Meine Tochter Amy (German Edition)
ich trank, dachte ich die ganze Zeit, wie sehr ich das hasse“, sagte sie. „Ich will wirklich, wirklich aufhören. Ich will diese ganze Scheiße wirklich nicht noch mal durchmachen, jedes Mal, wenn was passiert. Du glaubst mir doch, oder?“
„Natürlich“, sagte ich. „Aber ich kann es nicht aufhalten. Du wirst immer Alkohol um dich haben und in Situationen geraten, wo du wieder trinken willst. Du musst selbst den Willen finden, aufzuhören.“ Alles, was ich tun konnte, war, sie ermutigen. Ich wusste, dass sie all das hasste, und dennoch würde sie über kurz oder lang wieder zu trinken anfangen.
Es war ein seltsamer Tag. Amy und ich verbrachten eine oder zwei Stunden miteinander. Nachdem wir über Belgrad geredet hatten, wurde sie sehr nachdenklich. Sie sprach viel von meiner Mutter, was häufig vorkam. Dann, und das war ungewöhnlich, wollte sie Clips von ihren Auftritten auf YouTube anschauen. „Findest du mich gut, Papa?“, fragte sie, nachdem wir einige gesehen hatten.
„Natürlich bist du gut“, sagte ich. „Das weißt du.“
Dann fragte sie: „Papa, findest du mich schön?“
„Ich finde, du bist das schönste Mädchen der Welt“, erwiderte ich, „aber da fragst du den Falschen. Ich bin dein Vater.“
Soweit ich weiß, hatte sie sich bis dahin nie so selbst betrachtet – sie war nicht sonderlich daran interessiert, zurückzublicken –, und es war das erste Mal, dass sie sich Zeit nahm, sich selbst derart zu analysieren. Dabei ging es weniger um ihr Selbstbild. Ich wusste, dass sie früher damit Probleme gehabt hatte, aber darüber war sie inzwischen offenbar hinweg. Diesmal analysierte sie vollkommen cool ihre eigene Show und versuchte zu begreifen, was an ihr besonders war.
„Knuddel mich einfach, Papa“, sagte sie. Eine gute Stunde lang saßen wir zusammen, sie in meinen Armen. Es war ein schöner, ein wirklich besonderer Moment, obwohl ich ihm damals keinerlei Wichtigkeit beimaß. Man könnte denken, sie habe irgendeine Art von Vorahnung gehabt. Daran glaube ich aber nicht. Ich denke, es war einfach ein schöner Moment.
Tags darauf sah ich Amy wieder. Wir redeten vor allem über die Arbeit an ihrem nächsten Album. Heimlich spähte ich im Haus nach Alkohol, fand aber keinen. Ich sah Amy in den folgenden zwei Wochen fast täglich, und wenn nicht, telefonierten wir. Das Wort „Alkohol“ kam in unseren Gesprächen immer weniger vor, und ich war froh, dass sie fürs Erste mit dem Trinken aufgehört hatte.
© Denise Collins
Nicht einmal die herrliche Stimme meiner Tochter und ihre fabelhaften Songs machten mich so glücklich, wie wenn sie sagte: „Knuddel mich, Papa.“
Am Sonntag, den 10. Juli verbrachten Jane und ich einen wunderbaren Tag mit Amy am Camden Square. Wir aßen zu Mittag und vertrieben uns dann die Zeit mit Plaudern und Musikhören. Amy hatte in der Woche spontan in einer Kneipe um die Ecke aufgelegt und war ganz vernarrt in ihre Plattensammlung. Insgesamt ein ganz normaler Familiensonntag.
Tags darauf rief Amy an, sie gehe in eine Kneipe Billard spielen. Ich war alarmiert: Billardspielen in einer Bar war bei Amy gleichbedeutend mit Trinken. Ich rief Andrew von der Security an, er solle mir sofort Bescheid sagen, wenn Amy in der Bar auftauchte, und schärfte dem Wirt ein: „Keinen Alkohol, unter keinen Umständen.“ Nachts schrieb ich in mein Tagebuch: „Ich bin sehr stolz auf Amy. Das ist sehr erfreulich.“
Auch den 14. Juli verbrachten wir gemeinsam. Amy hatte im Internet ein paar Dance-Remixes von „Please Be Kind“ gefunden, einem der Songs auf meinem Album. Wir hörten sie uns gemeinsam an. Amy fand sie ziemlich gut und scherzte: „Ich sag dir was, Papa, ich nehme die Sachen mit, wenn ich das nächste Mal auflege, und ehe du dich versiehst, bis du Nummer eins in den Dance-Charts.“
„Was? Machst du das etwa regelmäßig? Ich hoffe, die bezahlen dich gut“, lachte ich.
„Ach, sei still! Ich tue das gerne, Papa. Hier in Camden habe ich das Gefühl, ich kann alles tun, was ich will. Es ist wie ein Spielplatz. Und wenn’s mir reicht, komme ich hierher heim. Hier ist es friedlich und still, und ich fühle mich sicher.“
Am 22. Juli flog ich für ein paar Konzerte nach New York. Am Tag zuvor fuhr ich zum Camden Square, um mich von Amy zu verabschieden – da zeigte sie mir die Fotos, die sie wiedergefunden hatte. Sie sagte, sie wolle sich abends Dionnes Auftritt beim iTunes-Festival im Roundhouse in Camden anschauen; ich ließ Dionne
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