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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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seinen Schnitzer inzwischen verwunden hatte, beantworten zu können, ohne dabei anzuecken. «Per Schiff. Wir haben uns einfach anheuern lassen und haben dann hier in London abgemustert», erklärte er stolz, indem er sich der Ausdrucksweise bediente, die er den Matrosen an Bord der Gräfin abgelauscht hatte. «Auf der Gräfin von Greenock, einem Frachter, auf dem wir auch schon...»
    Herr Schwarzmann war sichtlich beeindruckt. «Sieh einer an», sagte er. «Also Schiffskatzen seid ihr. Na, dann werdet ihr beiden ja nicht auf den Kopf gefallen sein. Ich gehörte früher mal einem Seemann, wenn ich ihn so nennen darf, obwohl er nicht viel Besseres als nur eine Art Schiffsjunge war. Er arbeitete auf der Fähre, die zwischen Devonport und Torcross verkehrt. Wußtet ihr, daß die auf Ketten läuft, die von einer Küste zur anderen gespannt sind?»
    Jennie bedeutete ihm höflich, von einer so erstaunlichen Einrichtung noch nie etwas gehört zu haben.
    «Ja, auf Ketten», bekräftigte Herr Schwarzmann. «Es ist ja nicht eigentlich das, was man unter Schiffahrt versteht, aber es gibt uns doch etwas Gemeinsames, und da ist wohl nur recht und billig, daß ihr hierbleibt. Die meisten, die hier kein Dach überm Kopf haben, hausen auf dem Grundstück des ausgebombten Hauses von Nr. 38. Ihr könnt den anderen sagen, ich sei damit einverstanden, daß ihr eure Zelte hier aufschlagt. Aber haltet euch an die Vorschriften unseres Bezirks, denn sonst werdet ihr beide davongejagt. Vor allem merkt euch, daß die Müllkästen nachts nicht umgekippt werden dürfen. Das schätzen die Einwohner gar picht, und dann beschweren sie sich bei Mr. Clegg. Er ist mein Brotgeber, und ihm untersteht der Park, der Platz und überhaupt alles hier. Und keine Prügeleien, bitte ich mir aus! Das stört die Einwohner auch. Wenn ihr euch unbedingt raufen müßt, geht rüber zur Wigmore Street oder zum Manchester Square. Da balgen sie sich andauernd. Wir bemühen uns, dafür zu sorgen, daß es in unserer Gegend ruhig und anständig zugeht. Weiter unten in Nr. 52 wohnen zwei alte Jungfern, die recht gutherzig sind und euch dann und wann eine Schale Milch geben werden, wenn ihr kläglich genug darum bittet. Wie waren doch noch eure Namen?»
    «Ich heiße Jennie Baldrin», erwiderte Jennie. «Ich bin nämlich zum Teil schottischer Abstammung, wissen Sie, und mein Freund hier heißt Peter und...»
    «Schon recht», unterbrach sie der schwarze Kater. «Also lauft nur zu», murmelte er und begann sich eifrig zu putzen.
    «Na siehst du», sagte Jennie stillvergnügt, als sie langsam weitergingen. «Jetzt wissen wir doch wenigstens, wo wir unterschlüpfen können, falls wir um ein Nachtquartier verlegen sein sollten. Seid mir gegrüßt, meine Lieben. Wir wünschen euch beide ein langes Leben und gute Gesundheit.»
    Diese letzten Worte waren an die beiden grauen Katzen mit den Ringelschwänzen gerichtet, deren Fell auf dem Kopf eine Zeichnung aufwies, die wie eine Lyra aussah. Wie schon damals, als Peter noch bei seinen Eltern gewohnt hatte, saßen sie hinter dem großen Fenster im Erdgeschoß von Nr. 5 und drehten sich kokett um sich selbst, putzten sich, schnurrten und blinzelten und beobachteten die Leute, die an dem Haus vorüberkamen.
    Ihre Antwort auf Jennies höflichen Gruß, die nun wie ein Windhauch durch das Fenster wehte, klang sehr matt und schläfrig, und da sie überdies fast immer gleichzeitig redeten, war es oft schwer, zu erraten, wer gerade sprach.
    «Ich bin Chin.»
    «Und ich bin Chilla.»
    «Wir sind Zwillinge.»
    «Genau genommen, stammen wir aus der Ukraine.»
    «Wir dürfen das Haus nie verlassen.»
    «Habt ihr schon mit Herrn Schwarzmann gesprochen?»
    Da dies die erste Frage war, die von den Zwillingsschwestern an Peter und Jennie gerichtet wurde, hielt Peter es für richtig, sie gleich zu beantworten, und sagte: «Ja, das haben wir. Er war sehr freundlich und erklärte, wir könnten hierbleiben.»
    Was Peter und Jennie jetzt durch ihre Schnurrhaar-Antennen vernahmen, klang wie ein ganz leises Zischen, als hätten sie tatsächlich hören können, wie Chin und Chilla verächtlich die Nase rümpften, bevor sie pikiert bemerkten: «Wir haben ja schon immer gesagt, wenn das so weitergeht, kommt diese Gegend noch völlig auf den Hund. Als wir hier einzogen, war’s hier noch still und vornehm. Exklusiv!»
    «Daß ihr nur ja keine Müllkästen umkippt!»
    «Obdachloses Gesindel!»
    «Also laßt es euch gut gehen», murmelte Jennie und setzte sich

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