Mein Weg mit Buddha
wieder Ruhe ein als wäre nichts gewesen.
Die Größe und Dauer der Welle ist also abhängig vom Zusammenspiel der Kräfte und der Energien in der Tiefe des Meeres. Damit ist die Lebenskraft des Universums gemeint. Je größer die Lebenskraft, desto größer ist auch die Welle, desto kraftvoller und länger ist das Leben. Deshalb bemühen wir uns, unsere Lebenskraft durch das Chanten zu erhöhen – um wie die Welle aus der Tiefe des Meeres mehr von dieser unendlichen Energie zu schöpfen.
Das beantwortet auch die brennende Frage, warum manche Menschen so früh sterben müssen, warum ihr Leben so kurz ist. Es hat nichts mit einer »Prüfung Gottes« oder mit »Strafe« zu tun. Nein, es geht simpel um die Lebenskraft. Das mag banal klingen, aber ich glaube, dass das Leben einfacher funktioniert, als wir denken. Zum einen kommt ein Mensch vielleicht nur mit einer geringen Lebenskraft auf die Welt und muss schnell wieder »auftanken«. Zum anderen gibt es Menschen, die anderen so viel Lebenskraft geben – und ich meine das durchaus positiv im Sinne von schenken – dass sie frühzeitig erschöpft sind und ihr »Wahres Wesen« eine Ruhepause braucht. Betrachtet man dieses Weggehen als Teil eines Ganzen, das heißt der universellen Ordnung, ist nichts Furchtbares daran, außer dem Schmerz der Hinterbliebenen.
Wahnsinn! In der Lektion über den Tod hatte ich etwas unendlich Wichtiges über das Leben gelernt!
Als hätte der Mann an meiner Seite meine Gedanken erraten, sagt er nach einer Weile: »Leben und Tod sind eins. Darum ist der Tod nicht furchtbar, abgesehen davon, dass es wehtut, die zu verlieren, die wir lieben.«
Ich rücke ein bisschen näher an ihn heran. »Ja, und das ist ganz normal.« In Gedanken an die Menschen, die ich bisher verloren hatte, füge ich hinzu: »Und das Sterben? Was weißt du darüber?«
»Hm, einer eurer Dichter hat etwas sehr Schönes und Treffendes dazu geschrieben. Ich glaube, sein Name ist Hebbel. Er sagt: ›Ist der Tod nur ein Schlaf, wie kann dich das Sterben erschrecken? Hast du es je noch gespürt, wenn du des Abends einschliefst?‹ Ich persönlich kann mir das gut vorstellen. Im Buddhismus geht es darum, während unseres ganzen Lebens so viel Lebenskraft wie möglich anzusammeln und den eigenen Lebenszustand zu erhöhen. Damit wird dann auch der Übergang in die unsichtbare Existenz leichter.«
»Aber warum sterben wir dann überhaupt, wenn wir doch sowieso wiedergeboren werden? Wenn das Leben ewig ist, warum dann das ganze Theater mit dem dauernden Geborenwerden, um dann wieder zu sterben?«
»Ich glaube, das kannst du dir selbst beantworten. Denke einmal an Vera , unseren letzten Film in Südafrika. Wer hat sich denn da beschwert über 20 Drehtage à 18 Stunden und im Anschluss daran fast eine Woche durchgeschlafen? Du hattest deine Rolle beendet und dich ausgeruht. Dein ›Wahres Wesen‹ musste wieder Lebensenergie tanken. Bis zur nächsten Rolle. Alles klar?«
»Mehr als klar«, muss ich zugeben, »schlafen und ›tot‹ sein dienen dazu, die Batterien wieder aufzuladen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass ich, wenn ich aus dem ›normalen‹ Schlaf aufwache, noch dasselbe Gesicht habe. Was man im anderen Fall nicht unbedingt behaupten kann.«
»Das hast du jetzt sehr schön auf den Punkt gebracht«, sagt mein Mann und küsst mich auf die Nasenspitze.
»Mal ehrlich«, frage ich ihn, »andauernd wird über das ewige Leben geredet. Die Wissenschaftler basteln daran und die Literatur ist seit Jahrhunderten voll davon: Das Bildnis des Dorian Gray , Gullivers Reisen , Der Tod steht ihr gut , Dracula und was weiß ich nicht noch alles. Würdest du gerne ewig leben? So wie Dracula?«
»Wenn ich so eine feine Beute wie dich kriegen würde …«
»Ach komm! Bleib auf dem Teppich! Das ist ein ernstes Thema!«
»Ja, das ist es. Und ich finde, wir sind jetzt schon ein bisschen zu lange ernst genug. Meine ehrliche Antwort lautet: Nie und nimmer. Das wäre eine grauenvolle Vorstellung. Das ist nur im Kino so toll und sexy. Es wäre an der Zeit, einmal einen Film über einen Vampir zu machen, der total unglücklich über sein ewiges Leben ist und sich nichts sehnlicher wünscht, als den normalen Kreislauf des Lebens wieder betreten zu dürfen.«
»Da müsste eben einfach jemand kommen, am besten eine Frau – die spiele dann ich –, die ihm den Buddhismus näherbringt. Da gibt es auch keine Kreuze, von denen er Ausschlag kriegt. Und weil er sich verliebt, fängt er
Weitere Kostenlose Bücher