Meine Tochter Amy (German Edition)
anziehen – es war nicht das erste Mal –, deshalb gab ich einiges davon zurück, ohne dass sie es merkte. Früher hätte Amy die fehlenden Klamotten nie vermisst, diesmal rief sie sofort an.
„Papa, habe ich gestern eine Selfridges-Tüte bei dir im Taxi gelassen? Mir fehlen ein paar Sachen.“ Ich machte einen auf ahnungslos, aber ich glaube, sie durchschaute mich, jedenfalls zerrte sie mich noch mal zu Selfridges und kaufte genau dieselben Sachen. Dass es ihr aufgefallen war, freute mich.
Ende März nahm Amy eine Nummer für Q: Soul Bossa Nostra auf, ein Album zur Feier von Quincy Jones’ 75. Geburtstag. Sie hatte Quincy bei dem Mandela-Konzert kennengelernt und war mit ihm in Kontakt geblieben. In drei Tagen stellte sie „It’s My Party“ fertig, einen Song, den ich gut kannte; er war ursprünglich 1963 ein Hit für Lesley Gore. Quincy hatte das Original produziert und gilt als Gores Entdecker. Es war eine große Ehre, dass er Amy bat, dieses Lied aufzunehmen. Am letzten Tag besuchte ich Amy im Love-4-Music-Studio in Islington in Nordlondon.
Musik spielte wieder eine wichtigere Rolle in Amys Leben, dennoch gab es Rückschläge. Ein paar Tage zuvor hatte sie wieder richtig heftig zu trinken angefangen. Raye und ich versuchten mit ihr darüber zu reden, aber sie wollte nichts hören, sondern nur über Blake und die Neuigkeit, dass er auf Methadon war, reden. Als ich jedoch bei Love 4 Music ankam, war ich überrascht: Amy war bereit, über ihre Probleme zu sprechen. Sie sagte, sie werde sich zusammenreißen, und wollte in die London Clinic, um den Alkohol aus dem Körper zu kriegen. Außerdem, und das war ebenso wichtig, sei sie mit Blake fertig. Sie hielt es für einfacher, ihm das von Angesicht zu Angesicht zu sagen, deshalb werde sie tags darauf mit Neville, einem der Securityleute, nach Sheffield fahren.
Neville brachte Amy nach Sheffield. Statt am selben Tag zurückzukehren, blieb sie über Nacht dort. Ich war besorgt und wollte hinfahren, um sie abzuholen. Am nächsten Tag kam Amy jedoch zurück und meinte, es sei aus mit Blake. Meine anfängliche Freude verflog, als ich erfuhr, wie schlecht er das aufnahm: Er war richtig außer sich und tröstete sich mit Drogen, während Amy bei ihm war, obwohl sie ihn davon abzuhalten versuchte. Das einzig Positive war, dass Amy mit Sicherheit nichts genommen hatte.
Unverzüglich kümmerte ich mich um ihre Einweisung in die London Clinic, um ihr Alkoholproblem zu behandeln. Alles schien gut zu gehen – bis sie eine Woche später die Klinik verließ, in eine Kneipe ging und sich betrank. Das war das Problem: Solange sie sich nicht eingestand, dass sie Alkoholikerin war, würde sie sich weiterhin vormachen, sie bekomme das selbst in den Griff. Sie trank nun schon so lange, dass es für sie selbstverständlich geworden war. Um drei Uhr morgens kehrte sie zurück, brüllend und singend. Wieder mal benutzte sie die Klinik als Hotel. Auch das war Teil des Teufelskreises.
Natürlich war es noch nicht vorbei. Ein paar Tage darauf tauchte Blake in London auf. Amy ließ alles stehen und liegen und betrank sich erneut. Ich wünschte mir so sehr, dass das aufhörte, aber ich wusste von Experten, die ich gefragt hatte, dass die einzige Person, die Amy am Trinken hindern konnte, Amy selbst war. Deshalb befahl ich ihr nie, aufzuhören, sondern erklärte nur, wozu es führen würde, wenn sie weitermachte, und unterstützte sie, so gut ich konnte. Ich kehrte jedes Mal die Scherben zusammen, wenn sie wieder abstürzte.
„Das kann nur zu einem Ende führen, und es wird kein gutes sein“, sagte ich zu Amy. Sie sollte eigentlich in die London Clinic zurück, wollte jedoch nicht mehr hin.
Am nächsten Tag war sie so betrunken, dass sie in ihrer Wohnung stürzte und sich am Auge und der Wange verletzte. Ich besuchte sie gegen sieben Uhr; sie faselte, sie gehöre zu Blake, könne aber nicht mit ihm zusammen sein, weil er nicht von den Drogen loskomme, und sie werde ihn überreden, sich wegen seiner Sucht helfen zu lassen. Ich erklärte ihr, sie verschwende ihre Zeit und solle sich lieber selbst Hilfe gegen ihren Alkoholismus suchen, statt sich um Blake zu sorgen. Aber ich wusste, dass ich gegen eine Wand redete: Was immer ich sagte, sie würde es ignorieren, wenn es ihr gerade nicht in den Kram passte. Ich musste irgendwie die Kraft finden, Tag für Tag damit fertigzuwerden.
Nach ein paar Tagen konnte ich sie überzeugen, in die London Clinic zurückzukehren. Sie sollte vier oder
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