Mein Wille geschehe
er,
diesmal nachdrücklicher, denn er hatte noch die
Stimme des Herausgebers im Ohr, der ihm mor-
gens gesagt hatte, seine Zeit sei vorbei, er solle nun etwas vorweisen oder zurückkommen. »Und
was soll das sein?«, fragte sie seufzend. »Wenn
du zum Beispiel über Informationen verfügen
würdest, die für jemand anderen wertvoll wären,
der dafür bezahlen würde.«
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»Informationen? Was für Informationen denn?«,
fragte sie verblüfft. »Ich weiß nichts, für das mir irgendjemand Geld zahlen würde.«
»Bist du ganz sicher?«
Judith runzelte die Stirn. »Ja, klar. Was soll ich denn schon wissen?«
»Ich weiß nicht«, sagte er mit einem Achselzu-
cken, dann riss er die Augen auf. »Warte mal.
Was ist mit dem Prozess?«
»Was für ein Prozess? Meinst du den Hill-House-
Prozess?«
»Genau.«
»Was ist damit?«
»Na, du weißt doch bestimmt, dass die Regenbo-
genpresse sich fast überschlägt, um an Insider-
Infos zu kommen, und du bist rein zufällig mit
der Verteidigerin befreundet. Vielleicht hat Dana dir was Spannendes erzählt, das du denen verkaufen könntest.«
»Du verstehst das offenbar nicht«, erwiderte sie.
»Dana spricht mit mir nicht über ihre Fälle, sie
spricht mit niemandem darüber. Nicht einmal mit
Sam.«
»Sie hat dir rein gar nichts erzählt, nicht einmal irgendeine Kleinigkeit?«
»Nicht einmal eine Kleinigkeit.«
»Tja, und Dana selbst?«, sagte er. »Sie hat nicht gerade die Werbetrommel für sich gerührt, obwohl das für eine Verteidigerin in dieser Situation eigentlich wichtig wäre.«
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»Nun, dafür gibt es Gründe«, sagte Judith spon-
tan. Er horchte sofort auf. »Wenn das so ist und
diese Gründe bringen eine gute Story, würde ei-
nes dieser Blätter sicherlich eine ordentlich
Summe dafür abdrücken«, sagte er. »Also weißt
du, so was würde ich doch nie tun«, erklärte Ju-
dith. »Dana ist meine beste Freundin. Ich kann
doch meine beste Freundin nicht verraten.«
»He, du hast schließlich Geldprobleme«, erwiderte er. »Ich versuche nur, dir zu hellen.«
»Ich weiß, tut mir Leid, aber das ist völlig ausgeschlossen.«
»Ein Jammer«, sagte er. »Einige dieser Blätter
würden wahrscheinlich für eine gute Story an die
hunderttausend bezahlen.«
»Du meinst, hunderttausend Dollar?«, fragte Ju-
dith ungläubig.
»Mindestens«, antwortete er. »Vielleicht sogar
hundertfünfzig. Für richtig gute Informationen
natürlich.«
»Das wusste ich nicht«, murmelte Judith. Er
zuckte die Achseln. »Na ja, deshalb dachte ich ja, ihr kennt euch so lange, da weißt du bestimmt
irgendwas, aus dem man eine gute Story machen
könnte«, sagte er. »Und mit so einer Summe
könntest du deine Hypothek abbezahlen und das
Haus für Andy behalten, und vielleicht könntest
du es sogar noch eine Weile mit deiner Kunst
probieren.« Judith schüttelte den Kopf. »So etwas darf man nicht tun«, sagte sie.
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»Okay«, entgegnete Kirby, änderte die Taktik
und nahm sie stattdessen in die Arme. »Wann
kommt Andy nach Hause?«, murmelte er in ihr
Haar.
Judith kicherte. »Kann jeden Moment sein«, sag-
te sie. »Kannst du’s noch aushalten bis nach dem
Abendessen?« Kirby fasste sich in Geduld, obwohl
er wusste, dass er seinem Ziel so nahe war wie
noch nie zuvor. Er aß Makkaroni mit Käse, ob-
wohl diese Mahlzeit ihm zusehends zuwider war,
und es gelang ihm ohne größere Schwierigkeiten,
Judith drei Gläser Wein einzuflößen.
Nach dem Essen kam sie bereitwillig zu ihm, und
er war zufrieden, dass er ihren Wünschen ent-
sprechen konnte, denn Sex war ihm völlig einer-
lei.
»Es tut mir wirklich Leid, dass du in so einer miesen Lage bist«, sagte er, als sie später beieinander lagen. »Ich wollte dich nicht überreden, je-
manden zu verraten. Ich wollte dir nur helfen.«
»Ich weiß«, murmelte Judith schläfrig. »Es ist
auch lieb von dir, dass du so an mich denkst.
Weiß Gott, ich könnte das Geld wirklich gebrau-
chen. Bei jedem außer Dana käme ich auch wirk-
lich in Versuchung. Aber wir haben eine zu enge
Verbindung.«
»Hey, du kannst einen wirklich neugierig ma-
chen«, sagte er mit einem Glucksen.
»Ach, eigentlich ist es keine große Sache«, sagte sie. »Nur die Ironie ist irgendwie komisch.«
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Er gähnte, als sei ihm das völlig einerlei. »Wieso Ironie?«
»Na ja, dass sie ausgerechnet diesen Fall ange-
nommen hat«, antwortete Judith. »Dana hätte
ihn niemals annehmen sollen.«
»Warum
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