Meine Tochter Amy (German Edition)
fünf Tage lang ausnüchtern und dann in die Karibik in Urlaub fahren. Nach ein paar Tagen beschloss sie jedoch, dass sie nicht wegwollte: Sie müsse sich darauf konzentrieren, dass Blake clean werde. In der Klinik fühle sie sich sicher, meinte sie. Sie war für sie wie ein Hafen, der einzige Ort, wo ihr geholfen wurde. Dort wollte sie bleiben.
Tags darauf gab ich ein Konzert in der Hay Hill Gallery in Mayfair; Dr. Glynne hatte Amy erlaubt, die Klinik zu verlassen, um hinzugehen. Es war ein toller Abend; Amy und ich sangen spontan ein Duett – es war wirklich was Besonderes, meine Tochter und ich zusammen auf der Bühne, und die Leute waren begeistert. Am Ende unseres letzten Songs schaute ich zu Amy rüber und sah Tränen auf ihren Wangen. „Was ist los, Liebling?“, fragte ich.
„Ach, Papa, ich liebe es, wenn du singst“, sagte sie und lachte über sich selbst. „Es macht mich so glücklich, dass ich weinen muss.“
Danach war Amy wieder in der London Clinic, aber ein paar Tage darauf ging sie abends mit ihrer Freundin Violetta auf eine Party und betrank sich. Aus Gründen, die ich nicht kenne, verbrachten Amy und Violetta die Nacht in der Wohnung am Jeffrey’s Place; tags darauf riefen mich die Securityleute an und sagten, Blake sei da. Als ich ankam, war er weg, wahrscheinlich aus Angst vor dem, was ich sagen würde. Amy war betrunken und heulte, weil Blake aus heiterem Himmel aufgetaucht war. Sie hatte nicht gewusst, dass er in London war; irgendwie hatte er sie aufgespürt.
Ich war bestürzt über Blakes Auftauchen. Sein Verhalten wirkte jedoch verzweifelt. Vielleicht würde es Amy gelingen, ihn lange genug auf Distanz zu halten, bis er endlich aufgab und weiterzog.
Amy war wieder in der London Clinic, und als ich sie nachmittags dort besuchte, erfuhr ich erfreuliche Neuigkeiten. Sie erzählte, sie habe vor ein paar Wochen einen sagenhaft tollen Kerl kennengelernt und möge ihn wirklich sehr. In der Woche darauf hatten sie ein Date und wollten ausgehen. Um nicht zu viel Wind darum zu machen, stellte ich kaum Fragen; immerhin erfuhr ich, dass er Reg hieß.
Wie sie den Filmregisseur Reg Traviss kennengelernt hatte, erzählte mir Amy erst später. Seine Eltern hatten eine Kneipe in der Devonshire Street beim Bryanston Square. Eines Nachmittags saß Reg vor der Kneipe und rauchte eine Zigarette, als Amy und Andrew vorbeiliefen. Amy warf ihm einen Blick zu und ging weiter; Reg wusste, wer sie war, erwiderte den Blick jedoch nicht, weil er, wie er mir später verriet, sie nicht belästigen wollte. Amy wagte einen zweiten Blick über die Schulter, dann ging sie weiter die Devonshire Street entlang.
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Amy bei einem meiner Auftritte im Oktober 2010. An diesem Abend kam sie auf die Bühne und stand neben mir, während ich sang.
Eine Viertelstunde später war Reg mit ein paar Freunden in der Kneipe, und Amy und Andrew kamen rein. Reg wusste damals nicht, dass Amy die letzten paar Monate oft dort gewesen war und dasselbe Fitnessstudio wie Regs Mutter und Bruder besuchte. Sie unterhielt sich mit Regs Bruder. Reg schlenderte zur Bar, Amy marschierte rotzfrech zu ihm hin und sagte: „Deine Schuhe gefallen mir.“ Es waren braune Retro-Slipper, auf so was stand Amy. Aber ich denke, er hätte auch Fußballschuhe tragen können – sie hätte ihn trotzdem angesprochen.
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Ein Paparazzo-Schnappschuss: Meine geliebte Tochter und ich vor einem Hotel in der Londoner City. Ich war immer stolz, mit ihr gesehen zu werden, besonders wenn sie so bezaubernd aussah.
In den folgenden Wochen war Amy einige Male in dem Pub und plauderte mit Reg. Es war ein günstiger Treffpunkt; beide wohnten nur ein paar Gehminuten entfernt, und es ist keine dieser Saufkneipen mit lauter Musik, sondern ein netter, ruhiger, traditioneller Pub, wo man ebenso gut Leute zum Kaffeetrinken treffen oder ein Sandwich essen kann, wie man ein Glas Bier trinken kann.
Eines Tages war Reg nicht da, also hinterließ ihm Amy ihre Nummer; er solle sie anrufen, was er auch tat. Reg war das absolute Gegenteil von Blake. Er ist Filmregisseur; mit seiner makellosen Pomadefrisur und stylishen Retroklamotten sieht er aus wie ein US-Filmstar der Fünfziger. Amy fand, er habe den Look meines Vaters Alec und seiner Brüder. Vielleicht war’s das, was sie von Anfang an anzog.
Am Abend vor dem ersten Date mit Reg traf ich Amy – sie sah großartig aus und war total aufgeregt. Anfangs war ich vorsichtig, wollte nicht zu viel
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