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Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Titel: Meine Reise in die Welt der Gewuerze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfons Schuhbeck
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erhalten ist. Es ist die älteste erhaltene Rezeptsammlung der Antike, war viele Jahrhunderte lang das wichtigste Kochbuch des Abendlands und gilt als bedeutendste Quelle für die römische Kochkunst überhaupt. Apicius war ein Gewürzfanatiker, der größten Wert auf die Vielschichtigkeit der Aromen legte. Je komplizierter ihre Struktur war, umso besser. Er verwendete alles, was der Kräutergarten und die Gewürzmärkte hergaben – Silphium aus Libyen, die fermentierte Fischsauce Garum, Schalotten, Lauch, Kresse, Majoran, Oregano, Thymian, Asantwurzel, Rucola, Kümmel, Koriander, Pfeffer, Flohkraut, Salbei, Kerbel, Schnittlauch, Zimt, Majoran, Dill, Binsenwurzel, Alant, Kardamom, Bohnengras, Wacholderbeeren, Liebstöckel, Meerrettich, Mohnsamen und vieles mehr.
    Wenn Apicius die Grundzutaten für ein einfaches Rezept beschreibt, klingt das so: »Kalte Sauce für gekochtes Wildschwein: Pfeffer, Wiesenkümmel, Liebstöckel, gemahlener Koriander, Dill- und Selleriesamen, Thymian, Oregano, Zwiebel, Honig, Essig, Senf, Fischbrühe und Öl.« Apicius genoss einen Ruf wie ein Donnerhall als Gewürzjongleur und Schöpfer extravaganter Speisen. Er erfand das Mästen von Schweinen mit Feigen und bereitete Flamingo- und Nachtigallenzungen so kunstvoll wie kein Zweiter zu. Allein vier Rezepte seines Buchs beschäftigen sich mit Kuheutern und der Gebärmutter von Säuen. Selbst mit den Fußsohlen von Kamelen wusste er etwas anzufangen. Vom strengen Moralisten Seneca wurde Apicius deswegen als Verderber der Sitten verdammt. Legendär ist der Bericht des römischen Philosophen über den Tod dieses grandiosen Gourmets: Eines Tages soll er festgestellt haben, dass sein Vermögen nur noch lächerliche zehn Millionen Sesterzen beträgt – für normale Menschen ein unvorstellbarer Reichtum, für ihn aber eine Summe, die ihm nicht angemessen erscheint, um stilvoll weiterprassen zu können. Also nimmt er Gift und entsagt der Welt. Seneca meinte nur fassungslos: »Gipfel des Wohllebens: sich mit zehn Millionen Sesterzen für bettelarm zu halten! Nun glaube noch einer, dass es auf die Größe des Vermögens, nicht des Geistes ankomme.«
    Tausend Leckerbissen, um die Gier zu erregen
    Im antiken Griechenland hatten noch die großen Philosophen Platon und Aristoteles ihre Landsleute für deren glühende Liebe zum Essen und für das maßlose Würzen getadelt. In Rom hingegen schwiegen die meisten Denker und ließen es sich stattdessen selbst gut gehen. Einer der ganz wenigen Kritiker war ebenjener Seneca, der die ungesunde Völlerei und die »prahlerische Küche« mit ihrem exzessiven Gebrauch von Gewürzen anprangerte. Besonders das Garum erregte seinen Zorn, diese »kostspielige Jauche aus verdorbenem Fisch, die durch faulige Salzlake brennende Schmerzen in den Eingeweiden verursacht«. Dekadente Köche, so Seneca, hätten »tausend Leckerbissen erfunden, um die Gier zu erregen«. Und in einem Brief an seinen Freund Lucilius schrieb er resigniert: »Über die Unzahl der Krankheiten brauchst du dich nicht zu wundern: Zähle die Köche.«
    Die exzessive Verwendung von Gewürzen war zwar immer wieder Gegenstand von Hohn und Spott in der Literatur, doch Maß hielten die Römer deswegen noch lange nicht. Eine herrliche Passage aus dem »Pseudolus« des Satirikers Plautus schildert, wie unbekümmert Roms Köche in die Gewürzkiste griffen: »Ich würze nicht so, wie die anderen Köche es tun. Die servieren mit ihren Gerichten ganze Wiesen – sie füttern die Gäste wie Weidevieh und stopfen sie mit grünen Kräutern voll, die sie mit noch mehr Kräutern würzen. Dann kommt frischer Koriander rein, Fenchel, Knoblauch, Pastinaken, daneben häufen sie Sauerampfer, Kohl, Mangold, dazu ein Pfund Silphium und dann noch eine geballte Ladung Senfkörner. Das ist dann so scharf, dass ihnen selbst die Augen triefen, noch bevor sie es klein geschnitten haben.«

    Kulinarische Raffinesse ist Teufelswerk
    Einen ganz anderen Ton bekam die Kritik an den Gewürzorgien der Römer, als die christliche Kirche dominanter wurde. Der Kirchenlehrer Clemens Alexandrinus geißelte im 3. nachchristlichen Jahrhundert die römische Völlerei, weil sie zu einer Abstumpfung der Seele und zu Vergesslichkeit führe. Ganz und gar nicht geheuer waren ihm vor allem die Gewürze und »Wohlgerüche« wegen ihrer luststeigernden Wirkung. Wollust und Ausschweifungen seien die unvermeidliche Folge, wenn man so koche wie Apicius. Stattdessen sang Clemens Alexandrinus das Loblied der

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