Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims: Roman (German Edition)
Gemüse matschig, aber ich futterte alles auf, um wettzumachen, dass Jas kaum einen Bissen aß. Ich hätte auch noch die Teigkrapfen gegessen, wenn sie nicht am Blech festgebacken gewesen wären. Es machte richtig Spaß, und wir unterhielten uns sogar, bis Dad anfing über Sunya zu reden. Weißt du eigentlich, dass Jamie eine kleine Freundin hat , fragte er Jas. Mir wurde ganz flau im Bauch, und Jas riss die Augen auf. Echt jetzt , kreischte sie, und ich wurde rot. Das liegt bestimmt an dem Deo , kicherte sie. Ganz sicher . Dad zwinkerte ihr zu. Sie heißt Sonya, und ist sehr nett. Junge Lieb e, neckte er mich, und ich sagte knurrig und stolz zugleich Daaaaad.
Jas räusperte sich. Ich ahnte schon, was kommen würde, und nagte so wild an meinem Hühnerbein herum wie Sunyas Hund Sammy. Jas sagte Wo wir grade schon beim Thema sind – ich möchte dir was sagen . Dad ließ seine Gabel sinken. Ich habe einen Freund.
Dad starrte auf den Tisch, und Jas schnitt eine Möhre in winzige Stücke. Ich wischte mit den Fingern die Soße von meinem Teller und leckte sie gerade ab, als Dad ohne aufzuschauen sagte Okay . Und Jas quiekte Okay , und Dad seufzte Okay , und ich fühlte mich ausgeschlossen und sagte es deshalb auch noch. Aber das hörte keiner, weil Jas aufsprang und die Arme um Dad schlang, was ich noch nie zuvor gesehen hatte. Jas sah erhitzt und glücklich aus, aber Dads Gesicht war angespannt und traurig, was ich gar nicht verstand.
Jas sang, als wir zusammen Geschirr spülten. Ich hörte mit dem Abtrocknen auf und schaute sie an. Du hast eine echt tolle Stimme , sagte ich. Jas antwortete Ich mache aber nicht mit bei dieser blöden Show , und ich sagte Weiß ich doch, und sie sagte Erzähl mal von deiner Freundin . Ich dachte an Sunyas Sommersprosse, ihre glänzenden Haare und glitzernden Augen, ihren lachenden Mund und ihre braunen Hände, und mir rutschte heraus Sie ist wunderschön . Jas tat, als würde sie in die Spüle kotzen, und ich haute sie mit dem Geschirrtuch, und dann lachten wir beide. Dad kam in die Küche, um die Töpfe wegzuräumen, und sagte, wir seien furchtbar albern. Wir waren wie eine richtige Familie, und ausnahmsweise vermisste ich Mum gar nicht. Der Silberlöwe schaute durchs Fenster herein. Vielleicht war es auch bloß Roger, aber ich dachte, ich hätte ein leises Brüllen gehört.
12
Tausende von Sternen hingen am Himmel, nirgendwo waren Wolken zu sehen, und der Mond war fett. Er sah wie eine Untertasse mit Milch aus, und ich zeigte ihn Roger, der mir nach draußen gefolgt war. Jetzt hockte er auf meinem Schoß und schaute mit seinen klugen grünen Augen zum Himmel hoch. Wir konnten beide nicht schlafen, und ich war froh, dass Roger bei mir war. Sein Fell wärmte meine Hände, und ich spürte seinen Herzschlag an meinem Knie. Die Nacht roch so kalt und geheimnisvoll wie der Sportschuppen, und ich fragte mich, ob Sunya jetzt unter der blauen Bettdecke schlief, die ich vor zwei Tagen in ihrem Zimmer gesehen hatte. Dann hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich an sie dachte, und ich schüttelte den Kopf und blinzelte dreimal und starrte in den Teich. Und ich musste an die Gebote auf dem Stein denken, den Gott diesem komischen Mann namens Moses gegeben hat.
Mrs. Farmer hat heute gesagt, wer in den Himmel kommen will, muss die Zehn Gebote befolgen. Sie sagte Auf einem Berg hat Gott Moses die Steintafel mit den Geboten gegeben, und nach diesen Geboten sollten wir alle leben . Zuerst habe ich nicht richtig zugehört, weil ich ehrlich gesagt den Himmel nicht so spannend fand. Soweit ich weiß, ist da alles voller trällernder Engel, und es ist so hell, dass man sich am besten mit einer Sonnenbrille beerdigen lässt. Aber dann sagte Mrs. Farmer Das vierte Gebot ist eines der wichtigsten: Du sollst Vater und Mutter ehren , und ich bekam plötzlich ein schlechtes Gewissen. Ich hatte mit einem muslimischen Mädchen dreieckige Sandwiches gegessen. Und damit hatte ich Dad ganz bestimmt nicht geehrt.
Sunyas Armreifen klirrten, als ihre Hand in die Höhe schoss. Was passiert denn, wenn man die Gebote nicht beachtet , fragte sie, bevor Mrs. Farmer sie aufgerufen hatte. Du sollst mich nicht unterbrechen , sagte die Lehrerin. Kommt man dann in die Hölle , fragte Sunya mit großen Augen. Und ist dann da der Teufel . Mrs. Farmer wurde bleich und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie schaute auf die Wolken an der Pinnwand und dann auf Daniel. Der starrte Sunya an, als könne er nicht fassen, dass sie
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