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Meine zwei Halbzeiten

Titel: Meine zwei Halbzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Berger
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|175| einem Werbung in die Hand drücken, nicht einmal in einem Parkhaus ist man davor sicher. Ich zerknitterte ihn und warf ihn
     in einen Papierkorb.
    Beim
kicker
führte Wolfgang Tobien das Gespräch zusammen mit Rainer Franzke. Politische Ansichten musste ich nicht preisgeben, keiner
     von ihnen drängte mich, etwas über meine Flucht zu verraten, die private Situation wurde ebensowenig angesprochen. Von mir
     aus sagte ich auch nichts dazu – im Gegensatz zu Lutz Eigendorf, wie ich später herausfand. Hauptsächlich ging es um folgende
     Fragen: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor? Wäre es für Sie denkbar, Trainer bei der Eintracht zu werden? Norbert Nachtweih
     und Jürgen Pahl sind Spieler, die Sie in der DDR trainiert haben – wie haben sie sich weiterentwickelt?
    Nach dem Interview hatte ich ein gutes Gefühl, da nur sportliche Dinge von Interesse gewesen waren. Pfeifend ging ich zurück
     zum Parkhaus, um wieder nach Bischofsheim zu fahren, stieg in Norberts Auto ein und fuhr weiterhin gut gelaunt zur Schranke.
     Nichts erschien mir in diesem Moment selbstverständlicher, als dass sie sich automatisch öffnen würde. Doch nichts dergleichen
     geschah. Starr richtete ich meinen Blick auf den Balken, wie wenn ich ihn dadurch motivieren könnte, sich zu erheben. Ohne
     Erfolg. Zuvor hatte ich noch beobachtet, dass bei jedem durchfahrenden Fahrzeug die Schranke nach oben ging. Doch ausgerechnet
     bei mir musste es passieren, dass sie ihren Geist aufgab. Ich stieg aus dem Wagen, hinter mir staute es sich, es war Berufsverkehrszeit.
    «Was ist denn los?», fragte der Fahrer hinter mir, der sein Fenster heruntergelassen hatte.
    «Die Schranke ist kaputt», erklärte ich und setzte mich wieder.
    Ein Fluchen war zu hören. Die Information wurde weitergegeben, sämtliche Autos legten den Rückwärtsgang ein und begaben sich
     zur zweiten Ausfahrt. Ich blieb erst einmal stehen, etwas verstört durch das ganze Chaos. Schließlich stieg ich ein weiteres
     Mal aus dem Auto, um mir das Geschehen an der zweiten |176| Ausfahrtsschranke anzusehen, die anscheinend ohne Probleme funktionierte. Dabei stellte ich fest, dass die Fahrer ihren Arm
     aus dem Fenster streckten und irgendetwas in einen aufgestellten Kasten schoben. Geld konnte es kaum sein, danach sah es nicht
     aus. Es dämmerte mir aber nicht, dass es sich um den Zettel handelte, den ich achtlos weggeschmissen hatte.
    Da ich nicht länger im Parkhaus sein wollte, reihte ich mich in die Schlange vor dem zweiten Ausgang ein. Als ich vor der
     Schranke stand, geschah das, was ich fast schon erwartet hatte: Wieder bewegte sich nichts. Wollte man mir übel mitspielen?
     Hatte man etwas gegen Sachsen in Offenbacher Parkhäusern?
    Das Hupen hinter mir wurde immer wütender. Endlich kam ein Parkwächter, den ich fragte: «Was steckt man denn dort rein?» Der
     Mann schüttelte mit dem Kopf und begriff nichts. Er notierte sich nur meine Adresse und ließ mich anschließend mit Hilfe eines
     «Werbezettels» durch. Später, nachdem ich meinen Fehler längst erkannt hatte, erhielt ich eine Rechnung von 80   Mark – die Parkgebühr für vierundzwanzig Stunden. Meine erste Erfahrung mit einem Parkhaus war eine sehr teure.
    Ein fast noch peinlicheres Erlebnis werde ich ebenfalls nie vergessen: Ich musste zum Straßenverkehrsamt fahren, um meinen
     Führerschein umschreiben zu lassen. Bei einer Polizeikontrolle hätte ich mit meiner DD R-Fahrerlaubnis sicher zu viele Fragen heraufbeschworen. Da die entsprechende Dienststelle nur vier Straßenbahnstationen von Norberts Wohnung
     entfernt lag, hätte das eigentlich zu schaffen sein sollen.
    An der Haltestelle stand außer mir niemand, doch wenige Minuten später erschien schon die Straßenbahn. Nachdem sie zum Stehen
     gekommen war, ging ich zu einer der Türen. In Leipzig öffneten sie sich bei jeder Haltestelle automatisch, sofern es überhaupt
     welche gab, doch hier blieben sie zu. Ich war völlig perplex, als sich die Bahn wieder in Bewegung setzte – und ich weiterhin
     auf der Straße stand.
    |177| Beim zweiten Mal wiederholte sich das Geschehen. Ich eilte zum Fahrerhaus, postierte mich davor und machte dem Mann mit Gesten
     klar, dass er mich doch bitte reinlassen solle. Er nahm davon keine Notiz, klingelte und fuhr los. Fast hätte er mich erwischt,
     wenn ich nicht noch rechtzeitig einen Schritt zurückgetreten wäre. Hielt er mich für einen Bekloppten, den man nicht mitnehmen
     konnte? Eigentlich sah ich doch

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