Meine Reise in die Welt der Gewuerze
Prinzip nicht anders hergestellt als Garos: Man gewann die Brühe aus möglichst fetten Fischen und Meeresfrüchten, die man zerkleinerte, vermengte und drei Monate lang in der prallen Sonne stehen ließ. Das Ganze stank natürlich fürchterlich, deswegen befanden sich die Garum-Fabriken stets außerhalb der Ortschaften. Ab und zu wurde umgerührt, dann die Flüssigkeit abgeseiht, gesalzen, gefiltert und in Amphoren gefüllt. Ähnlich wie beim Olivenöl war die erste Marge, die man gewann, die reinste und teuerste; sie hieß »Jungferngarum«. Die begehrteste Fischsauce des Imperiums stammte aus Cartagena in Spanien und wurde aus Makrelen gewonnen. Plinius schreibt, dass nur Parfüm teurer war als das spanische Garum. 6,5 Liter kosteten die ungeheure Summe von 1000 Sesterzen. Und als Gipfel des Raffinements verfeinerten die Gourmets ihr Garum mit Honig, Gurken, Trüffeln, Dill, Koriander, Fenchel, Sellerie, Oregano, Raute, Minze, Liebstöckel, Thymian, Salbei, Pfeffer, Zimt, Gewürznelken und Bockshornklee. Den wahren Exzentrikern unter den Feinschmeckern war das freilich zu profan. Sie nahmen lieber Gebärmütter von Jungsäuen und Hoden von Ferkeln.
Essen war im alten Rom nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern immer auch lustvolle Unterhaltung. Als besonders vornehm galt es, seine Gäste mit kunstvoll verfremdeten Speisen zu verblüffen, sodass man im ersten Augenblick gar nicht wusste, was man aß. Wie bizarr es dabei zuweilen zuging, wird in einer Episode des »Satyricon« geschildert, eines satirischen Romans aus der Zeit von Kaiser Nero, dessen Autor gewiss übertreibt, aber auch viel Wahres schreibt: »Das Gastmahl des Trimalchio« handelt vom Festessen eines ehemaligen Sklaven, der zu sehr viel Geld gekommen ist und jetzt seine Gäste beeindrucken will. Deswegen lässt er seinen Koch kulinarische Zaubertricks vollführen und aus einem Schwein alles Erdenkliche zubereiten – »aus der Gebärmutter einen Fisch, aus Speck eine Ringeltaube, aus Schinken eine Turteltaube und aus einem Schulterstück ein Hühnchen«. Danach gibt es dann Siebenschläfer mit Honig glasiert und Mohnsamen bestreut, dann Pfaueneier mit Feigendrossel in gepfeffertem Eidotter, anschließend Saueuter in Pfeffersauce.
Eine ganze Stadt badet in Safran
Die Römer waren veritable kulinarische Künstler und dazu maßlose Schlemmer. Im Laufe der Jahrhunderte trieben sie es immer toller, bis sie schließlich den Gipfel der Dekadenz erklommen und allerlei kulinarischen Schabernack trieben – etwa das Waschen der Füße mit gewürztem Wein, von dem der Dichter Plutarch berichtet. Gewürze spielten bei den Verschwendungsorgien eine zentrale Rolle. Und mit Feuereifer gingen die Kaiser beim lustigen Sittenverfall voran. Kaiser Elagabalus ließ im 3. Jahrhundert nach Christus sein Schwimmbad mit exotischen Gewürzen parfümieren und mit Safran färben, dem teuersten Gewürz der Welt. Hadrian ordnete hundert Jahre zuvor sogar an, Safranwasser über die Stufen eines Theaters rinnen zu lassen, damit sie wie Gold glänzten. Und Nero befahl, für einen Triumphzug ganze Straßenzüge in Rom mit Safran zu bestreuen.
Was der Kaiser kann, kann ich schon lange, sagte sich der Aristokrat Metellus Scipio und veranstaltete ein Gelage, bei dem Drosseln für 60 000 Sesterzen auf den Tisch kamen – ein einfacher Römer hätte für diese Summe sein ganzes Leben lang arbeiten müssen. Das war aber noch nichts gegen das Mahl, das sich der offensichtlich höchst erfolgreiche Schauspieler Aesop zubereiten ließ. Es gab Nachtigallen und andere Singvögel für 100 000 Sesterzen. Unsterblichen Ruhm und ewige Hochachtung im Kreis seinesgleichen erlangte auch ein Prasser namens Octavius, der 5000 Sesterzen für eine einzige, anscheinend besonders prachtvolle Seebarbe zahlte. Und von einer besonders hübschen Blüte der römischen Dekadenz berichtet Athenaios in seinem Gastmahl der Gelehrten: Bei Gelagen tunkte man Tauben in parfümiertes Wasser und ließ sie dann durch den Raum flattern, damit sie die Gäste mit einem feinen Parfümregen benetzten.
Apicius – der verrückteste Gourmet der Antike
Wenn es das Idealbild des dekadenten, antiken Erzschlemmers gibt, dann kann es nur einer sein: Marcus Gaius Apicius, der berühmteste, verwegenste, verrückteste Gourmet des römischen Imperiums. Seine Unsterblichkeit verdankt er dem Kochbuch »De re coquinaria«, das ihm zugeschrieben wird, der Nachwelt allerdings nur in einer Version aus dem 4. Jahrhundert nach Christus
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