Mein Weg mit Buddha
meinen Mann, und es lag nun an mir, ihn zu ermutigen. Ich brauchte dazu mehr Kraft, als ich vermutet hatte. Auch ich selbst musste an mehreren Fronten kämpfen. Letztendlich höhlten diese Belastungen unsere Ehe aus. Sie zerrann uns unter den Händen. Natürlich war das traurig, doch mein Mann und ich sahen ein, dass wir einander loslassen mussten, und gingen sehr erwachsen damit um. Wir schufen die Basis für eine wunderbare Freundschaft, die bis heute besteht.
Nicht ohne Grund hatte das alles so kommen müssen. Heute weiß ich das – und erhielt auch die Antwort auf das Warum. Ich hatte viel dafür gechantet, unsere Ehe zu retten, doch die Antwort des Universums war eine andere und – im Nachhinein gesehen – die richtige. Ob uns das zunächst gefiel, spielt keine Rolle. Wir beide, mein Mann und ich, haben in den vergangenen Jahren Erfahrungen machen müssen, die gemeinsam unmöglich gewesen wären. Zu jener Zeit praktizierte ich seit genau neun Jahren. Es stand wohl eine tief greifende Veränderung an, eine Reise durch mein Karma, die ich – eingehüllt in ein nettes Leben wie in einen sicheren Kokon, beschützt von einer Ehe, – nicht bereit gewesen wäre anzutreten.
»Sag mal, und du willst dir das wirklich antun?«, fragt mich MM, meine geliebte steirische Salzburger Freundin und wirft mir dabei einen schrägen Blick zu. Sie ist in meinem »Mädels-Club« die realistischste von allen, steht mit beiden Beinen fest auf der Erde, besitzt einen klaren Kopf und einen scharfen Verstand . Den braucht sie auch in ihrem Beruf als supererfolgreiche Immobilienmaklerin. Diese Branche ist ein Kampfgeschäft, fast so schlimm wie meine Branche mittlerweile. »Hältst du es wirklich für angebracht, gerade in Kitzbühel auf den Pfaden deiner Erinnerung zu wandeln?«
»Ja«, halte ich ihr entgegen, »weil ein ganzes Kapitel meines Lebens sich zu großen Teilen dort abgespielt hat. Ich habe einfach das Gefühl, ich muss dorthin, muss die Bilder Revue passieren lassen, um zu begreifen, wie ich in dieses Leben hineingeraten bin.«
MM zieht eine Augenbraue hoch. »Ich hoffe, du weißt, was du tust«, sagt sie und drückt mir den Haustürschlüssel in die Hand. »Als du vor zwei Jahren dort warst, hast du es nicht einmal einen halben Tag ausgehalten.«
»Ich weiß, aber das ist jetzt schon wieder eine Weile her. Ich denke, ich werde nur verstehen, was mich an dieser Welt so fasziniert hat, dass ich mein vorangegangenes Leben wie einen alten Regenschirm habe stehen lassen, wenn ich wieder mittendrin bin.«
Ich habe es mir also angetan und bin nach Kitzbühel gefahren. Es ist Dezember und der Zielhang des Hahnenkamms begrüßt mich silberweiß glänzend in der Mittagssonne. Ich bin in MMs Wohnung, genauer gesagt auf dem kleinen Balkon, MMs ganz persönlichem Logenplatz beim Hahnenkamm-Rennen. Das große Promitreff-Hotel in Going, in dem ich viel zu oft gewesen bin, kommt für mich nicht infrage. So auf Tuchfühlung möchte ich dann doch nicht mit meinen Erinnerungen kuscheln. MMs Wohnung ist klein, aber fein und energetisch frei von Vergangenheitsmüll.
Es ist mir heute noch unerklärlich, wie ich in dieses Leben, das eine einzige Illusion war und das mich in eine Welt der totalen fundamentalen Dunkelheit katapultierte, die von Animalität, Hunger, Blindheit, Ärger und Angst beherrscht wurde, hineingeraten bin. In der christlichen Lehre gibt es die Versuchung Jesu durch den Teufel in der Wüste. Da ich überzeugt davon bin, dass Jesus in Indien war, ist mir klar, woher das Bild stammt. Im Moment der Erleuchtung kommen die Feinde, die Zweifel. Einfach formuliert: Wenn man auf dem richtigen Weg ist, tritt garantiert etwas auf den Plan, das einen umpusten will. Das ist die Dualität des Lebens. Es gibt kein Licht ohne Dunkelheit, nichts Positives ohne das Negative – sonst wüssten wir nämlich nicht, was positiv ist! Was wir daraus machen, ist unsere Sache. Ich persönlich habe den Weg durch ein gaaaaanz tiefes Tal gewählt. Wie man weiß, besteht die Erde aber nicht nur aus tiefen Tälern. Das geht gar nicht. Irgendwo muss da ein Berg sein, sonst gäbe es kein Tal. Um den nächsten Gipfel zu erreichen, muss man zwangsläufig das Tal durchqueren. Das ist keine Philosophie oder Religion, sondern schlicht Erdkunde oder Mathematik. Ob man allerdings durch das »Tal des Todes« oder durch eine liebliche Tiefebene wandert, entscheidet man selbst. Ich habe Ersteres gewählt. Warum? Schließlich war ich auf dem Weg meiner
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