Meine Frau will einen Garten
vollendeten Proportionen, Materialien und Farben in überirdisches Licht. Von da an geht alles bergab.
Die Roses fangen an, sich zu streiten, bald hassen sie sich, und dann bringen sie sich um. Am Ende des Films sind sie beide tot.
Kissen mit Kniff sind Todesboten. Kissen mit Kniff und alles andere, was man zur Wohnkultur rechnen könnte. Perfekte Wohnungen und perfekte Häuser sind eine tödliche Gefahr. Vor allem killen sie glückliche Ehen. Ich sage zu Pia: »Wenn du ein Kissen fürs Sofa willst, lasse ich mich scheiden.« Julia kommt dazu und sagt: »Was?«
»Blödsinn«, sagt Pia sanft, »komm her, mein Engel, Papa redet nur Blödsinn.« Dabei sieht sie mich fast schon wieder freundlich an. Aber ich weiß, dass sie, wie alle Frauen, aus dem Stand zum finalen Handkantenschlag fähig ist. Ein Grund, warum Mietwohnungen meiner Meinung nach so toll sind, liegt darin, dass sie nie ganz passen. Pia findet, ein Grund, warum ein neues Eigenheim so toll ist, liegt darin, dass man es sich endlich einmal ganz passend machen kann. Notfalls mit der Handkante.
An diesem Abend sind wir zu Freunden eingeladen, weshalb wir unsere Zeichnungen nicht zu Ende bringen. Sven und Francesca sind eher Freunde von Pia. Ich finde sie anstrengend. Vor allem Francesca, die ich kaum aussprechen kann, weshalb ich lieber Franz zu ihr sage, was sie nicht mag. Sie ist sehr burschikos. Unsere Unterhaltungen geraten meistens kurz, sie macht mich nervös. Und Sven ist so ein weltläufiger Typ, bei dem man immer das Gefühl hat, dass er gleich mit tollen Freunden in Los Angeles telefonieren muss. Oder mit Zürich, um zu sehen, ob es dem Nummernkonto
gut geht. Sven und Franz schüchtern mich ein. Ihr schönes Haus auch.
Wir kommen etwas zu spät zur Party. Sven ist an der Tür, sagt: »Hey Alter, wie geht’s?«, worauf mir nichts anderes einfällt als »Hm, ja« zu sagen. Ich habe extra einen teuren Wein gekauft, den Sven nur abfällig anschaut und dann an der Kellertür abstellt. »Kommt doch in die Küche«, sagt er und nimmt völlig überflüssigerweise Pia in den Arm. Ich trotte hinterher und frage mich laut, ob Pia wirklich schon so gehbehindert aussieht, dass man sie schieben muss. Aber mein Sarkasmus geht im allgemeinen Gemurmel unter. In der Küche umstehen zwei Dutzend gut aussehender Leute das, was, wie Franz eben der Gemeinde ein bisschen zu laut erklärt, »Butcher Block« heißt. Gemeint ist damit ein frei stehender Küchenarbeitstisch, auf dem allerdings keine Kälber zersägt oder Hühner entfedert werden, sondern höchstens ein Sträußchen Petersilie vor sich hindämmert. Aber ohne Butcher Block kann man eine Küche gar nicht mehr Küche nennen.
Franz drückt mir einen »Gin and Tonic« in die Hand und gibt Pia ein Küsschen. Ich kenne sonst keinen Menschen, der »Gin and Tonic« sagt, ich kenne nur Menschen, die Gintonic sagen. Ich kenne sogar Menschen, die Tonginic sagen und dabei losbrüllen vor Lachen, aber die will Pia meistens nicht kennen. Zu mir sagt Franz: »Butcher Block«, das kommt von Metzger. Alle lachen. Nur weiß ich nicht, worüber.
Sven und Francesca haben keine Kammer. Ihr Haus
ist generell eine staubmausfreie Zone und überhaupt so schick, dass man sich als Gast unwillkürlich fragen muss, ob man mit dem Ambiente harmoniert oder vielleicht besser gehen sollte. Die Küche kommt mir so groß wie unsere Wohnung vor. Um den Tisch sitzen mindestens zehn Leute, die verschieden lange, keilförmige Stangen in Tomaten-, Karotten- oder Gurkenkonsistenz in verschieden dickliche weiße Saucen tunken. Am liebsten wären mir jetzt Erdnussflips. Der Tisch ist riesig.
Mir kommt es so vor, als ob es da einen Zusammenhang geben könnte: Je kinderloser die Paare oder Singles sind, desto größere Tische stellen sie sich in ihre überdimensionierten Küchen. Die Küche ist das neue Wohnzimmer, und der Küchentisch ist neben dem Metzgerblock die neue Doppelgarage. Die Espressomaschine ist unter Umständen das wichtigere Statussymbol als der neue Porsche. Ich schaue mich nach Pia um und kann sie nicht finden.
Dann sehe ich sie, Sven zeigt ihr gerade den Crushed-Ice-Spender von seinem neuen Kühlschrank, der dem Wort »Schrank« alle Ehre macht. Ich gehe rüber und sage zu ihm, weil mir gerade nichts Besseres einfällt und weil ich denke, dass ihm diese Sprache liegt: »Hey Alter, wie geht’s?« Sven schaut mich daraufhin an, als ob er einen Wahnsinnigen auf seiner Party entdeckt hätte. Wortlos kippt er mir frische
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