Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen
Augenblick, wog das Für und Wider genau ab und sagte dann: »Charascho. Du gibs Futtärr, ich bringä Eiärr.«
Eine gute Lösung, fand ich, frische Frühstückseier vom eigenen Huhn waren nicht zu verachten.
Ich winkte Frau Petrowa zum Abschied hinterher, dabei funkelte der Brillantring an meiner Hand im Licht. Ein Geschenk von Artjom. Nur ein kleines Zeichen seiner Zuneigung, hatte er erklärt, als ich eines Morgens ein schwarzes Samtkästchen unter meinem Kopfkissen fand.
Seit seinem nächtlichen Auftritt vor meiner Haustür hatten wir uns nahezu täglich gesehen. Gern kam er unangemeldet, als setze er voraus, dass ich ihm uneingeschränkt zur Verfügung stünde. Das tat ich auch, ich war verliebt.
Die meiste Zeit verbrachten wir in der Horizontalen, wir redeten wenig und konzentrierten uns auf das Wesentliche. In puncto Sex hatte ich einen immensen Nachholbedarf. Je mehr Artjom diesen Hunger stillte, desto größer wurde mein Appetit.
Wenn wir das Bett doch einmal verließen, gingen wir meist auswärts essen. Unsere bevorzugte Wahl waren Steakhäuser und andere Fleischtempel, die ungewohnte körperliche Anstrengung machte auch mir Lust auf feinste, halbblutige Filets.
Oder wir trafen uns mit den Nazukins, die zu Artjoms engerem Freundeskreis zählten. Es waren laute, lustige Abende und Nächte. Wir redeten, wir lachten, wir tranken. Die Herren zogen sich ab und an zurück, um »Geschäftliches« zu besprechen, Lena war mir eine angenehme Gesellschaft, ich lernte sie als kluge und amüsante Gesprächspartnerin schätzen.
Ich war wie in einem Rausch. Ungeahnte Mengen an Hormonen rasten durch meinen Körper und legten alle Sicherungen in meinem Kopf lahm, der darauf mit einem emotionalen Kurzschluss reagierte. Ich fühlte mich, als hätte mich jemand aus meiner alten Welt herausgebrochen und in ein anderes, besseres Leben gesetzt.
Auch Darya und Rostislav, die nach unserer Versöhnung ihre Besuche in meiner Kanzlei wieder aufnahmen, fügten sich nahtlos in dieses neue Leben ein. Als Artjom mich nach wenigen Wochen fragte, ob ich seine Frau werden wolle, sagte ich daher ohne Zögern und Nachdenken ja.
»Mama, ich heirate.«
Mutter verschluckte sich an ihrer Sahnetorte. Hustend, würgend und mit Tränen in den Augen saß sie vor mir. Um sie über die anstehende Änderung meines Familienstandes zu informieren, hatte ich sie zu Kaffee und Kuchen in ein Restaurant an der Außenalster eingeladen. Ich hoffte, ihre gute Erziehung würde es ihr verbieten, in der Öffentlichkeit laut zu werden.
Mit den Worten und um Fassung ringend, wischte sie sich die Krümel vom Kinn.
»Paula, das sind ja erstaunliche Neuigkeiten. Hast du dich etwa mit Bernhard vertragen?« In ihren Augen leuchtete eine kleine Flamme namens Hoffnung.
Ich blies sie sofort aus. »Bernhard hat inzwischen seine Assistentin geschwängert und wird Vater.«
»Oh, das wusste ich gar nicht«, röchelte sie.
Fast tat sie mir ein wenig leid, wie sie da so verloren aus dem Fenster in den dunklen Spätsommertag starrte. Sie befürchtete das Schlimmste. Und sie hatte recht.
»Er heißt Artjom, Mama.«
»Oh. Das klingt so … so … fremdländisch.«
»Genau, das ist ein russischer Name. Artjom kommt aus Moskau.«
»Oh.«
Schnell bestellte ich bei der vorbeieilenden Kellnerin zwei Cognac. Mutter stürzte ihren in einem Zug herunter und straffte sich.
»Aus Moskau, wie interessant. Und wie lange kennt ihr euch?«
»Vier Monate.«
»Oh. Findest du deinen Entschluss nicht etwas übereilt?« »Nein, ich bin mir absolut sicher, dass er der Richtige ist.« Verschlagen fügte ich hinzu: »Ich dachte, du freust dich, dass ich endlich unter die Haube komme. Wer liegt mir denn seit Jahren in den Ohren, dass ich eine Familie gründen soll?«
»Oh, mein Gott, du bist schwanger. Von einem Russen.«
Einen Augenblick weidete ich mich an ihrem Entsetzen, dann gab ich Entwarnung. »Nein, Mama, bin ich nicht.« Mutter wedelte sich mit der Serviette Luft zu.
»Kind, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das kommt wirklich sehr … überraschend.«
»Ich weiß, Mama, ich weiß.« Beruhigend tätschelte ich ihre Hand, das hatte ich von Darya gelernt. »Wie wär’s, wenn ihr euch erst einmal kennenlernt, bevor du ein vorschnelles Urteil fällst?«
»Kennenlernen? Oh. Natürlich, das wird sich wohl nicht vermeiden lassen … Entschuldigung, ich meine, das wäre … sehr nett.«
Ich wusste genau, was sie meinte.
»Ich könnte mir vorstellen, dass auch
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