Mein verruchter Marquess
dahinschmolz. Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern stand auf, sprang von der Kutsche und ging um den Wagen herum zu ihrer Seite.
Daphne suchte nach den richtigen Worten, wollte widersprechen, ehe er bei ihr war, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Aber ihr Gespräch über Penelope vor ein paar Minuten hatte sie an den Grund erinnert, warum sie den Marquess an diesem Tag in einer friedlicheren Stimmung begrüßt und beschlossen hatte, in der Frage ihrer Verbindung etwas offener zu sein.
Ihre Stiefmutter hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie in ihrem Zuhause nicht sehr willkommen war, daher musste Daphne sich die Frage stellen, warum sie so sehr darum kämpfte, an einem Ort bleiben zu dürfen, an dem man sie nicht haben wollte.
Wäre es nicht besser, in diese zugegebenermaßen hervorragende Verbindung einzuwilligen, diesen außergewöhnlichen Mann zum Gemahl zu nehmen und ein eigenes Zuhause für ihre eigene Familie zu schaffen?
Vielleicht war es wirklich an der Zeit für einen neuen Abschnitt in ihrem Leben. Sie konnte schließlich nicht ewig wie ein Kind unter dem Dach ihres Vaters leben. Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem ein erwachsenes Mädchen einen Mann nehmen und wirklich eine Frau werden musste.
Aber war Lord Rotherstone der richtige Mann für sie?
Sie konnte nicht leugnen, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Vor seinem Eintreffen hatte sie sich an diesem Tag drei Mal umgezogen. Nie zuvor hatte sie sich so albern benommen, um einen Verehrer zu beeindrucken.
Nachdem sie vierundzwanzig Stunden Zeit gehabt hatte, über seinen Antrag nachzudenken, zog sie ihn tatsächlich in Erwägung. Sie war nicht dumm. Und ach, sie wollte hineingehen und sein Haus sehen. Vielleicht ihrer beider Haus. Eines Tages.
Aber, wenn man sie sah, wenn die Gesellschaft von dieser kühnen Tat erfuhr, dann würde es kein Zurück mehr geben. Vielleicht ist das sein Plan?
„Oh, so tief in Gedanken", bemerkte er belustigt, als er zu ihr trat. Dann lehnte er den Ellenbogen gegen die Tür.
„Meine liebe Dame, schaden Sie sich nicht selbst."
„Schuft", erwiderte sie.
Er schenkte ihr ein Lächeln, bei dem ihr Herz sich auflehnte gegen all die strengen Regeln, die einer jungen Dame auferlegt wurden.
„Ich glaube, gegen Ihren Willen fangen Sie an, mich zu mögen."
„Das täuscht."
Er wusste es besser, das sagte sein Lächeln. „Wollen Sie hier sitzen bleiben und mit sich selbst streiten?"
„Können Sie Gedanken lesen?"
„Gesichter, und wissen Sie, was in Ihrem geschrieben steht? Verwirrung. Ganz reizend, wirklich. Nun, worum geht es bei dem Streit? Was sagt die Anklage, was die Verteidigung? Soll ich meine Perücke holen und die Streitschrift verlesen?"
Sie schüttelte den Kopf. „Sie sind unmöglich."
„Es ist nur ein Besuch, meine Liebe. Etwas Kühles zum Trinken. Ein Gang durch die Galerie, um meine italienischen Nacktbilder anzusehen."
„Nackt!"
„Schockierend", meinte er.
Sie unterdrückte ein Lachen, als sie sein Zwinkern bemerkte. „Sie sind sicher, dass Sie mich nicht verführen werden?"
„Nicht, wenn Sie es nicht wollen", erwiderte er leise und sah sie mit einem Blick an, der ihre Knie weich werden ließ. Er streckte ihr die Hand hin, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein.
Mit einem leisen Seufzer sah Daphne auf seine ausgestreckte Hand und dann in sein schönes Gesicht. „Ach, verflixt!", rief sie, erhob sich und ergriff seine Hand. Es war ihr unmöglich, zu widerstehen. „Sie werden mich mit sich in den Abgrund reißen, Lord Rotherstone."
„Max", verbesserte er sie zum hundertsten Mal an diesem Tag.
„Lord Rotherstone", wiederholte sie und warf ihm einen warnenden Blick zu.
„Wie Sie wünschen", meinte er und hob ihre behandschuhte Hand an seine Lippen, nachdem er ihr hinuntergeholfen hatte.
Unsicher sah sie ihn an, doch wieder lächelte er ihr beruhigend zu, legte ihre Hand in seine Armbeuge und begleitete sie zum hinteren Eingang seines Hauses.
„Sie haben das Geschenk, das ich Ihnen gestern überreichte, noch immer nicht geöffnet, stimmt's?", fragte er.
Sie warf ihm einen raschen, schuldbewussten Blick zu. „Woher wissen Sie das?"
„Das ist offensichtlich, denn andernfalls hätten Sie es erwähnt." Er sah sie aufmerksam an, während er ihr die Tür aufhielt. „Sind Sie nicht ein kleines bisschen neugierig herauszufinden, was es ist?"
Als Antwort runzelte sie nur die Stirn.
Er winkte ab. „Egal. Aber ich hoffe, Sie öffnen es bald. Ich möchte mir nicht das
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