Mein wildes rotes Herz
stellen, Caroline. Sonst sage ich dir eines Tages ganz offen, was ich von dir will. Doch für heute«, fuhr er fort, »genügt mir eine kurze Erklärung, warum, zum Teufel, du von hier weggehen willst.«
Carolines Blick folgte seinem zu den gepackten Satteltaschen, die sie auf einer Kommode abgestellt hatte.
Sie wollte sich nicht von ihm einschüchtern lassen, egal, wie drohend er die Stimme senkte. »Ich bringe Mary und das Baby ... und jetzt auch Ned nach Seven Pines.« »Verdammt, Frau! Hast du den Verstand verloren?«
»Ganz im Gegenteil, und mein Verstand sagt mir, dass wir dort besser aufgehoben sein werden als in diesem infektionsgefährdeten Fort.«
Caroline merkte, dass sie es nicht schaffte, leise zu sprechen, und wandte sich wieder dem Abwasch zu. Damit war er hoffentlich besänftigt. Doch das war er nicht.
»Ich werde euch nach Charles Town bringen.«
»Was ?« Sie hatte Streit erwartet, Diskussionen ... aber nicht das. »Ich will nicht nach Charles Town.«
»Verdammt, Caroline, du gehörst nicht hierher.«
»Wohin gehöre ich dann?« Sie wandte sich ab und hoffte, dass er die Tränen in ihren Augen nicht sah. »Du hast doch gehört, was Ned gesagt hat. In England gibt es nichts und niemanden, der auf uns wartet. Sie holte tief Luft und sah ihn an. »Seven Pines ist alles, was ich habe.«
»Es ist alles, was du und dein Kind habt?«
Das war das erste Mal, dass er das Baby erwähnte, seit er hier aufgetaucht war, und Caroline hatte den letzten Streit schon fast vergessen. Jetzt kam alles wieder an die Oberfläche: Wolfs Wut, Roberts Testament, das sie ohne Geld zurückließ, falls sie ihn nicht als Vater ihres Kindes angab.
»Ich denke, du solltest jetzt gehen. Nochmals vielen Dank, dass du Ned - Hör auf damit, was tust du da?« Sie begann sich zu wehren, als er näher kam und ihre beiden Oberarme packte.
»Ich will nicht deine Dankbarkeit, und das weißt du verdammt genau.«
Seine Nähe war überwältigend ... sein Duft, seine starken Hände, aber Caroline wappnete sich gegen ihn. »Aber es ist alles, was du bekommen wirst.«
Er sagte nicht »Das werden wir sehen«, aber sein Gesicht verriet seine Gedanken, als er sie mit hochgezogenen Brauen ansah. Dann küsste er sie, und ihre Entschlossenheit geriet ins Wanken. Es war ein kurzer, harter Kuss, besitzergreifend und fordernd. Als Wolf sich von ihr löste, sah er sie so lange an, bis sie die Augen wieder aufschlug.
»Ich sollte morgen, oder genauer gesagt, heute noch in Estatoe sein, aber ich hielt es für keine gute Idee, deinen Bruder alleine durch die Gegend stromern zu lassen. Wenn ich zurückkomme, werden wir weiterreden.«
Damit ging er.
Sie musste ihn zweimal anstoßen, ehe er die Augen aufschlug, und dann stöhnte er, weil es so hell war. »Los jetzt, Ned«, drängte sie und stellte den Kerzenleuchter auf den Boden. »Zeit zum Aufstehen.«
»Caro.« Das Wort war eine lang gezogene Bitte, die sie an den kleinen Jungen erinnerte. Lachend zog sie ihm die Decke vom Kopf.
»Du bist jetzt im Grenzland, Neddie. Hier stehen wir noch vor den Hühnern auf.«
»Mr. MacQuaid nicht.« Edward öffnete die Augen.
»Nun, Mr. MacQuaid ist nicht hier.«
Caroline vermochte nicht zu sagen, ob es ihr Ton war, der ihren Bruder aufhorchen ließ. Sie hatte nicht so verbittert klingen wollen, aber nun war es passiert.
»Ich dachte, Mr. MacQuaid sei dein Freund.«
»Wie kommst du denn darauf?« Caroline nahm die Kerze und ging zur Leiter.
»Er hat es gesagt«, erwiderte ihr Bruder in einem Ton, in dem ein Pfarrer von der Bibel spricht. Ihre Lippen wurden schmal, als sie ihm über die Schulter einen Blick zuwarf.
»Beeil dich und zieh dich an, Ned. Das Frühstück ist fast fertig, und wir wollen früh aufbrechen.«
Sie gab vor, seine Frage, die er ihr nachrief, nicht zu hören, als sie hastig die Leiter nach unten kletterte. Maiy saß in die Kissen gestützt im Bett und stillte Colleen, als Caroline in ihr Zimmer kam. Sie sah auf und legte einen Finger an die Lippen. Dann zeigte sie auf Mrs. Quinn, die tief schlafend neben ihr lag. Beide sahen sie zu, wie die Frau pfeifend Atem holte und ihn dann in einem gurgelnden Schnarchen wieder ausstieß. Caroline lächelte und machte kehrt, um nach dem Schinken zu sehen, der in der Pfanne brutzelte.
Mary wirkte gut gelaunt, wenn sie nur nicht die dunklen Ringe unter den Augen gehabt hätte, die mit jedem Tag größer wurden. Zum hundertsten Mal hoffte Caroline, dass sie das Richtige tat, wenn sie sie alle
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