Mein wildes rotes Herz
Mistress Flannery war viel entgegenkommender als Mrs. Campbell in der Nacht zuvor. Sie nahm Caroline, die Raff ihr nur als Caroline Simmons vorstellte, sofort unter ihre Fittiche.
»Die Flanneiys sind anständige Menschen, die aus Irland über Pennsylvania hierher gekommen sind«, hatte Raff ihr erklärt. »Sie verfügen über ein den Iren eigenes Misstrauen gegenüber dem Landadel.«
Also ließ Caroline den Titel weg, was ihr nicht schwer fiel. Sie dachte selten anders an sich als an Caroline Simmons. Nur die Tatsache, dass Robert MacQuaid hinter ihrem Titel her war oder dass sein Sohn sie sarkastisch als »Euer Ladyschaft« titulierte, machte ihr ihre Abstammung gelegentlich bewusst.
Die acht Familien, die in der Niederlassung wohnten, beschlossen, das Eintreffen von Raff und Caroline sei Grund genug für ein Fest. Mistress Flannery - oder Jane, wie sie von Caroline genannt werden wollte - verbreitete die Nachricht, dass das Abendessen heute von allen gemeinsam unter der großen Platane eingenommen werden sollte, die als Dorftreffpunkt diente.
Caroline säuberte zusammen mit den anderen Frauen
Bohnen, während die Männer ein großes Feuer vorbereiteten. Bewusst drehte sie ihren Stuhl zu Jane um, damit sie nicht immer nur Raff beobachtete. Der Hauptteil der Gespräche drehte sich um die Kinder, die lachend herumrannten, und um Mistress Dabneys unmittelbar bevorstehende Niederkunft.
»Das dritte Baby in ebenso vielen Jahren«, schalt Jane gut gemeint. Das Lächeln und leichte Erröten von Betsy Dabney verriet Caroline, dass das ein gängiger Witz war.
Betsy beugte sich schwerfällig mit ihrem runden Bauch vor, um ein jammerndes Baby auf ihren kaum noch existierenden Schoß zu ziehen. Dann gab sie ihm eine Bohne, auf der es sofort zu kauen begann. »Sam und ich mögen Kinder«, sagte sie in ihrem weichen, irischen Akzent.
»Wenn ihr mich fragt, mögt ihr es eher, welche zu machen«, gab Jane zurück, woraufhin Betsy noch tiefer errötete. Doch sie stritt die Unterstellung nicht ab, selbst dann nicht, als die anderen Frauen die Neckerei aufgriffen.
»Genau, manchmal musst du auch >nein< zu deinem allzu gierigen Ehemann sagen.«
»Wer sagt denn, dass Sam derjenige ist, der immer will? Ich habe die beiden mal gesehen, als sie dachten, sie wären unbeobachtet«, meldete sich Mistress Andrews, die älteste der Frauen, zu Wort. »Betsy kann doch selber die Finger nicht von ihm lassen.«
Wieder lachten die Frauen, während Betsy das jetzt zufriedene Kind zurück ins Gras setzte. Caroline dachte, die Frau müsste beschämt sein, aber als sie aufsah, lag ein Lächeln auf ihrem hübschen Gesicht. »Ich glaube fast, dass Sie eifersüchtig sind, Mistress Andrews.«
»Eifersüchtig?« Die ältere Frau wirkte ehrlich überrascht. »Die Tage des Herumrollens im Heu liegen hinter mir, und ich bin froh, dass dem so ist. Wenn ihr ehrlich seid, fühlt der Rest von euch doch auch so.«
»Das würde ich nicht sagen.« Das kam von einer rothaarigen Frau, die eine große Menge Sommersprossen hatte. »Es gibt Zeiten, wo Jacob und ich es durchaus zu schätzen wissen, mal wieder im Heu herumzurollen.«
Auf diese Aussage hin lachten alle so laut, dass Sam, Betsys großer, muskulöser Mann, herüberrief: »Was ist so komisch da drüben?«
Keine der Frauen antwortete, seine Frau scheuchte ihn mit einer Handbewegung weg, und er fuhr fort, Bänke aus seiner Hütte zu tragen.
»Nun, der da ist das, was Sie brauchen, Mistress Andrews«, flüsterte die Rothaarige mit einem Nicken. »Der da würde Sie sich danach sehnen lassen, dass die Sonne untergeht.«
Die anderen Frauen - außer Mistress Andrews - stimmten eifrig zu, und Caroline brauchte gar nicht aulzusehen, um zu wissen, wen sie meinten. Dennoch folgte sie ihren Blicken dahin, wo Raff Holz hackte. Wenn er den Arm hob, schimmerten seine Muskeln. Das Lederhemd spannte sich straff über seinem muskulösen Rücken, als der Stahl den Holzscheit spaltete. Caroline wurde der Mund trocken.
»Hört euch das an, da sitzen wir und lästern wie ein Haufen geiler Weiber, noch dazu, wo wir eine Jungfrau unter uns haben.«
Caroline hörte Janes Worte, drehte sich um und entdeckte, dass alle sie ansahen. Sie lächelte verlegen und kümmerte sich wieder um die Bohnen, selbst als Mistress Andrews Augen schmal wurden.
»Was sagten Sie, ist Ihr Ziel?«
»Seven Pines.«
»Sie wird Robert MacQuaid heiraten«, erklärte Jane in so entschiedenem Ton, dass keiner mehr etwas sagte.
Caroline
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