Mein wildes rotes Herz
jetzt hatte er ohnehin schon genug gehört, um auch den Rest schon zu ahnen.
»Keinen Penny«, betonte Edward und ging zu seiner Schwester. Vorsichtig legte er den Arm um sie. Er war es gewöhnt, dass sie ihn tröstete, sie diejenige war, die sich um ihn kümmerte. »Ich dachte, es wäre das Beste, wenn ich zu dir komme«, fuhr er fort, als sie den Kopf an seine Schulter legte. »Es tut mir Leid, dass die Dinge nicht so gelaufen sind, wie du es geplant hattest.«
Caroline strich ihm über die Wange und war überrascht, einen Hauch von Bartstoppeln zu spüren. Aber er war nicht nur körperlich gewachsen.
»Ich bin froh, dass du gekommen bist«, sagte sie. »Ich hatte ohnehin vor, nach dir zu schicken.«
»Wirklich?«
Als er die blauen Augen weit aufriss, war eine Spur des alten Ned zu erkennen.
»Ja, wirklich. Und nun ins Bett mit dir. Du bist sicher müde nach deinem Abenteuer.«
»Ich bin ein wenig erschöpft. Aber wo schlafe ich denn?« Er sah sich um, als erwartete er einen geheimen Flur, der zu einer Flut von Schlafzimmern führte. Fast hätte Caroline über seine Erwartungen und die Zugeständnisse, die er würde machen müssen, gelacht.
»Die Leiter hoch«, bedeutete sie ihm. »Da oben ist eine halbwegs gute Matratze, und du bist für dich.«
Zu Edwards Ehre sei gesagt, dass er einfach nur nickte und die erste Sprosse erklomm. Doch auf halbem Weg hielt er inne und sah seine Schwester an. »Ich bin froh, dass ich gekommen bin, Caro. Es hat mir nie gefallen, dass ein ganzer Ozean zwischen uns lag.«
»Mir auch nicht, Ned.«
Sie sah ihm nach und wandte sich dann zu der einzigen Person um, die noch im Zimmer war. Sie hätte erwartet, dass er den Abgang ihres Bruders als Zeichen nehmen würde, seinerseits zu gehen, aber er stand wie festgewachsen da und sah sie mit ausdruckslosem Gesicht an.
Caroline schluckte und begann den Tisch abzuräumen. Ihr Bruder hatte zwei Schüsseln Stew, ein halbes Brot und den Pudding so schnell gegessen, dass Caroline sich gefragt hatte, wann er zuletzt etwas zu essen bekommen hatte. Raff dagegen hatte nur Apfelschorle getrunken. Caroline beschloss, ihm den Krug nicht abzunehmen - sie wollte ihm nicht zu nahe kommen.
»Danke, dass du Ned hergebracht hast«, begann sie schließlich, als sie das Schweigen nicht mehr ertrug. »Wo genau hast du ihn aufgelesen?«
»Nicht weit vom Weg bei Estatoe. Er hatte sich ein Lagerfeuer gemacht und war leicht zu entdecken.«
Caroline goss heißes Wasser in die Spüle, gab Seife dazu und weichte das Geschirr ein. »Nun, nochmals vielen Dank. Ned war sicher froh, dass du ihn bis Fort Prince George gebracht hast.«
»Ich weiß es nicht.« Wolf stellte sein Gewehr ab und kam an den Tisch. Dort zog er sich einen Stuhl heraus, drehte ihn um und setzte sich rittlings darauf. »Er war nur aufgeregt, als er hörte, dass ich dich kenne.«
Caroline nickte leicht und begann die Teller zu schrubben. Das behagliche Gefühl, Wolf so nahe zu haben, gefiel ihr nicht, und sie spürte seinen Blick in ihrem Rücken. Trotz der Kälte trat ihr der Schweiß auf die Stirn.
Das Platschen des Wassers und das Knacken des Feuers wirkten ungewöhnlich laut. Als Caroline es nicht mehr aushielt, drehte sie sich um, stützte die seifigen Hände in die Hüften und sah Wolf an. Er wirkte davon nicht überrascht.
»Dann weißt du es jetzt also.«
Er hob nur die Brauen, so dass Caroline mit den Zähnen knirschte. »Tu nicht so, als hättest du nicht gehört, was Ned gesagt hat. Ich habe deinen Vater nur aus einem einzigen Grund geheiratet.«
»Ich bin nicht etwa schockiert.« Wolf beugte sich vor und stützte den Kopf auf die Hände. »Es kam mir nie wie eine Liebesheirat vor.«
Die kühle, fast gelangweilte Art, in der er das feststellte, brachte sie auf die Palme ... oder vielleicht auch das Begreifen dessen, was ihr Bruder berichtet hatte. »Ich war arm wie eine Kirchenmaus«, erklärte sie und straffte die Schultern. »Dein Vater hat nicht einmal den Ehevertrag eingehalten.« In ihrem Hinterkopf hörte sie eine kleine Stimme, die sie malmte, dass sie selber das auch nicht getan hatte. »Er hatte versprochen, sich um meinen Bruder zu kümmern, und hat es nicht getan.«
Noch immer sagte er nichts, sondern sah sie nur aus dunklen Augen an, die sie zu ihm hinzuziehen schienen. Doch Caroline blieb dickköpfig stehen. »Was willst du?«
In seinen Augen flammte etwas auf, doch sein Gesichtsausdruck blieb unverändert. »Ich rate dir, keine so unverblümten Fragen zu
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