Meine erste Luege
kannte.
Ich bitte meine FüÃe, sie sollen doch bitte nicht mehr taub sein, meine Beine, mich dort hinüberzutragen, um nachzuschauen, wie es aussieht, meinen Kopf, ein bisschen optimistischer zu sein, aber sie wollen alle nichts davon wissen.
In solchen Fällen kommt normalerweise Mama und bringt mich in Gang.
Jetzt muss ich mich selbst in Gang bringen ⦠Ich muss mich daran gewöhnen, ich sage mir:
»Du musst dich daran gewöhnen, du musst es tun, du darfst keine Angst haben, dort hinüberzugehen.«
Ich überrede mich mit lauter Stimme:
»Mama hat dir nie Angst gemacht, sie kann dir auch jetzt keine Angst machen. Du siehst doch, dass sie sich nicht einmal bewegen kann!«
Tatsächlich ist sie immer noch regungslos.
Vollkommen regungslos.
Nichts zu machen.
Die einzige Hoffnung ist, dass sie wie Jesus aufersteht. Nach drei Tagen. Wir haben gerade mal den zweiten, und auÃerdem, wer weià schon, ob es stimmt, dass Jesus auferstanden ist. Sie sagen das, aber ich weià nicht, ob man es glauben soll. Auch Opa glaubte nicht mehr so sehr daran, dass er aus dem Grab wieder rauskommt, und als er gestorben ist, ist er nicht wieder auferstanden, er ist tot und fertig aus. Er wollte ein Glas Wein auf seinem Grab und keine Blumen, Mama sagt, das ist, weil Opa den Krieg mitgemacht hatte und so viele Tote gesehen hatte und aufgehört hatte, an Gott zu glauben und an all diese Geschichten von der Religion, weil es gibt auf dieser Welt nichts mehr, woran man glauben kann. Und echt, wenn man all die Leute sieht, die wegen nichts sterben, ich meine nicht nur die Schlechten, sondern auch die Guten, kann man nur schwer glauben, dass da irgendjemand Unsichtbares ist, der einen beschützt. Das sind Sachen, die mich nicht so sehr interessieren, auch wenn ich jetzt echt einen Gott oder was Ãhnliches gebrauchen könnte, der mir hilft. Ich meine, wenn es ihn gibt, dann wäre jetzt genau der Moment, es zu beweisen.
Er könnte mir sagen, was ich anziehen soll, um zur Schule zu gehen, ich muss ein sauberes T -Shirt anziehen, weil Mama würde mich nie mit dem T -Shirt von gestern in die Schule schicken. Besser noch, er könnte Mama aufwecken, wenn er kann. Ich schaffe es nicht. Aber Gott hat wahrscheinlich was Wichtigeres zu tun.
Ich muss mich auch waschen. Wenn ich sicher wäre, dass Mama noch da ist, würde ich darauf verzichten. Aber weil ich es nicht genau weiÃ, kann ich nicht riskieren, dass ihnen irgendwas Komisches auffällt, Kleinigkeiten, die einen verraten, wie in den Filmen mit Inspektor Columbo. Inspektor Columbo ist immer nur deshalb zerknittert, weil keiner ihn verdächtigt. Wenn er der Verdächtige wäre, würde er einen anderen Regenmantel tragen. Das ist klar.
Ich ziehe das gestreifte T -Shirt an, das geht gut. Und den grünen Pullover. Vorher wasche ich mich unter den Achseln, aufs Bidet gehe ich nicht, ja scheià doch drauf, meine Unterhosen kontrolliert doch sowieso keiner.
»Wenn du dich untenherum nicht wäschst, wachsen da Moose und Flechten, wie in der Taiga und der Tundra.«
Mama übertreibt immer.
Blu leckt sich, um sich zu waschen. Neid! Blu hat auf jeder Seite achtzehn Tasthaare und lange Haare wie Tasthaare über den Augen. Wenn ich nichts anderes zu tun habe, zähle ich sie, um zu sehen, ob es vielleicht mehr geworden sind, weil auch Blu wird groÃ, ein kleiner Mann von einem Kater, wie die Blumenfrau sagen würde.
»In Ordnung, Blu, jetzt gibt es dein Futter.«
Futter ist Blus Lieblingswort, wenn du das zu ihm sagst, wird er ganz aufgeregt, beginnt hinter dir herzulaufen und lässt nicht mehr locker, bis du ihm was gibst. Blu springt auf den Tisch, schleicht zwischen der Schachtel mit Frühstücksflocken und dem Zucker durch und dem Aschenbecher aus geblasenem Glas, der an einer Seite ein bisschen angeschlagen ist, und stürzt sich auf die Schale mit Makrelenpastete, als hätte er seit wer weià wann nichts zu fressen bekommen. Im Ãbereifer stöÃt er die Schale unter die Anrichte und sieht mich dann verblüfft an, als wollte er sagen:
»Hilfe! Wo ist mein Futter geblieben?«
Katzen machen solche Sachen, sie sind sehr intelligent und manchmal dumm, sie verstehen alles, aber wenn es um Futter geht, verstehen sie nichts mehr.
Blu streicht mit seinem flauschigen und seidigen Fell sanft an meinen Beinen lang, es würde mir gefallen, so einen Fellsack wie Blu als Körper zu
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