Mein wunderbarer Brautsalon
Laden schweifen. »Welche Kundinnen? Ich sehe keine.«
»Schon«, gebe ich ihr recht. »Aber es könnte ja jeden Moment jemand hereinkommen.«
»Keine Sorge«, beruhigt sie mich. »In diesem Fall hätte ich unsere zwei Streithähne schon wieder getrennt.« Ich setze mich auf den Sessel neben sie.
»Und?«, will ich dann wissen. »Worum geht’s denn?« Meine Großmutter legt das Magazin zurück auf den kleinen Beistelltisch. Habe ich mir schon gedacht, dass sie nur vor mir so tun wollte, als würde sie die kleine Diskussion im oberen Stockwerk nicht interessieren. In Wahrheit hat sie wahrscheinlich ganz genau gelauscht.
»Echt, was willst du eigentlich von mir«, brüllt Rufus jetzt. Na ja, man muss noch nicht einmal lauschen, man bräuchte eher Ohropax, um nicht haargenau alles mitzubekommen.
»Also«, erklärt meine Oma. »Die Kurzfassung ist folgende: Britta hat am Freitag auf Rufus’ Handy die SMS von einem anderen Mädchen entdeckt. Deshalb war sie am Samstag wohl auch so schlecht gelaunt.« Jetzt verstehe ich, warum Britta zu Rufus meinte, sie müsse mal »für sich« sein. Die Sache mit dem anderen Mädchen hat mir mein kleiner Bruder wohlweislich nicht erzählt, sonst hätte ich ihm schon erklären können, weshalb Britta ihm eine Abfuhr erteilt hat. Dieser Schlingel! Trotzdem nehme ich ihn in Schutz.
»Soll man ja auch nicht machen«, meine ich, »fremde Handys nach Nachrichten durchsuchen ist nicht die feine Art.«
»Das hat Rufus zu Britta auch gesagt«, erwidert Oma. »Aber es ist auch nicht die feine Art, hinter ihrem Rücken anderen Damen den Hof zu machen.«
»Rufus ist halt so, das wissen wir doch.« Oma nickt. »Ja, das wissen wir. Rufus’ Problem ist nur, dass Britta es jetzt auch weiß. Und deshalb macht sie meinem Enkel gerade zu Recht die Hölle heiß.« Sie grinst amüsiert. »Unser Kleiner steckt wirklich in der Klemme.«
»Ich kann doch nix dafür, wenn diese Trulla mir Nachrichten schreibt«, verteidigt Rufus sich lautstark. Oma und ich lehnen uns entspannt in unseren Sesseln zurück und hören weiter zu, das ist besser als Kino!
»Kannst du nicht?«, schreit Britta. »Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Ich hab ja auch deine Antwort gelesen! Du hast ihr geschrieben, dass du dich freust, sie bald wieder zu sehen. Klingt für mich nicht danach, als wolltest du sie loswerden!«
»Das hab ich doch nur so dahin geschrieben!«
»Verarsch mich jetzt nicht auch noch!«
»Ich verarsch dich nicht, echt! Komm schon, glaub mir doch einfach mal.«
»Vergiss es und lass mich in Ruhe.«
»Mensch, Britta, das ist doch total bescheuert, ich will doch
nur …«
»Hau endlich ab und lass mich in Ruhe!«, schreit sie jetzt.
»Okay, bin schon weg. Musst mich auch nicht mehr anrufen.«
»Keine Sorge, ich hab deine Nummer schon gelöscht.«
»Dann ist ja alles bestens!« »Genau, alles bestens!« Eine Sekunde später hören wir, wie sich oben eine Tür öffnet und mit einem lauten Knall wieder zugeworfen wird. Oma und ich greifen gleichzeitig nach einem Magazin und stecken unsere Nasen so tief wie möglich hinein. Rufus kommt rumpelnd die Treppe hinuntergelaufen. Er würdigt uns keines Blickes, als er an uns vorbeirennt und dann – ebenfalls türenknallend – das Geschäft verlässt. »Ich geh mal nach oben«, sagt meine Oma, legt das Magazin weg und steht auf. »Vielleicht möchte Britta sich ein bisschen bei mir ausweinen.«
»Mach das«, sage ich. »So etwas kannst du wohl besser als ich.« Sie zwinkert mir zu. »Das glaube ich auch, meine Junge.« Sie geht die Treppe hoch, ich bleibe noch eine Weile sitzen. Vielleicht sollte ich doch noch einmal ein Gespräch mit Rufus führen, so unter Männern. Andererseits will er ja nicht, dass ich mich in seine Angelegenheiten einmische, also sollte ich es wohl lieber bleiben lassen. Tja, die Liebe – alles nicht so einfach. Und dann denke ich an meine Verabredung mit Annika.
Annika
Paul sitzt an einem Schreibtisch und haucht irgendetwas in den Hörer. Seit zwanzig Minuten turtelt er schon mit dieser Flora, die zwei scheint’s ja richtig erwischt zu haben.
Ich versuche, mich auf den Text einer freien Autorin zu konzentrieren, den ich bearbeiten soll, aber heute fällt es mir besonders schwer, mich zu konzentrieren. Immer wieder schweifen meine Gedanken zu Christoph ab, und ich denke darüber nach, wie der heutige Abend wohl verlaufen wird. Zuerst holen wir mein Auto, das ist ja klar, danach hat Christoph ja noch seine Bandprobe. Ich
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