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Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
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Achtung
    seiner jüngeren Kollegen errungen. Falls er trank, merkte es jedenfalls keiner. Am Tag, nachdem
    Anklage gegen Corey Latham erhoben worden
    201

    war, wurde Kirby beim Herausgeber vorstellig.
    »Ich will nach Seattle«, sagte er.
    »Warum?«, fragte sein Chef. »Wir haben da
    schon jemanden. Hinz und Kunz berichtet dar-
    über.«
    »Weiß ich«, erwiderte Kirby, »aber ich habe das
    Gefühl, als wäre da irgendwas für mich drin. Ich
    weiß nicht, was es ist, aber ich wittere es.« Er
    warf dem Herausgeber einen sarkastischen Blick
    zu. »Vielleicht wird das der Pulitzer für mich.«
    »Ich weiß, wie beschäftigt Sie sind, Mrs McAulif-
    fe«, sagte Corey eines Tages schüchtern zu Da-
    na, als er zwei Monate im Gefängnis war. »Aber
    könnten Sie mich vielleicht ab und an mal besu-
    chen, auch wenn es nichts mit dem Prozess zu
    hat?« Dana sah ihn im schummrigen Licht des
    violetten Raums prüfend an. »Was ist los?«, frag-
    te sie.
    Er zuckte die Achseln. »Ich bin einfach so viel
    alleine. Ich darf nur dreimal die Woche Besucher
    empfangen, ansonsten bin ich alleine in meiner
    Zelle. Ich esse alleine, ich mache alleine Sport.
    Keiner redet mit mir, nur die Aufseher, und die
    sind nicht gerade gesprächig, wenn Sie wissen,
    was ich meine. Außerdem muss ich immer auf-
    passen, was ich zu denen sage. Ich muss immer
    auf der Hut sein. Das ist so anstrengend, und ich fühle mich oft sehr einsam.«
    »Ihr Pfarrer darf öfter kommen«, rief Dana ihm in Erinnerung.
    202

    »Ich weiß, das macht er auch«, versicherte Corey
    ihr hastig, dann trat ein verlegenes Lächeln auf-
    sein Gesicht. »Es ist nur, na ja, die meiste Zeit liest er aus der Bibel vor, und das ist ja sehr
    tröstlich und so, aber es ist eben ganz was ande-
    res, als wenn man sich trifft und sich einfach unterhält, wenn Sie wissen, was ich meine.« Dana
    lächelte. »Sicher weiß ich das.«
    »Sie sind der einzige Mensch, der mich jederzeit
    besuchen und in diesem Raum hier treffen kann.
    Und ich dachte mir, vielleicht könnten Sie einfach Gründe finden, öfter herzukommen. Sie könnten
    ja eine Frage vergessen haben oder so. Oder wir
    könnten uns einfach so unterhalten. Diese Mono-
    tonie, wissen Sie. Die treibt mich noch in den
    Wahnsinn.« Er verstummte, bevor er sich auch
    noch über die Kopfschmerzen und Albträume und
    die Magenbeschwerden auslassen konnte, die ihn
    immer wieder quälten. »Aber ich weiß, dass Sie
    sehr beschäftigt sind«, sagte er stattdessen,
    »und ich verstehe schon, wenn Sie keine Zeit ha-
    ben.« Paul Cotter hatte Dana schon lange von
    allen anderen Verpflichtungen befreit und ihre
    Mandanten anderen Kollegen anvertraut. Sie ar-
    beitete nun nur noch am Fall Latham. »Ich kom-
    me jetzt jeden Tag, so oder so«, versprach sie.
    »Und ich werde bleiben, solange ich kann.«
    »Du bist berühmt«, sagte Sam, als sie an diesem
    Abend nach Hause kam.
    »Wieso?«, fragte sie. »Was hab ich denn ge-
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    macht?«
    »Du hast es in Jonathan Heals Gebetsstunde ge-
    schafft.«
    »Wovon redest du?«
    »Offenbar sucht er sich jede Woche jemanden für
    die Liste seiner persönlichen Heiligen aus, und
    diese Woche bist du dran.«
    »Wer ist Jonathan Heal?«
    »Ah, die Freuden eines sechzehnstündigen Ar-
    beitstags«, sagte Sam mit einem Grinsen. »Die
    wichtigen Dinge des Lebens gehen an einem vor-
    bei. Jonathan Heal ist der bekannteste Fernseh-
    prediger, dem hören offenbar Millionen Leute zu.
    Er läuft in so einem lachhaften weißen Anzug
    durch die Gegend, predigt und macht ein Vermö-
    gen damit. Ich hab irgendwo gelesen, dass er in
    Wirklichkeit Jacob Hunsucker heißt, aber seinen
    Namen geändert hat, weil er wohl dachte, damit
    gewinnt man nicht genügend Schäfchen.«
    »Und was hab ich damit zu tun?«, fragte Dana.
    »Oh, du wurdest sozusagen für heilig erklärt, weil du das Leben der Ungeborenen schützt. Wie man
    von ihm hören kann, bist du edel, tugendhaft und
    der Inbegriff der modernen Frau.«
    »Kann ich auch mit einem Sprung auf Wolken-
    kratzer hopsen?«
    Sam gluckste. »Das hat er wohl vergessen zu
    erwähnen. Aber er verkündete, du seist die einzi-
    ge Hoffnung einer moralisch verkommenen Nati-
    on.«
    204

    »Was für ein Mist«, erklärte Dana.
    205

    19
    Joan Wills hatte die Absicht, Sozius bei Cotter,
    Boland und Grace zu werden, und zwar so schnell
    wie möglich, wenn es nach ihr ging. Man hatte sie direkt nach ihrem Examen an der Juristischen
    Fakultät der University of Washington

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