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Meine gute alte Zeit - Teil I

Meine gute alte Zeit - Teil I

Titel: Meine gute alte Zeit - Teil I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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hatte schon am Tag zuvor stattgefunden… Wenn ich jetzt daran zurückdenke, kommt mir alles sehr komisch vor…
    Zwei Tage vor dem Konzert hatte ich so hohes Fieber, dass man Mu t ter kommen ließ. Der Arzt konnte nichts finden. Dennoch gab er der Meinung Ausdruck, dass es besser wäre, wenn ich nicht an dem Konzert teilnähme und für zwei oder drei Tage, bis das Konzert vorüber war, von der Schule we g käme. Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich ihm war.
    Dabei fällt mir ein, dass ich bei einer Mathematikpr ü fung in Miss Guyers Schule kläglich versagte, obwohl ich in der vora n gegangenen Woche Klassenbeste gewesen war. Als ich bei der Prüfung die Fragen las, strei k te mein Hirn, und ich konnte nicht denken. Es gibt Menschen, die Examen bestehen können, s o gar sehr gut bestehen können, nachdem sie das ganze Jahr schlechte Noten bekommen haben; es gibt Menschen, die in der Öffen t lichkeit sicherer auftreten als in ihren eigenen vier Wä n den; und es gibt Leute, denen es genau umgekehrt geht. Zu diesen gehörte ich. Keine Frage, dass ich den richtigen Beruf gewählt habe. Das Schön s te an der Schriftstellerei ist doch, dass man für sich arbeiten und sich selbst die Zeit dafür aussuchen kann. Die Arbeit kann einen ärgern, verrückt m a chen, frustrieren, man kann aus der Haut fahren bei dem Ve r such, die Handlung so einzurichten, wie sie eingerichtet we r den müsste und auch eingerichtet werden könnte, aber: Man braucht nicht aufzust e hen und sich in aller Öffentlichkeit eine Blöße zu geben.
    Sehr erleichtert und bei bester Stimmung kehrte ich ins Pensionat z u rück. Sofort versuchte ich festzustellen, ob ich jetzt die Serenade d’Aragona spielen konnte. Sicher spielte ich sie jetzt besser als vor dem Konzert, aber es war immer noch keine Meisterleistung. Ich ler n te auch noch die anderen Sätze der Beethoven-Sonate bei Mad a me Legrand, die zwar von mir als Schülerin, die ihr vie l leicht Ehre eingebracht haben würde, enttäuscht war, mich aber auch weiterhin erm u tigte und mir versicherte, dass ich die richtige Einstellung zur Musik hätte.
    Die zwei Winter und der Sommer, die ich in Paris ve r brac h te, zählen zu den glücklichsten meines Lebens. Eine Menge wunderbarer Dinge ereigneten sich. Amerikan i sche Freunde meines Großvaters lebten da, und ihre Tochter sang in der Oper. Ich sah und hörte sie als Ma r guerite in Faust. Das pens i onnat nahm den Standpunkt ein, Faust wäre nicht conv e nable für les jeunes filles. Damals scheint man den entsittlichenden Ei n fluss der Oper auf junge Mädchen eher optimistisch eing e schätzt zu haben; die jeunes filles hätten in jenen Tagen weit besser informiert sein müssen, um zu begreifen, dass an Marguerites Fen s ter etwas Anstößiges vor sich ging. In Paris verstand ich gar nicht, warum sich Marguerite plötzlich im Gefängnis befand. Ob sie wohl den Schmuck gestohlen hatte? Dass Schwangerschaft und der Tod des Kindes etwas damit zu tun haben könnten, kam mir nie in den Sinn.
    Am häufigsten besuchten wie die Opéra Comique. Th a ïs, Werther, Ca r men, La Vie de Bohème, Manon. Werther war meine Lieblingsoper. Im großen Opernhaus sah und hö r te ich nicht nur Faust, sondern auch Tannhä u ser.
    Mutter ging mit mir in Modesalons, und langsam bekam ich ein G e fühl für schöne Kleider. Mein erstes war ein hellgraues Crêpe-de-Chine-Cocktailkleid, und ich war überglücklich. Nie hatte ich etwas getragen, das so e r wachsen aussah. Nur bedauerlich, dass mein Busen i m mer noch nicht mitspielen wollte, sodass in aller Eile R ü schen und Volants eing e näht werden mussten, aber ich gab die Hoffnung nicht auf, dass ich eines Tages einen wahrhaft weiblichen Busen, fest, rund und groß, mein eigen würde nennen können.
    Dank der Empfehlungsbriefe, die Mutter mitgebracht hatte, kamen wir in die Pariser Gesellschaft. Auf dem Faubourg St-Germain wurden junge Amerikanerinnen stets willkommen geheißen, und für die Söhne der fra n zösischen Aristokratie war es durchaus standesgemäß, reiche Amerikanerinnen zu heir a ten. Zwar war ich alles andere als reich, aber man wusste, dass Vater Amerikaner gewesen war, und setzte bei allen Amerik a nern voraus, dass sie etwas Geld hatten. Es war eine eigenartige, ko n ventionelle, altväterliche Gesellschaft. Die Franzosen, die ich kennen lernte, waren sehr höflich, sehr comme il faut, und aus der Sicht eines ju n gen Mädchens unendlich langweilig. Aber ich lernte herrlich

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