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Meine letzte Stunde

Meine letzte Stunde

Titel: Meine letzte Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Salcher
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kommen in allen Religionen, in allen Kulturen vor, in allen Gesellschaftsschichten, sie dringen in alle Gruppen ein, keine Gemeinschaft besteht nur aus der einen oder der anderen Art. Und es sind immer wir, die entscheiden, zu welcher Gruppe wir gehören. Die „Goldene Regel“ kann uns dabei hilfreich sein.
    Die Goldene Regel – eine Ethik, mit der man auf der sicheren Seite ist
    Als „Goldene Regel“ bezeichnet man seit dem 17. Jahrhundert den alten Grundsatz der praktischen Ethik:
    „Behandle andere so, wie Du von ihnen behandelt werden willst. – Behandle andere nicht so, wie Du nicht von ihnen behandelt werden willst.“
    Diese sehr einfache Regel enthält also keine komplizierten Gebote, sondern ein moralisches Kriterium für alle möglichen Handlungen: Immer soll man dabei Interessen und Lage der Betroffenen sowie die möglichen Folgen einbeziehen und das eigene Handeln danach prüfen. Es fällt mir keine schlechte Handlung in meinem Leben ein, die ich bei Anwendung der „Goldenen Regel“ nicht hätte unterlassen müssen. Und wie oft habe ich freudig genau das Gute erleben dürfen, das ich selbst für andere getan habe. Wenn Du der „Goldenen Regel“ ein Leben lang gefolgt bist, dann wird sie Dich in Deiner letzten Stunde leiten. Das ist mein Glaube an die „kosmische Gerechtigkeit“.
    Karen Amstrong, eine der führenden Religionswissenschaftlerinnen der Welt, fand in ihren Forschungen über die Gemeinsamkeiten der Weltreligionen heraus, dass die „Goldene Regel“ in allen eine ganz zentrale Rolle spielt. [6] Sie kommt schon in religiös-philosophischen Texten Chinas, Indiens, Persiens, Ägyptens und Griechenlands seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. vor.
    Ein Urteil, das alle Gläubigen, Suchenden und Atheisten fällen müssen
    Ich selbst sehe mich als einen Suchenden, einen Hoffenden, der weder an die Dogmen der Religionen noch an das endgültige Ende der Atheisten glaubt. Meine sehr gläubigen Freunde sehen in mir wohl einen verkappten Agnostiker, die meisten anderen einen spirituellen Menschen, der seine letzten Antworten noch nicht gefunden hat.
    Lässt man sich erst einmal auf die Denkweisen von Bruder David ein, wird einem jedenfalls klar, welche radikalen Konsequenzen es hat, zu versuchen, ein wahrhaft religiöser Mensch zu sein. Ob man sich dem Christentum, dem Judentum, dem Islam oder dem Buddhismus zugehörig fühlt, erscheint gar nicht so wichtig, weil so viel Gemeinsames darin steckt. Und das ist sehr gut so, denn die meisten Menschen wurden in ihre Religion hineingeboren und konnten sich nicht aus freien Stücken dafür entscheiden. Nur Dogmatiker beißen sich daher in den sprachlichen und bildlichen Unterschieden zwischen den Religionen fest. Der Gegenentwurf der letzten Stunde zu den Heilsversprechen ist, dass das Leben kein Tauschgeschäft darstellt. Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst, weil Du gut zu anderen Menschen sein sollst, und nicht, weil Du sonst im Jenseits dafür belohnt oder bestraft wirst. Menschenliebe ist der Grundsatz des Humanismus. Man kann Christ, Moslem, Jude oder Buddhist und Humanist sein. Gefährlich sind jene, die bedingungslos ihrer Religion folgen, ohne Humanisten zu sein.
    Der Weg zu einem spirituellen Leben liegt darin, in allen Formen der Natur und des Menschlichen die göttliche Signatur und den größeren Bauplan zu erkennen. Wenn die katholische Kirche sich vor einem Hightech-Trickfilm wie „Avatar“ fürchtet und diesen offiziell kritisiert, nur weil er genau diesen gemeinsamen Ursprung aller Religionen Millionen von Menschen nahebringt, dann stellt sie sich mit ihrem Alleininterpretationsanspruch ins totale Abseits. „Die Wahrheit ist eine, die Weisen nennen sie mit vielen Namen“, heißt es schon in den über 3000 Jahre alten indischen Veden.
    Ich glaube vor allem an die Eigenverantwortung des Menschen, unabhängig davon, ob er glaubt oder nicht. Der einzige Kronzeuge unseres Lebens sind wir selbst. Folgt man dieser Überzeugung, dann werden wir am Ende des Tages nicht an irgendeinem feststehenden Maßstab gemessen, sondern müssen Antwort auf eine einfache Frage finden: „Was hast Du in Deinem Leben geleistet, und zwar nicht nur in Deinem Beruf, sondern als Mensch, als Vater oder Mutter, als Freund, als Nachbar?“
    Wer auf dem Richterstuhl beim Jüngsten Gericht sitzen wird, wissen wir nicht. Aber ich glaube zu ahnen, wer in meiner letzten Stunde darüber entscheiden wird, ob ich das Beste aus meinem Leben gemacht habe. Der

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