Mein Weg mit Buddha
karitative Spende für »irgendeine gute Sache«. Das muss man etwas tiefer, aus einem aufrichtigen Glauben heraus, betrachten: Buddhistische »Spenden« sind letztendlich »Opfergaben« an unser eigenes, ewig bestehendes Leben und somit nichts anderes als Darbringungen an uns selbst: Wir geben nicht an irgendjemanden – sondern unserem eigenen, ewigen Leben. Und es kommt nicht auf die Höhe einer Gabe an.
Ich werde zu diesem Thema immer wieder befragt, deshalb ist mir diese Erläuterung wichtig – damit das mal geklärt ist.
»Dein Schatz hat mir gesagt, dass du ein bisschen mehr wissen möchtest«, sagte M. einmal nach einer dieser Versammlungen. »Weißt du was, morgen ist ein ruhiger Tag für mich. Magst du nicht vorbeikommen, wir kochen und reden ein bisschen. Am Abend kommt der Rest der Familie und dann essen wir zusammen, wenn du willst. D’accord?« Das gefiel mir, eine »le çon privée«, eine Privatstunde. Ich wollte als »Anfänger« in den Versammlungen nicht so viel Zeit für »Basisfragen« verplempern.
»Das ist zwar Unsinn« kommentierte M. meine Begründung, »denn dazu sind diese Versammlungen ja unter anderem da, aber, entre filles – unter uns Frauen,« fügte sie augenzwinkernd hinzu, »ist es doch manchmal ein bisschen leichter.«
Am nächsten Tag saß ich in ihrer Küche. Wir putzten Gemüse für ein Ratatouille, während ich meine »Privatstunde« bekam.
»Weißt du«, sagte ich, »ich habe das mit dem ›Gohonson‹ noch nicht wirklich verstanden. Okay, ich habe das Ding ja jetzt bei dir gesehen, aber ich weiß nicht so ganz genau, was ich damit anfangen soll. Mein Kerl hat mir zwar erklärt, dass der Gohonson nicht angebetet wird, sondern nur eine Art Symbol ist. Aber irgendwie sind wir da nicht weitergekommen.«
»Alors. Hast du Lust auf eine kleine geschichtliche ›excursion‹?«, begann M., wobei sie mit bewundernswerter Geschicklichkeit den Tomaten die Haut abzog. Ich hatte die »Fleißaufgabe« bekommen, die Thymianblättchen einzeln abzuzupfen. Wollte M. mein Multitasking testen? Klar kann ich aufmerksam zuhören und gleichzeitig etwas anderes tun. Ich bin doch kein Mann! Doch ich lag mit meiner Vermutung vollkommen daneben. M. hatte mich von den Schneidearbeiten dispensiert, damit ich mich nicht verletze, falls ich abgelenkt sein sollte aufgrund allzu großer Aufmerksamkeit ihren Worten gegenüber. So viel zum Thema Mitgefühl! M. hatte das offenbar schon längst verinnerlicht.
»Alors, chérie, pour commencer«, fuhr M. fort, »du weißt, wer Shakyamuni war?«
»Natürlich. So weit müssen wir nicht zurückgehen! Nach der Geschichte, die wir alle kennen, wurde er unter dem Bodhibaum erleuchtet.«
»Und was bedeutet das?«, hakte M. nach.
»Na ja, dass er verstanden hat, wie das Leben funktioniert.«
»Und was meinst du damit?« Ich war ein bisschen ratlos. »Je t’explique«, sagte M. lächelnd, hatte sie mich doch bei einem profunden Halbwissen ertappt, »ich erklär’s dir. ›Erleuchtung‹ bedeutet, dass er zur ›wahren Natur des Lebens‹ erwachte. Écoute bien: Shakyamuni Buddha erwachte zu der Erkenntnis, dass unsere Unfähigkeit, die wahre Natur oder das wahre Wesen des Lebens zu begreifen, dafür verantwortlich ist, dass wir auf dem Weg des Leidens gefangen sind. Wenn wir lernen, wie wir das unbegrenzte Potenzial des Lebens erreichen, können wir alles Leid umwandeln in dauerhaftes und unzerstörbares Glück. Compris?«
»Ja, das habe ich verstanden, aber was genau ist das ›wahre Wesen des Lebens‹?«
»Attends! J’y arrive, das kommt schon noch. Nicht so ungeduldig! Shakyamuni zog viele Jahre durch Indien und lehrte seine Erkenntnisse, die nach seinem Tod in unzähligen Sutren, das heißt Schriften, niedergeschrieben wurden …«
»… und seine Lehren verbreiteten sich über ganz Asien und veränderten das Leben von vielen Millionen Menschen grundlegend«, musste ich mein Wissen dann doch anbringen.
»Richtig. Aber jetzt wird’s spannend: Mit der Zeit begann Shakyamunis Lehre auseinanderzubröckeln. Es entstanden verschiedene buddhistische Schulen, die sich seine Erkenntnisse so zurechtlegten, wie es ihnen passte.«
»Klar!«, setzte ich noch eins drauf, »immer wenn Menschen im Spiel sind, vor allem Priester und ›Instanzen‹, die sich für befugter als den Rest der Menschheit halten, laufen die Dinge aus dem Ruder und die Wahrheit verflüchtigt sich! Hast du gewusst, dass in der ›Ur-Bibel‹ sehr wohl die Reinkarnation vertreten war?
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