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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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an meinem Kleid und kassierte einen auffordernden Blick der weiblichen Bedienung. Entschlossen blickte ich zurück und fragte, welchen Cocktail sie mir empfehlen könne. Die Dame war vom Fach, erklärte mir – angereichert mit netten Anekdoten – die verschiedenen Spezialitäten des Hauses und wies mit einem gewissen Stolz auf eine Batterie Flaschen in einer Vitrine: »Die beste Auswahl an Single Malts in Hamburg.«
    Mit einem Augenzwinkern fügte sie hinzu: »Oder soll ich Ihnen lieber etwas mit Wodka mixen?« Artjom schien auch hier kein Unbekannter zu sein.
    Da allein der Gedanke an Wodka meinen Magen rumoren ließ, entschied ich mich für eine Piña Colada, nuckelte an meinem Strohhalm und musterte die Umgebung. Die Bar war klein und schummrig, aber durchaus elegant im Art-déco-Stil eingerichtet. Eine gediegene Wohnzimmeratmosphäre.
    Aus den Lautsprechern tröpfelte angenehm schnulziger US -Sound der fünfziger und sechziger Jahre. Außer mir hatten es sich nur noch zwei ältere Herren an einem der Tische gemütlich gemacht. Sie rauchten Zigarre, lasen Zeitung und tauschten ab und an leise Sätze.
    Drei Piña Coladas später kam Artjom wieder.
    »Da bin ich«, sagte er überflüssigerweise, »komm, wir suchen uns ein Plätzchen, wo wir mehr unter uns sind.«
    Unter uns? Hier war doch fast keiner. Trotzdem folgte ich ihm gehorsam in eine Nische, in der winzige Tische und grüne Clubsessel standen.
    In meinem Kopf flirrte es, wohl dem Alkohol geschuldet, ich fühlte mich merkwürdig leicht und der Realität enthoben.
    »Bist du eigentlich öfter hier?«, fragte ich neugierig.
    »Von Zeit zu Zeit«, schwurbelte Artjom.
    »Und du hast hier geschäftlich zu tun?«
    »Ab und an.«
    »Aha. Was denn genau?«
    Artjom legte seinen Arm um meine Schulter und zog mich bestimmt zu sich heran. »Der Concierge ist ein alter Freund von mir. Bei größeren Feierlichkeiten braucht er manchmal meine Hilfe. Aber lass uns doch jetzt nicht über langweilige Geschäfte reden«, brummte er in mein Ohr. Mein rechter kleiner Zeh begann zu zucken. Und bevor ich weitere dumme Fragen stellen konnte, küsste er mich. Auch eine Methode, jemandem den Mund zu stopfen – der Gedanke blitzte kurz auf, dann verabschiedete sich meine linke Hirnhälfte. Artjoms überfallartiger Annäherung hatte ich nichts entgegenzusetzen. Ich war viel zu erschrocken. Und dankbar. Und hingerissen. Wann hatte mich eigentlich das letzte Mal ein Mann einfach so geküsst? Dieser Abend stand wohl ganz im Zeichen neuer Erfahrungen.
    Artjom küsste und küsste und küsste. Mit einer Hingabe, die absolut war. Nach einer Weile, die gleichzeitig unendlich und viel zu kurz erschien, löste er sich von mir.
    »Das wollte ich schon an dem Abend bei meinen Eltern machen.«
    »Wolltest du?«, stammelte ich.
    »Unbedingt. Aber du warst leider nicht mehr in der Verfassung dazu.«
    »Nun ja«, ich kicherte dämlich, »dafür hast du mir gleich die Klamotten vom Leib gerissen.«
    »Paula, was denkst du denn von mir? Meine Mutter hat dich ausgezogen.«
    »Deine Mutter?« Die Vorstellung, dass Darya mich im Schlüpfer gesehen hatte, war mir unangenehm.
    »Ich konnte schlecht über dich herfallen, solange meine Eltern dabei waren. Ich bin schließlich ein Mann mit Manieren.«
    An diesem Abend waren Darya und Rostislav nicht zugegen. Angespannt wartete ich also darauf, dass Artjom seine Gelegenheit nutzte und über mich herfiel. Nichts dergleichen geschah. Stattdessen stand er auf, schlenderte zu einem schwarzen Flügel, der in einer Ecke stand, nahm etwas umständlich Platz und begann zu spielen. Chopin – glaubte ich jedenfalls. Was es auch war, es klang wunderschön. Seine langen Finger glitten geübt über die Tasten, ein Stück reihte sich ans nächste, und ich schmolz dahin. Ein Mann, der Klavier spielen konnte. Eine wahr gewordene Jungmädchenfantasie.
    Irgendwann klappte er den Deckel zu und kam an unseren Tisch zurück. Vorsichtig nahm er meinen Kopf zwischen seine Hände und gab mir einen Kuss auf die Nasenspitze.
    »Es ist spät, Paula. Ich werde dich jetzt nach Hause bringen.« Mit der Attitüde eines britischen Gentlemans reichte er mir seinen Arm.
    Die Fahrt zu mir verlief schweigend, Artjom hielt mich im Arm und schaute aus dem Fenster. Zum Abschied sagte er nur: »Es war schön, Paula. Wir hören.«
    Ich taumelte in die Nachtluft, äußerlich und innerlich derangiert. In meiner Wohnung angekommen, legte ich mich flach auf den Wohnzimmerboden und lauschte meinem

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