Mein Wille geschehe
kannten uns sechs
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Wochen, dann haben wir uns verlobt«, sagte er.
»Wir waren erst drei Monate verheiratet, als ich
wieder zur See fuhr. Wir haben vielleicht alles ein wenig überstürzt, wir kannten uns nicht allzu gut, hatten sozusagen noch nicht alles abgehakt. Aber
wir waren sehr verliebt, dessen waren wir sicher.
Alle sagten uns, wir sollten doch ein Jahr warten, bis wir uns binden. Aber wir fanden, wir seien die Richtigen füreinander, und wir wollten nicht warten.«
Dana wollte diese Geschichte nicht hören, vor
allem nicht jetzt, wo sie in Gedanken schon zur
Tür schielte, um diesen Fall loszuwerden. »Und
was geschah dann?«, hörte sie sich fragen.
Er schaute auf. »Oh, wir lieben uns immer noch,
falls Sie das wissen wollten«, sagte er. »Aber es ist wohl einiges ziemlich schief gegangen.«
»Schiefgegangen?«
»Bevor ich wieder in See stach, erwähnte Elise,
dass sie vielleicht schwanger sei«, erklärte er.
»Ich meine, einfach so nebenbei, beim Essen.
Meine Güte, wem ist da noch das Chili wichtig,
wenn man ein Kind bekommt, oder? Ich war völ-
lig aus dem Häuschen, und Elise war auch ganz
aufgeregt. Jedenfalls so lange, bis sie begriff,
dass ich trotzdem zur See fahren musste. Ich
weiß auch nicht, wahrscheinlich hatte sie sich gedacht, die Marine würde mich freistellen oder ir-
gendwas. Aber so läuft es natürlich nicht. Viele
Frauen von Marineangehörigen sind während der
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Schwangerschaft alleine. Manchmal können die
Männer nicht mal bei der Geburt kommen.«
»War sie wütend auf Sie?«
»Naja, eher auf die Marine«, antwortete er. »Und
ich war so begeistert von der Vorstellung, Vater
zu werden, dass ich es selbst kaum aushielt,
nicht in ihrer Nähe zu sein. Da musste ich nun
volle drei Monate zur See fahren und wusste
nicht einmal, ob sie wirklich schwanger war oder
nicht.«
»Warum denn nicht?«
»Wenn man auf Patrouille ist, darf man keine Mit-
teilungen empfangen. Sogar die Position des U-
Boots wird geheim gehalten. Es ist kein leichtes
Leben, und da draußen geht es vor allem darum,
die Moral aufrechtzuerhalten, bei Laune zu blei-
ben. Da darf man keine Briefe lesen, in denen
steht, dass der Hund gestorben ist oder der klei-
ne Billy sich beim Fahrradfahren den Hals gebro-
chen hat oder so was. Keine Geburten, keine To-
desfälle, nur Nachrichten im Stil von ›hallo, alles gut und du fehlst min. Also habe ich sicherheits-halber schon mal über Namen für das Kind nach-
gedacht und gerechnet und überlegt, ob wir uns
irgendwo ein Häuschen leisten könnten, wo es
gute Schulen gibt und so.«
»Und als Sie zurückkamen?«
Sein Blick verschleierte sich, und Dana sah den
Schmerz in seinen Augen. »Sagte mir Elise, dass
sie zwar schwanger gewesen war, aber eine Fehl-
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geburt gehabt hatte.«
»Eine Fehlgeburt?« Er nickte. »Ich fühlte mich
schrecklich«, sagte er, »weil Elise das alles hatte alleine durchmachen müssen und weil wir nun
kein Kind bekommen würden.«
Sie blickte ihn ein wenig zweifelnd an. »Wie
schrecklich ist schrecklich?«, fragte sie.
»Ich liebe Kinder«, erwiderte er. »Ich habe zwei
Schwestern, die noch zu Hause in Iowa leben. Sie
haben zusammen vier Jungs und drei Mädchen,
die alle bezaubernd sind. Ich würde so gerne
auch Kinder haben.« Ein Schatten fiel über sein
Gesicht.
Dana schluckte den Köder, obwohl sie es nicht
wollte. »Und?«, hakte sie nach.
»Eine Woche später fand ich heraus, dass Elise
keine Fehlgeburt gehabt hatte. Sie hatte eine Ab-
treibung vornehmen lassen.«
»Ihre Frau hat sie angelogen?«
Corey nickte. »Sie sagte, sie hatte Angst, mir die Wahrheit zu sagen, weil sie meinen Wunsch nach
Kindern kenne, aber diese Begeisterung nicht tei-
len könne. Aber ich glaube, daran lag es nicht.
Ich denke, sie hatte einfach Angst, so kurz nach
der Hochzeit schon ein Kind zu bekommen, und
das, da ich so selten zu Hause bin.«
»Sie meinen, sie wollte nicht die Hälfte des Jah-
res allein erziehende Mutter sein?«
»Ich denke, so war es«, sagte Corey. »Wissen
Sie, Elise mag ja ein paar Jahre älter sein als ich, 100
aber in vielerlei Hinsicht ist sie ziemlich unreif.
Ich war nicht da, sie konnte mich nicht erreichen und musste die Entscheidung alleine treffen. Also hat sie beschlossen, dass sie noch nicht bereit
war, eine Familie zu gründen.«
»Waren Sie mit der Abtreibung einverstanden?«
Unvermittelt stiegen ihm Tränen in die Augen,
und Dana streckte
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