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Mein wundervolles Genom

Mein wundervolles Genom

Titel: Mein wundervolles Genom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lone Frank
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regelmäßig mehr Kaffee – ohne Farmer und mir welchen anzubieten. Ich hoffe, dass ich mit einem Argument, von demich weiß, dass es ihn ärgert, seine Aufmerksamkeit wieder auf mich lenken kann.
    »Wir wissen doch schon, was wir tun müssen, um das Risiko für die großen Volkskrankheiten zu vermindern«, sage ich. Wir sollten aufhören zu rauchen, viel Gemüse essen, Sport treiben und unser Gewicht niedrig halten. Aber dieses Wissen führt nicht unbedingt dazu, dass die Menschen ihr Leben ändern, also warum sollte es anders sein, wenn wir ein paar Zahlen aus unserem Genom kennen? Für die meisten Menschen sind Chromosomen, genetische Marker und Statistik vollkommen abstrakt.
    Stefánsson kneift die Augen zusammen und betrachtet mich, wie man ein farbenfrohes, aber ekliges Insekt betrachtet.
    »Sie sprechen über ›die Leute‹, als wären sie eine irgendwie minderwertige Rasse, und dann reden Sie auch noch Unsinn.« Um seine Worte zu unterstreichen, klopft er mit den Fingerspitzen auf den Tisch. »Von Untersuchungen zu Messungen des Cholesterinspiegels wissen wir, dass die Leute das ziemlich ernst nehmen. Rund 30 Prozent derjenigen, die einen zu hohen Cholesterinspiegel haben, schlucken Cholesterinsenker und ändern ihren Lebensstil. Weitere 30 Prozent reagieren ebenfalls, wenn auch eher halbherzig.«
    Aber 40 Prozent ignorieren die Information. Und das, obwohl der Cholesterinspiegel etwas über eine einzige Erkrankung aussagt, während ein Genprofil Risikoeinschätzungen für mehrere Dutzend Krankheiten liefert. Wie soll man darauf vernünftig reagieren?
    »Sie verstehen das komplett falsch. Wenn Sie ein Genprofil anschauen, sehen Sie selten ein erhöhtes Risiko für mehr als eine ernsthafte Krankheit. Ich kenne nur eine Person, deren Genprofil ich gesehen habe, die ein erhöhtes Risiko für zwei Krankheiten hat. Es stimmt einfach nicht, dass man den Menschen eine schwere Bürde auferlegt, weil sie plötzlich Träger vieler Risikofaktoren seien. Und noch etwas kommt hinzu: Wenn Sie Risikoprofile für große Bevölkerungsgruppen haben, kann die Gesellschaft beginnen, gezielte Präventionspläne aufzustellen. Das ist womöglich der einzige gangbare Weg, um in der Zukunft die Kosten zu begrenzen.«
    Ich frage, ob man seiner Meinung nach bei der Geburt routinemäßig ein Genprofil erstellen solle. Stefánsson hält das für eine sehr gute Idee. Je mehr Informationen vorliegen, desto besser ist es für das Individuum im Lauf seines Lebens.
    »Hören Sie.« Auf einmal klingt er, als sei er der Diskussion ein wenig überdrüssig. »Eine Menge Leute regen sich auf, weil sie diese Daten missverstehen und missdeuten. Aber da alles Leben auf diesem Planeten aus DNA-Sequenzen besteht und die Forschung immer tiefere Einblicke erlaubt, wie sich diese Sequenzen für den Einzelnen auswirken, ist es unvermeidlich, dass wir sie letztlich nutzen werden. Es wäre kriminell, zu entscheiden, dass die Menschen diese Erkenntnisse nicht nutzen dürfen, bevor wir genau wissen, was sie biologisch, psychologisch und gesellschaftlich bedeuten. Schauen Sie sich an, was in den letzten Jahren passiert ist, in den klinischen Testphasen, nachdem ein neues Medikament auf den Markt gekommen ist. Und bei den Gentests wird die Entwicklung von den Konsumenten selbst vorangetrieben.«
    Jetzt kann er eindeutig nicht mehr still sitzen. Aus heiterem Himmel fragt er Farmer, ob er schon seine letzten Bilder gesehen habe. Ohne eine Antwort abzuwarten, sagt er, wir sollten ihm folgen. Er führt uns den Flur hinunter in einen Raum, der vollkommen leer ist bis auf acht große Fotografien, die an den Wänden lehnen. Es sind extreme Großaufnahmen, aufgenommen an einem Strand in der Nähe, Bilder von Kieseln und nassem Seegras, vergrößert auf eineinhalb Meter und gedruckt auf Aluminiumplatten.
    Stefánsson sagt etwas über die Speziallinsen, mit denen die Fotos gemacht wurden, und wie er es liebt, mit seiner Kamera in der Natur herumzustreifen. Ich frage ein bisschen spitz, ob Seegras so herrlich rot leuchten kann oder ob bei der Belichtung etwas schiefgegangen ist. So sehe es wirklich aus, antwortet er, und dann hält er mir einen Vortrag, wie schön und vollkommen einzigartig die Natur in Island ist.
    »Es ist der schönste Ort auf Erden.«
    Seine Bilder sind tatsächlich ziemlich gut, und aus irgendeinem Grund ärgert mich das. Es ist einfach nicht fair, dass jemand die Statureines Models hat, eine Spitzenposition in der Wissenschaft erklimmt, eine

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