Mein Wille geschehe
stattliche Anzahl Polizisten vor
dem Gerichtsgebäude einfand. »Schauen Sie sich
das nur an«, sagte Karleen McKay zu Allison A-
ckerman, als die beiden Frauen das Gebäude ver-
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ließen. »Müssen die nicht zur Arbeit?«
»Ich glaube, für einige von denen ist das ihre Arbeit«, erwiderte die Schriftstellerin.
»Schützt die Ungeborenen«, rief ein kleiner
schlanker Mann mit dicken Brillengläsern und
versuchte, den beiden Frauen Flugblätter in die
Hand zu drücken. »Ehrt das Leben.«
»Setzen Sie sich für das Recht auf Abtreibung
ein«, forderte eine kleine stämmige Frau mit Da-
menschnurrbart die beiden auf und versuchte,
ihnen Broschüren aufzudrängen. »Wir dürfen
nicht zu Sklaven werden.«
»Mir ist schwindlig«, sagte Karleen, als sie links auf die James Street einbogen.
»Und mir ist übel«, entgegnete Allison.
An dem Parkhaus an der Ecke von James Street
und Second Avenue trennten sich ihre Wege. Alli-
son hätte Karleen fast gefragt, ob sie zusammen
einen Kaffee trinken wollten, doch dann sagte sie sich, dass sie sich vielleicht nicht viel zu erzählen hatten. Was sie verband, war der Prozess, und
über den durften sie nicht sprechen.
Die Krimiautorin fuhr zu ihrem Haus im Maple
Valley und gönnte sich ein Sandwich mit Erd-
nussbutter und Gelee und ein Glas Milch. »Eine
Trostmahlzeit«, hatte ihre Mutter das immer ge-
nannt, wenn Allison als Kind traurig war. Dieses
Essen hatte immer geholfen, und bei ihrer eige-
nen Tochter hatte Allison das auch eingeführt.
Sie aß in der Küche und sah dabei den Pferden
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zu, die draußen auf der Weide umhertollten. Im-
mer wieder musste sie an Joshua Clune denken.
Er war obdachlos und geistig zurückgeblieben,
doch er wirkte glaubwürdig. Er hatte keinen
Grund zu lügen. Und seine Identifizierung von
Corey Latham war seit annähernd einem Monat
der erste Beweis, der den Angeklagten direkt mit
dem Verbrechen in Verbindung brachte. Es hat
gedauert, dachte sie, aber nun ist es endlich so
weit.
»Ich mache mir Sorgen um Joshua«, sagte Big
Dug zu dem unauffälligen Mann, der am Diens-
tagmorgen mit ihm sprach. »Er ist seit Samstag
verschwunden. Ich habe langsam das Gefühl,
dass ihm irgendwas Schreckliches zugestoßen
ist.«
»Kommt auf den Blickwinkel an«, sagte Craig
Jessup mit einem Achselzucken. »Er scheint in
Polizeigewahrsam zu sein.«
»Die Polizei hat Joshua mitgenommen?« Big Dug
sah verwirrt aus. »Warum denn? Was hat er denn
getan?«
»Ich weiß nicht, ob er irgendetwas getan hat«,
gab Jessup zur Antwort. »Ich weiß nur, dass er
heute Morgen in einem Prozess vor Gericht aus-
gesagt hat.«
»Beim Hill-House-Prozess?«, fragte Big Dug.
»Wie kommen Sie darauf?«
»Weil er in der Nacht im Hill House war«, antwor-
tete der große Mann. »In der Nacht, bevor die
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Bombe losging. Ich glaube, er hat den Mann ge-
sehen, der sie gelegt hat.« Jessup sah seine Felle davonschwimmen. »Tatsächlich?«
»Aber als die Polizei ihn vor ein paar Wochen
vernommen hat, hat man ihm gesagt, er müsste
nicht aussagen.«
»Warum nicht?«
»Weil er den Mann nicht identifizieren konnte«,
antwortete Big Dug. »Er hat nur seine Umrisse
gesehen. Er konnte ihnen nicht bestätigen, dass
es der Mann war, den sie verhaftet haben. Konn-
te nur sagen, es wäre möglich.«
»Sind Sie da ganz sicher?«, hakte Jessup nach.
»Sicher bin ich sicher. Ich hab ihm das Bild von
dem Angeklagten in der Zeitung gezeigt und hab
ihn sogar mit in eine Bar genommen, damit er
ihn im Fernsehen sieht. Joshua konnte nicht sa-
gen, ob er es war.«
Der Ermittler runzelte die Stirn. »Aha«, sagte er.
»Was werden die bei der Polizei machen mit Jo-
shua?«
»Keine Sorge, sie tun ihm bestimmt nichts«, sag-
te Jessup. »Sie werden ihn vermutlich nur behal-
ten, bis er ausgesagt hat. Ich denke, Sie werden
ihn bald wieder sehen.«
»Ich bin daran schuld, wissen Sie«, gestand Big
Dug. »Ich hab ihm gesagt, er soll zur Polizei ge-
hen. Er wollte erst nicht. Ich hab ihm verspro-
chen, dass er nicht ins Gefängnis muss. Aber das
haben sie jetzt gemacht, oder? Ihn eingesperrt.
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Wo ich ihm versprochen hab, dass das nicht pas-
siert.«
»Ich fürchte, ja«, erwiderte Jessup.
»Der Arme, er fürchtet sich bestimmt fast zu To-
de. Und er wird mir nie mehr vertrauen nach die-
ser Sache. Hören Sie, Mister, Sie scheinen doch
auf dem Laufenden zu sein. Können Sie vielleicht
mal schauen, ob es ihm auch
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