Mein Weg mit Buddha
seiner Erleuchtung viele Stadien durchlief, bezeichnete er die sich ansammelnden Erkenntnisse als »vorübergehende Lehren«. Am Anfang versuchte er sich in Askese und meditativer Versenkung. Das heißt, er führte ein Eremitendasein, in dem man das als schwere Last empfundene normale Leben einfach ausknipst und in die geistige Welt (Ku) eintaucht. Dann erprobte er das Gegenteil, den physischen Aspekt des Lebens (Ke). Das beinhaltet, das Hier und Jetzt auf dieser Welt voll auszukosten, als sei das Leben ein immer wiederkehrendes Spiel. Letztendlich fand Shakyamuni Buddha dann heraus, dass Körper und Geist eine Einheit sind. Diese Erkenntnis propagierte er dann als den »Mittleren Weg« (Chu). Stellen Sie sich eine zweispännige Kutsche vor. Pferd eins ist Ku, Pferd zwei ist Ke und der Kutscher muss die beiden dazu motivieren, gleichmäßig zusammen zu laufen, sonst bewegt sich die Kutsche nicht ordentlich vorwärts (Weg der Mitte), sonst gibt es Chaos. Alles klar?
Buddha hat 50 Jahre gebraucht, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, die er dann in das Lotos-Sutra, seine allerletzte Lehre, packte. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass seine Schüler zwischenzeitlich schon einmal weiterzogen und das bisher Gelernte verbreiteten. Daraus resultieren die verschiedenen buddhistischen Strömungen, die sich eigenständig in den verschiedenen Ländern Asiens entwickelten.
Ganz anders als bei der Lehre Jesu. Hätte der länger gelebt und gelehrt, wäre es vielleicht ähnlich gewesen.
Das heißt also, wenn jemand sagt: »Ich bin Buddhist«, ist noch lange nicht klar, wie sein Leben, seine Praxis und seine spirituelle Orientierung genau aussehen!
Ich glaubte mit meinem damaligen Wissensstand zum Beispiel, dass Erleuchtung bedeutet, dass man irgendwann später einmal, nach vielen Jahren des Nachdenkens (am besten auf einer Matratze in einem Ashram in Goa), irgendwo mit leuchtendem Kopf auf einer Bergkuppe sitzt – in diesem speziellen unbequemen östlichen Schneidersitz – und sich einfach freut, den ganzen »Mistdreck«, auch Leben genannt, hinter sich gelassen zu haben und dann endlich ins Nirwana-Paradies darf.
Mit einem ordentlichen Joint könnte man das schneller haben, sage ich jetzt mal ganz ketzerisch – was heißen will, dass ich die damalige Zeit nicht ganz so ernst nehme. Doch in jenen Tagen fühlte ich mich mit meiner Privat-Philosophie ganz hervorragend, hatte ich doch den buddhistischen Spiritualismus als Sicherheitsnetz, falls einmal etwas schiefgehen sollte. Ich gab mich zufrieden mit dem bisschen, was ich gelernt und verstanden hatte. Insgesamt war ich superzufrieden, denn nach wie vor lief mein Leben richtig toll! In der Stadt meiner Träume: Wien! Sogar aus dem unschönen Ende meiner langjährigen Beziehung mit dem Wiener Sänger-Knaben ging ich wie Phönix aus der Asche hervor. Die Medien standen auf meiner Seite, ganz Österreich liebte mich trotzdem, oder jetzt erst recht, und meine Karriere in diesem Land schoss steil nach oben, parallel zur Karriere im Wald als »Förstersfrau«. Ich war ein »Superstar« in jener Zeit und genoss die wärmende Sonne des Ruhms in vollen Zügen. Einen kleinen Unterschied zu früher gab es aber: Das auf meinen Reisen erfahrene Gefühl von Dankbarkeit hielt an. Ich war mir bewusst, was mir da geschenkt wurde, ehrlich! Ich nahm es nicht mehr als selbstverständlich hin, sondern war dem Schicksal dafür aus tiefstem Herzen dankbar. Allerdings war ich mir dieser Tugend auch recht bewusst. Heute weiß ich, dass ich da ganz schön in einer Welt der Arroganz lebte. Ich war ein »spiritueller« Mensch, bitte schön! Ganz was Feines! Und ich fand, dass ich alles richtig machte. Ein bisschen Dankbarkeit und gute Taten, zum Beispiel die Auftritte an Weihnachten in der ORF-Sendung Licht ins Dunkel , die Lesungen in Krankenhäusern und andere karitative Aktivitäten, und dafür gab’s Geschenke – vor allem im Job, aber auch privat, denn eine neue Liebe schien sich an meinem schier unendlichen Glückshorizont abzuzeichnen: W.
Doch siehe da: die ersten Wolken am bislang strahleblauen Kruse-Himmel …
Das mit der Liebe war leider vorbei, bevor es richtig begonnen hatte, bedingt durch – sagen wir mal – widrige äußere Umstände, die eine langfristige räumliche Trennung verlangten.
Rückblickend betrachtet, war ich natürlich nicht ganz so oberflächlich, wie das hier scheinen mag. Trotz ultimativer Zufriedenheit war ich auf der Suche nach einem fundamentalen, wirklichen
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