Meine Schwiegermutter trinkt - Roman
über die Lippen), »die Zituation ist pereits unter Kontrolle, das Kepäute firt temnächst großräumig apkesperrt unt Pferstärkunk ist im Anmarsch. Noch hat niemant die Bepfreiunk der Keisel pferanlasst, wie Sie auf den Piltern sehen, ist sie immer noch in der Kewalt der Keiselnehmer.«
Bei diesem Teil der Stracqua-Reality bleibt uns die Spucke weg, aber noch ehe wir den letzten Satz ganz verarbeitet haben, vervollständigt die dumme Nuss die Diffamierung und setzt zum Gnadenschuss an.
»Wie ihr dort zeht« – sie zeigt auf den Monitor, den das arme Schwein von ihrem Begleiter mit der Fernsehkamera abfilmt – »ist klar ein kefesselter Mann mit den Hänten auf dem Rücken zu erkennen unt um ihn herum trei Perzonen, die alle unmaskiert zint.«
Die Fassungslosigkeit in unseren Gesichtern muss etwas zutiefst Lächerliches an sich haben, anders kann ich mir den Anflug eines Lächelns um die Lippen von Ingenieur Romolo Sesti Orfeo nicht erklären.
Ich weiß nicht, was ich da höre, irgendwie so was wie das Geknarze des Computers, wenn du vor ihm warten musst und dich der ungute Verdacht beschleicht, dass du dem Update besser nicht hättest zustimmen sollen.
»He«, bricht Matteo der Wurstwarenverkäufer das Schweigen; die Schwere des Vorwurfs hat sein Gesicht puterrot eingefärbt: »Was sagt die da?«
Und er wendet sich fragend an Ingenieur Romolo Sesti Orfeo, womit er ihm die Autorität des Regisseurs zuspricht, nach dem Motto: ›Und du sagst gar nichts dazu?‹
Anders als ich gedacht hatte, lässt sich der Ingenieur durch die grobe Unterstellung der Idiotin allerdings überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Es sieht sogar fast danach aus, als würde er sie auskosten wollen. (Eine masochistische Lust, die ich im Großen und Ganzen teile.)
»Wie ihr euch pforstellen könnt«, wird Stracqua rückfällig, »hapen wir es hier mit einem unkeföhnlichen Pfall zu tun, wo noch alles zu klären ist, aper nach dem Aplauf der Aktion will ich persönlich nicht ausschließen, dass es sich um einen Terrorakt hanteln könnte.«
Matteo der Wurstwarenverkäufer schwenkt jetzt sein Mützchen wie eine weiße Fahne, als wollte er die Unschuld seiner Berufskleidung ins Feld führen und sagen: ›Guckt gefälligst her, glaubt ihr vielleicht, so zieht sich ein Terrorist an?‹
Auf den Monitoren suche ich nach Mulder und Scully. Auch sie sind fassungslos über die sträfliche Unverantwortlichkeit, mit der Mary Stracqua hier Information verbreitet und dabei noch den letzten Rest an journalistischer Ethik, den sogar eine Analphabetin wie sie zumindest vom Hörensagen kennen müsste, vor die Hunde gehen lässt.
Die beiden tauschen scheele Blicke und stehen vor der Idiotin wie Vorstehhunde, getrieben durch den Impuls, ihr das Mikro aus der Hand zu reißen, aber gleichzeitig gebremst durch den drohenden Vorwurf, sie hätten ein Attentat auf das Recht der Liveberichterstattung im Fernsehen vor.
Diese jüngste, perverse Kombination von Umständen, die sich schon wieder zugunsten von Mary Stracqua auswirken und ihr erlauben, ihren Mist ganz ungeniert und ohne jede Widerrede zu verzapfen, löst in mir ein nicht zu unterdrückendes Aufbegehren aus.
Ich melde mich zu Wort und habe dabei das Gefühl, mit einem Schlag die Mauer des Schweigens zu durchbrechen, von der diese wandelnde Schande seit jeher profitiert. Das Gefühl, mit rückwirkender Wirkung endlich für Gerechtigkeit zu sorgen, verursacht mir einen köstlichen Schwindel. Wenn Kokain so wirkt, wundert es mich nicht, warum so viele Leute schnupfen.
»Hören Sie, Frau Stracqualurso, erlauben Sie mir eine Nachfrage«, rufe ich.
Die Labertasche schaut sich desorientiert um. Bestimmt haben Mulder und Scully sie über die Präsenz der Mikros aufgeklärt, aber vor lauter Ungeduld, schnell ihr Geschwafel abzusetzen und überheblich, wie sie ist, wird sie nicht dazu gekommen sein, sich einen Reim darauf zu machen.
»Hier, hier bin ich«, komme ich ihr zu Hilfe und winke in die Kamera.
»Hier bin ich. Erkennen Sie mich nicht? Sie haben mich vor der Kamera doch gerade als mutmaßlichen Terroristen abgestempelt, wieso glotzen Sie mich jetzt mit solchen Kuhaugen an?«
Vor lauter Mühe, die Wunder der Technik des neuen Jahrtausends zu begreifen, läuft sie lachsrosa an.
Die Monitore verzeichnen neuen Zustrom zur Menge der Schaulustigen vor der Eingangstür: ein stattliches Grüppchen Hooligans, die sich mit Ellbogen in die vorderste Reihe durchboxen. Sie wissen zwar noch nicht, was
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