Mein wildes rotes Herz
ging, wollte aber nicht, dass er sie verließ. Doch er war realistischer als sie.
»Geh jetzt zu deinem Mann«, sagte er, wandte sich um und lief auf die Bäume zu.
Caroline sah ihm nach, bis er zwischen den Bäumen verschwunden war, dann ging sie zurück ins Haus. Aber nicht zu Robert. Kaum war sie in ihrem Zimmer, schloss sie die Tür hinter sich ab und erlaubte sich den Luxus von Tränen.
9
Lautes Geschrei ließ sie aus dem Schlaf auffahren. Nein, kein Geschrei, sondern Gekreische. Wildes, lautes Kreischens, das Carolines Herz zum käsen brachte und ihr eine Gänsehaut verursachte.
Ihre erste Reaktion war, sich das Messer von der Kommode zu holen, das Wolf ihr gegeben hatte. Der Griff fühlte sich beruhigend in ihrer Hand an und gab ihr etwas zum Festhalten in ihrer Panik. Wer oder was machte diese schrecklichen Geräusche? Sie sprang aus dem Bett und rannte zum Fenster. Draußen leuchtete die Nacht rotorange, und das Licht warf groteske, tanzende Schatten an die Wand.
Feuer! Die Außenhäuser und der Stall standen in Flammen und erhellten den Hof, als wenn es Mittag wäre. Sie bildeten den Hintergrund für die wild aussehenden Krieger, die überall herumrannten.
Dann erfüllte ein neuer Laut, schrill und angsterfüllt, die rauchgeschwängerte Luft. Er hallte ihr in den Ohren und ließ ihr Blut gefrieren. Caroline brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass es ihre eigene Stimme war, die sie hörte. Sie presste die Hand vor den Mund und versuchte, sich wieder in den Griff zu bekommen. Dennoch konnte sie voller Panik den Blick nicht von der Szene abwenden, die sich im Hof abspielte.
Die Indianer hatten jetzt fast das Haus erreicht und schrien dabei aus voller Kehle. Es waren zu viele, als dass sie sie hätte zählen können. Sie trugen Tomahawks und Musketen und würden in den nächsten Minuten im Haus sein.
Mary. Caroline drehte sich um und rannte zur Tür. Der Flur war dunkel und voller Qualm, so dass ihre Augen brannten und der Hals kratzte.
Marys Tür war abgeschlossen, und Caroline trommelte mit den Fäusten an das Holz. »Mary! Lass mich rein!«
»Ich schieße!« Marys Stimme klang seltsam und verriet dieselbe Angst, die auch sie selbst empfand. Dennoch bemühte Caroline sich um einen beruhigenden Ton.
»Nein, Mary, ich bin es, Caroline!«
»Caroline?«
Caroline lehnte den Kopf an die Tür und hörte das Schloss klicken. Dann ging die Tür auf, und sie warf sich in Marys Arme. Doch das dauerte nur kurz. »Komm mit!«, rief Caroline und ergriff ihre Freundin am Arm. Mary hatte tatsächlich eine Pistole, die ihr schlaff in der Hand hing, als Caroline sie aus der Tür schob. »Wir müssen hier raus!«
Marys dicker Bauch machte sie schwerfällig. Caroline raste die schmale Treppe hinunter und zog Mary hinter sich her. Als sie unten waren, schlug Caroline den Weg zum Küchengarten ein.
Sie hatte die Tür fast erreicht, als diese aufsprang. Indianer mit schwarz und ockerfarben bemalten Gesichtern kamen herein und blockierten den Ausgang. Als Caroline sich umdrehte, sah sie noch mehr Wilde durch die Haustür hereinstürmen. Ohne nachzudenken schob sie Mary hinter sich an die Wand und hob das Messer.
Sie stach nach dem ersten Indianer, der auf sie zukam. Abrupt blieb er stehen, die nackten Beine gespreizt, und sah sie und das Messer finster an. Er war groß und sah mit seinem pockennarbigen Gesicht und der Kriegsbemalung Furcht erregend aus. Seltsam, dass ihr das bewusster war als sein Tomahawk, den er über ihrem Kopf schwang.
Caroline kämpfte mit aller Kraft gegen ihn. Sie hielt das Messer fest, stach und fuhr damit durch die Luft, wobei sie ihn jedesmal verfehlte. Doch sie wusste nicht mehr, was sie tat.
Der schrille Schrei war trotz des Lärms zu hören, den die Indianer machten, die durch das Haus rannten. Caroline sah sich um und entdeckte Robert, der aus seinem Zimmer geschleppt wurde. Seine Schreie hallten in ihrem Kopf, bis sie dachte, er würde platzen. Hinter sich hörte sie Mary schluchzen, und vor ihr stand der Indianer, ohne sich zu rühren, als sie wieder und wieder nach ihm zielte.
Aber natürlich bewegte er sich, denn so sehr sie es auch versuchte, ihn zu treffen, er war immer noch unverletzt. Schließlich schien ihn die Sache zu ermüden.
Seine Hand sank auf Carolines Arm, und das Messer fiel zu Boden. Caroline bückte sich danach, aber ein stählerner Arm umschlang ihre Taille und hob sie hoch.
»Mary!« Caroline kratzte und biss, um sich aus dem Griff des Indianers zu
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