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Meine gute alte Zeit - Teil I

Meine gute alte Zeit - Teil I

Titel: Meine gute alte Zeit - Teil I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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er ihr mit wenigen Worten e r klärt hatte, was ein Zensus ist, »ich muss von allen das Alter angeben. Äh… was soll ich bei Ihnen hi n schreiben?«
    »Was Sie belieben, Sir«, antwortete Nursie höflich.
    »Ja schon, aber… äh… ich muss es wissen.«
    »Was Ihnen angebracht scheint, Sir.« Nursie ließ sich nicht in die Enge treiben.
    Da sie seiner Schätzung nach mindestens fünfundsie b zig war, riskierte er einen Vorschlag: »Äh… äh… neu n undfünfzig? Stimmt das so ung e fähr?«
    Ein schmerzlicher Schatten flog über ihr runzliges G e sicht. »Seh ich denn wirklich schon so alt aus, Sir?«, fragte sie ba n gend.
    »Nein, nein… aber was soll ich denn nun hinschre i ben?«
    Nursie hielt die Stellung. »Was Sie für richtig befinden, Sir«, an t wortete sie würdevoll.
    Worauf Vater die Zahl vierundsechzig hinschrieb.
     
    An meinem fünften Geburtstag bekam ich einen Hund. Es war das b e seligendste Ereignis meines Lebens. So rauschhaft war meine Freude, dass ich kein Wort hervo r brachte. Ich konnte nicht einmal danke sagen. Ich konnte meinen wunde r schönen Hund kaum ansehen. Ich wandte mich sogar von ihm ab. Ich musste unbedingt allein sein, um mit dieser unglaubl i chen Glückseligkeit ins Reine zu kommen. Ich zog mich, gla u be ich, in die Toilette zurück – genau der richtige Ort, um in Ruhe nachzusinnen. To i letten waren in jenen Tagen bequeme und sehr geräumige Anlagen. Ich klappte den schweren Mahagonid e ckel zu, setzte mich drauf, starrte blinden Auges auf den Stadtplan von Torquay, der an der Wand hing, und überließ mich meinen Vorste l lungen.
    Ich habe einen Hund… einen Hund… es ist ein Hund, der mir gehört… mein eigener Hund… es ist ein Yor k shire-Terrier… mein Hund… ganz allein mein Hund…
    Mutter erzählte mir später, dass Vater sehr enttäuscht gewesen war über die Art, wie ich sein Geschenk in Em p fang g e nommen hatte.
    »Ich dachte, das Kind würde sich freuen«, sagte er. »Sie scheint sich überhaupt nichts aus dem Tier zu machen.«
    Meine stets verständnisvolle Mutter meinte, dass ich ein w e nig Zeit brauchte. »Sie kann es noch nicht so richtig fassen.«
    Der vier Monate alte Yorkshire-Terrier war mittlerweile traurig in den Garten hinausgewandert, wo er sich uns e rem Gär t ner, einem brummigen Mann namens Davey anschloss. Der Hund war von einem Gelege n heitsgärtner gezüchtet worden, und als er sah, wie ein Spaten in die Erde getrieben wurde, kam er zu der Überzeugung, dass hier ein Ort war, wo er sich z u hause fühlen konnte. Er setzte sich auf den Gartenweg und sah dem Graben au f merksam zu.
    Hier fand ich ihn ein wenig später, und hier knüpften wir u n sere Bekanntschaft an. Wir waren beide schüchtern und konnten uns nur zögernd entschließen, einander en t gegenzuko m men. Aber noch bevor die Woche zu Ende ging, waren Tony und ich unzertrennlich. Tony war ein wunderbarer Hund für ein Kind; er war gutmütig, lieb e voll und für alles zu haben. Ihm wurde die Auszeichnung zuteil, in meine neue heimliche Heldensage aufgeno m men zu werden. Zu Dickie (Goldie, der Kanarie n vogel) und Dicksmistress (ich) gesellte sich nun Lord Tony.
     
    In diesen ersten Jahren erinnere ich mich weniger an meine Schwe s ter als an meinen Bruder. Meine Schwester war nett zu mir, während mein Bruder mich mit Gör tit u lierte und von oben herab behandelte – sodass ich natü r lich seine Gesellschaft suchte, wann immer er es mir e r laubte. Ganz deutlich erinnere ich mich noch, dass er weiße Mäuse hielt. Ich wurde Mr und Mrs Mäuserich und ihrer Familie vorgestellt. Nursie rümpfte die Nase. Sie stänken, sagte sie. Natürlich stanken sie.
    Wir hatten schon einen Hund im Haus, einen alten Dandy Dinmont namens Scotty, der meinem Bruder g e hörte. Mein Bruder, nach dem besten Freund meines Vaters in Amerika Louis Montant genannt, wurde nur Monty gerufen, und er und Scotty waren unzertrennlich. Fast schon automatisch mahnte Mutter: »Lass dich von dem Hund nicht abschl e cken, Monty!« Monty, flach auf dem Fußboden neben Scottys Körbchen, den Arm lieb e voll um den Hals des Hundes g e schlungen, hörte gar nicht hin. »Der Hund riecht entsetzlich!«, sagte Vater. Scotty war damals fünfzehn Jahre alt, und nur ein eing e fleischter Hundenarr konnte diese Anschuldigung in A b rede stellen. »R o sen!«, murmelte Monty zärtlich. »Nach Rosen riecht er!«
    Doch ach! Scotty wurde das Opfer eines tragischen U n falls. Langsam in seinen Bewegungen und halb

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