Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1

hier.«
    »Damit du mich umbringen und Marshmallow klauen kannst?«, murmelte ich vor mich hin und knibbelte an dem abblätternden Lack des Türrahmens herum.
    »Was soll ich klauen?«
    »Vergiss es.«
    »Du bist ein seltsames Mädchen«, sagte er und kam mir plötzlich sehr nah.
    Seine Nähe jagte mir erst Angst ein, doch dann löste sich mein Unbehagen in Luft auf. Meine Reaktion auf seine Gegenwart war wirklich sonderbar – vielleicht weil ich sonst niemanden kannte, der die Macht gehabt hätte, mich zu beschützen. Da sollte man sich doch eigentlich ziemlich sicher fühlen, oder? Vielleicht lag es an der »Verbundenheit«, die wir angeblich teilten.
    »Was machst du da?«, fragte ich argwöhnisch.
    Seine Finger glitten sanft über meine Schulter, und sein Blick ging nach unten. Ich schnappte nach Luft. Wenn er versuchte, mich zu küssen, würde ich ihm was auf die Ohren geben. Verbundenheit hin oder her.
    Er griff nach dem Schulterriemen meiner Handtasche und warf sie in die Ecke. »Die wirst du nicht brauchen.« Er drehte sich um und trat zur Seite.
    Ich atmete langsam aus. »Du bist echt schräg, weißt du das? Viel schräger, als ich jemals sein könnte.«
    Er lachte. »Das hast du schon öfter gesagt.«
    »Muss ich im Limbus sein, um zu kämpfen oder diese verrückten Turnübungen zu machen?«
    »Nein. Du musst den Limbus nur betreten, wenn sich ein Reaper dort versteckt. Das ist unsere einzige Möglichkeit, sie aufzuspüren.«
    »Klärst du mich nun endlich über meine wahren Fähigkeiten auf? Wenn du durch ein Fenster im zweiten Stock springen kannst, wozu bin ich dann imstande?«
    »Das kannst du auch. Und du brauchst nicht mal Flügel dazu.«
    Ich ignorierte seine oberschlaue Bemerkung, die ohnehin völlig blödsinnig war. Ich streifte meine Kapuzenjacke ab und warf sie auf meine Tasche. Entschlossen kreuzte ich die Arme vor der Brust. »Also schön. Dann zeig mir was.«
    »Du kannst das ganze Gebäude einreißen.«
    »Ja klar, zeig’s mir«, schnaubte ich ungläubig.
    »Wir wollen das Lagerhaus doch nicht in Schutt und Asche legen, schon gar nicht, wenn wir selbst mittendrin stehen«, sagte er. »Wir brauchen das Gebäude noch eine Weile, also gebe ich dir jetzt nur einen kleinen Vorgeschmack.«
    Ohne mich aus den Augen zu lassen entfernte er sich noch ein Stück, bis er neben einer der Stahlsäulen stand. Einen Moment lang sah es aus, als ob die Luft um ihn herum in Bewegung geriete, ähnlich wie Hitzeflimmern über heißem Asphalt, nur dass es von seinem Körper ausging. Das Strahlen seiner Augen wurde so intensiv, dass sie förmlich glühten, obwohl das natürlich nicht möglich war. Dann prallte eine Druckwelle wie ein Lastwagen gegen mich und warf mich zu Boden. Ich rappelte mich wieder hoch und starrte Will fassungslos an. Ich sah die Energieströme, die von ihm ausgingen. Ich fühlte sie auf meiner Haut und wie sie sich um meine Beine schlangen.
    Will schwang seinen Oberkörper herum und schleuderte seinen Arm gegen die Säule, worauf der Stahl mit ohrenbetäubendem Ächzen nachgab und sich so stark verbog, dass er fast vollständig aus der Verankerung des Dachträgers gerissen wurde. Eine Staubwolke brach hervor und rieselte zu Boden.
    Ich taumelte zurück, geriet ins Stolpern und wäre beinahe gestürzt. Ängstlich, verwirrt und vollkommen fassungslos starrte ich ihn an. »W-wie?«
    »Ich hätte sie einreißen können, wenn ich gewollt hätte«, sagte er und ließ seine Macht davonströmen wie eine Flutwelle, die den Strand überspült. »Du bist stärker als ich, Ellie. Ich beweise es dir.«
    »Oh, mein Gott« war alles, was ich sagen konnte.
    »Versuch’s mal«, sagte er. »Du weißt doch noch, wie’s geht. Ich hab dich’s tun sehen, seit du wiedererwacht bist. Indem du deine Macht bündelst, entwickelst du die Kraft, einen Reaper zu töten. Aber sie können das ebenfalls, also musst du vorsichtig sein, und deshalb hast du auch das Engelsfeuer. Wenn du einem Vir begegnest, kann es sein, dass du ihn erst erkennst, wenn’s zu spät ist. Die Schwächeren wirken am menschlichsten. Die Mächtigen machen sich nicht die Mühe zu verbergen, was sie sind. Sie möchten meist nicht gern mit Menschen verglichen werden, aber sie können die Gestalt wechseln und in den Körper einer bestimmten Person schlüpfen, um sich einzuschleichen. «
    »Musst du wieder mein Gesicht berühren, um meine Macht zu erwecken?«, fragte ich.
    »Nein, ich glaube, das ist nicht nötig.« Er streckte den Arm aus, um sein