt, er ist im Ausland umhergereist."
„Das stimmt, aber wenn er in London ist, dann sind die Mitglieder des Inferno Clubs seine bevorzugte Gesellschaft. Halb London empfängt ihn nicht einmal", fügte Carissa hinzu. „Ich wette, er ist heute Abend nur eingeladen worden, weil er mit Lord Edgecombe verwandt ist."
Daphnes Mut sank.
Sie dachte daran, wie er am Vortag aus dem Bordell gestolpert war, aber selbst jetzt wollte sie nicht glauben, was Carissa berichtete.
„Du weißt, dass der Klatsch immer übertreibt."
Eigensinnig schüttelte Carissa den Kopf. „Ich habe gerade mit einigen meiner Freunde gesprochen, die Offiziere sind. Du würdest nicht glauben, was sie sagen. Danach war Lord Rotherstone in Waterloo. Aber nicht, um gegen Napoleon zu kämpfen. Nur um der Schlacht zuzusehen, als wäre das ein Circus-Spektakel bei Astley's!"
„Wirklich? Nicht um zu kämpfen? Bist du sicher?"
Carissa nickte. „Sie nannten ihn den Grand Tourist, denn er lebt nur für das Vergnügen. Sie sagten, für die Sache hätte er nichts Sinnvolles getan, aber die Stunden vor dem Kampf damit verbracht, sich zu betrinken, den Schankmädchen nachzustellen und sich lächerlich zu machen, indem er gegen Bonaparte wettete. Er hat es sich sogar in General Wellingtons Hauptquartier bequem gemacht. Kannst du dir das vorstellen? Aber er ist so reich und mächtig, dass keiner der Offiziere etwas gegen ihn sagen kann."
„Warum hat Wellington ihn nicht hinausgeworfen, wenn er so lästig war?"
Carissa zuckte die Achseln. „Vermutlich war Lord Wellington zu sehr Gentleman - oder er war einfach zu beschäftigt, um sich darum zu kümmern - am Vorabend der Schlacht."
„Hm." Verwirrt krauste Daphne die Stirn und blickte zu der Tür, durch die Lord Rotherstone hinausgegangen war.
Offensichtlich glaubte Carissa, was sie von den Offizieren gehört hatte, aber da sie den fraglichen Mann getroffen hatte, fand Daphne, dass all das nicht zusammenpasste. Zu deutlich erinnerte sie sich an den genussvollen Ausdruck auf seinem Gesicht, als er in der Bucket Lane die Flasche zerbrochen und die halbe Straßenbande aufgefordert hatte, es mit ihm aufzunehmen.
Natürlich, räumte sie ein, war er da betrunken gewesen - oder hatte zumindest noch die Nachwirkungen der lasterhaften Nacht verspürt.
„Was immer du tust, sei vorsichtig mit ihm", riet Carissa ihr. „Die Absichten
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