Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich

Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich

Titel: Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristan Higgins
Vom Netzwerk:
Chastity, kann ich Sie noch kurz sprechen?“
    Ich lache nicht mehr. Das bedeutet sicher Ärger.
    Und ich habe recht.
    Bev wartet, bis Pam die Tür hinter sich geschlossen hat.
    „Chastity, ich habe von Ihrer Probefahrt im Rettungswagen gehört.“
    Ich zucke zusammen, und sie stößt einen tiefen Seufzer aus. „Sie wollen diesen Kurs doch sicher abschließen, oder?“, erkundigt sie sich dann freundlich.
    „Hören Sie, ich weiß, dass meine Hospitation nicht so toll verlaufen ist“, fange ich an.
    „Katastrophal, Chastity, katastrophal!“
    „Also gut, katastrophal.“
    Als Bestandteil des Kurses müssen wir einige Stunden bei einem Rettungsteam mitfahren. Ernesto war als Erster dran und hat sich wacker geschlagen. Ein Kind mit Asthma musste transportiert werden, das war leicht. Dann kam Ursula an die Reihe. Schmerzen in der Brust, keine große Sache. Dann musste ich los.
    Ich versuche, es Bev zu erklären. „Das war eben ein ziemlich heftiger Fall, das ist alles. Mein erstes Mal, Bev. Beim nächsten Mal läuft es besser.“
    „Hör zu, Mädchen, nicht jeder ist für diese Arbeit geschaffen. Mehr sage ich dazu nicht.“
    „Ich bin aber nicht umgekippt! Das war doch gut, oder? Ein Fortschritt.“
    Bev kneift bedrohlich die Augen zusammen. „Sie haben den Koffer auf ihr Bein fallen lassen, Chastity. Auf ihr gebrochenes Bein.“
    Ich blicke zu Boden. „Stimmt, ich … Das war … schlimm.“
    Ich bin einfach in Panik geraten. Und der Grund ist nicht schwer zu verstehen. Wir wurden zu einem mehrstöckigen Wohnhaus gerufen. Am Fuß der Treppe lag unheildrohend ein zerbrochener Teller. Dann sahen wir Blut – eine Spur, die nach oben führte. Offenbar war eine Frau kopfüber die Treppe hinuntergestürzt, hatte sich den Arm aufgerissen und den Fußknöchel gebrochen. Dann war sie die Stufen wieder hinaufgekrochen und hatte es irgendwie geschafft, den Notruf zu wählen.
    Ich hyperventilierte schon, bevor wir sie überhaupt sahen. Und dann … au weia! Muskelgewebe und Sehnen hingen aus ihrem blutgetränkten Arm, und ihr Knöchel war praktisch um hundertachtzig Grad verdreht. Gruselig! Es sah aus wie eine Szene aus Der Exorzist. Natürlich geriet ich in Panik! Ich bin nicht stolz darauf … Anscheinend habe ich auch noch so hilfreiche Dinge gesagt wie: „Heilige Maria, Mutter Gottes, das sieht wirklich schlimm aus!“ und „Müssen wir den wohl amputieren?“ Und dann … Tja, dieser blöde Arztkoffer – das Einzige, wofür ich zuständig war – ist mir einfach aus den verschwitzten Händen gerutscht und auf ihrem Bein gelandet.
    Mein Konto ist schon um zweihundert Dollar leichter, da ich der armen Frau, seit sie im Krankenhaus ist, jeden Tag Blumen schicke, von den drei Schachteln Pralinen und dem Früchtekorb mal ganz abgesehen.
    „Ich bemühe mich wirklich“, versichere ich Bev. „Um ehrlich zu sein, bin ich beim Anblick von Blut sonst immer umgekippt. Ich will doch nur …“ Ich halte inne. „Sie kennen meine Familie, Bev …“ Es hilft nichts, ich muss ehrlich sein. „Ich will doch nur …“ – eine echte O’Neill sein – „… normal sein. Ein ganz normaler, hilfsbereiter Mensch.“
    „Also gut“, sagt Bev schließlich. „Wir werden sehen, wiees weitergeht. Ich mache mir allerdings Sorgen um Ihren Tag in der Notaufnahme.“
    Da ist sie nicht die Einzige. Beim bloßen Gedanken daran bricht mir schon der Schweiß aus.
    Mit hängenden Schultern trotte ich den Gang zum Fahrstuhl hinunter, drücke den Knopf und warte. Vermutlich hat sie recht. Es ist ja immerhin nicht so, dass ich meinen Lebensunterhalt damit verdienen möchte. Ich bin für diese Arbeit nicht geschaffen – ein Ausrutscher in meiner sonst so heldenhaften Familie.
    Die Fahrstuhltür geht auf, und in der Kabine steht, von oben bis unten in grüne OP-Klamotten gehüllt, Ryan Darling. „Chastity!“, sagt er und blickt vom Klemmbrett auf, das er gerade studiert. „Schön, dich zu sehen!“
    „Hallo, Ryan“, antworte ich und werde rot. Die OP-Kleidung steht ihm ausgezeichnet. Ich betrete den Fahrstuhl. „Wie ich sehe, bist du bei der Arbeit.“
    „M-hm.“ Er blickt wieder auf seine Unterlagen. „Und du? Wolltest du mich besuchen?“
    Ich muss schmunzeln. Diese Chirurgen! „Nein. Ich mache einen Kurs als Sanitätshelferin.“
    „Ach ja? Wie interessant. Sag mir Bescheid, wenn du mal Hilfe brauchst.“ Er lächelt. „Ich freue mich schon auf Freitag.“
    „Ich auch.“ Nachdem ich den Fleck neulich Abend endlich bezwungen

Weitere Kostenlose Bücher