Mein Wille geschehe
seine letzte Ablehnung auf.
Joan schob Dana die Eiste mit dem X neben A-
ckermans Namen unter die Nase. »Warum zö-
gerst du?«, flüsterte sie. »Die muss raus. Sie
wird nur nach ihrer Überzeugung entscheiden.«
»Ich würde sie nicht ohne Weiteres abschreiben«,
sagte Ramsey.
Dana dachte daran, wie sorgfältig und treffsicher Lucy Kashaharas Einschätzungen waren. Dennoch
ließ ihr etwas an Allison Ackerman keine Ruhe. Es war etwas, das sie spürte, das nicht aus den Daten von Lucy und Craig Jessup hervorging. Dana
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nagte an ihrer Unterlippe. Sie wusste, dass Ben-
dali Ackerman nicht wegen Befangenheit freistel-
len würde, da sie zweimal deutlich erklärt hatte, dass sie unvoreingenommen sein konnte. Wenn
sie Ackerman loswerden wollte, musste sie ihre
letzte Ablehnung in Anspruch nehmen. Dana
lehnte sich ergeben zurück. Ihr war bewusst,
dass es solche Entscheidungen waren, für die sie
ihr hohes Honorar bekam.
»Ich halte Abtreibung für eine Todsünde«, erklär-
te Grace Delmonica. »Und ich glaube, dass wir
mit allen erdenklichen Kräften kämpfen müssen,
dass damit Schluss ist.«
»Auch mittels Mord?«, fragte Brian.
»Abtreibung ist Mord«, antwortete die Frau. »Au-
ge um Auge, Zahn um Zahn – ein Leben für ein
anderes.«
»Freistellung wegen Befangenheit, Euer Ehren«,
sagte Brian. »Mrs Delmonica«, erhob Bendali die
Stimme und beugte sich vor, »glauben Sie, dass
Sie angesichts dieser Ihrer Haltung zu Abtreibung in diesem Prozess ein unvoreingenommenes Urteil fällen können?«
Die Frau blinzelte mehrmals. »Ich könnte so un-
voreingenommen sein wie jeder andere«, sagte
sie. »Tut es mir Leid, dass die .Abtreiber tot sind?
Nein, ganz und gar nicht. Tut es mir Leid, dass
der Ort zerstört ist, an dem sie ihr schmutziges
Handwerk betrieben? Kein bisschen. Aber würde
ich deshalb einen Mann laufen lassen, von dem
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ich glaubte, dass er diese hilflosen Kinder in der Tagesstätte getötet hat, ebenso wie die gerade
geborenen Babys, die Drillinge, und all die ande-
ren unschuldigen Menschen dort? Das ist auch
Mord, nicht wahr?«
Die Anzahl der potenziellen Geschworenen ging
zur Neige und Bendalis Geduld ebenso. »Ich sehe
hier keinen Anlass für Freistellung wegen Befan-
genheit, Mr Ayres«, verkündete der Richter.
Brian erwog die Lage. Die persönliche Überzeu-
gung dieser Frau würde ihr Urteil beeinflussen,
das spürte er ganz deutlich, auch wenn der Rich-
ter es nicht wahrnahm. Brian konnte es sich nicht erlauben, hier einen Fehler zu machen. Er seufzte. »Ich möchte bei dieser Geschworenen die Ab-
lehnung in Anspruch nehmen«, sagte er.
»Jetzt sind Sie bestimmt froh, dass Sie die letzte Ablehnung nicht auf Ackerman vergeudet haben«, raunte Mark. »McAuliffe hätte Delmonica
durchgehen lassen, und wir hätten uns eine vor-
eingenommene Geschworene eingehandelt.«
»Tja, so läuft es«, erwiderte Brian. »Man weiß
eben nie, was noch kommt.«
»Schauen Sie, mir ist es egal, mit welchen hüb-
schen Wörtern Sie das beschönigen wollen«, er-
klärte Geoffrey Walsh. »Was der Typ mit dem
Gebäude und den Menschen da drin angestellt
hat, dafür gibt’s keine Entschuldigung.«
»Wären Sie im Stande, sich vorzustellen, dass
mein Mandant diesen Anschlag nicht verübt
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hat?«, fragte Dana. »Wie meinen Sie das?«
»Ich meine, könnten Sie unvoreingenommen
sein, Ihre Meinung hintanstellen und Ihr Urteil
über Unschuld oder Schuld meines Mandanten
erst fällen, wenn der Fall sowohl seitens der Verteidigung als auch seitens der Anklage dargelegt
wurde?«
Der Lagerarbeiter zuckte die Achseln. »Also,
wenn Sie mich fragen, Lady: Wenn er’s nicht war,
würd er auch nicht vor Gericht stehen.«
»Vielen Dank, Mr Walsh«, sagte Richter Bendali,
bevor Dana sich äußern konnte. »Sie sind freige-
stellt.«
Der Geschworene Nummer 107 konnte es sich
leisten, am Latham-Prozess teilzunehmen. Im
Winter liefen John Quinns Geschäfte ohnehin
schlecht. Der selbstständige Bauunternehmer
hatte sich den Bauboom der letzten acht Monate
zu Nutze gemacht und in dieser Zeit zwei große
Umbauten am Capitol Hill, die Vergrößerung einer
Garage in Magnolia und den Anbau eines Gäste-
hauses bei einer Villa auf Mercer Island vorge-
nommen. Er hatte vierzehn Stunden am Tag ge-
arbeitet und eine Siebentagewoche gehabt, hatte
dann gegessen, fünf Minuten mit seiner Familie
verbracht und war ins Bett gesunken. Aber der
Aufwand
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