Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Meine zwei Halbzeiten

Titel: Meine zwei Halbzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Berger
Vom Netzwerk:
interessiert,
     machte Berger hierzu folgende Angaben:
    Berger fühlte sich durch den Fußball-Verband der DDR und die Sicherheitsorgane ungerecht behandelt und wusste keinen anderen
     Ausweg als den Schritt in die BRD. Kein Mensch hat ihm angeblich mehr vertraut. Obwohl der Hinweis bzw. die Forderung seine
     Eheverhältnisse in Ordnung zu bringen von Funktionären des Verbandes kam, hat man ihn dann praktisch über Nacht als Reisekader
     gestrichen. Berger hatte in der DDR das Gefühl, mit keinem mehr reden zu können, da er überall auf Misstrauen stieß. Berger
     betonte wiederholt, dass er einfach mit jemandem über diese Dinge sprechen musste. Diese Angaben wurden nach Einschätzung
     der KP in überhasteter Form und ohne sich unterbrechen zu lassen gemacht. Nach dieser Erklärung hatte sich Berger wieder sichtlich
     gefangen und wirkte ruhiger   …
    In der BRD hat Berger sofort gute Freunde gefunden, die ihn über die Anfänge geholfen haben und auch weiterhin zu ihm stehen.
     Namen nannte Berger grundsätzlich nicht.
     
    |195| Einschätzung des Gespräches:
    Entsprechend den Umständen der Kontaktaufnahme hatte Berger vor dem Gespräch keine Möglichkeit zur Verständigung anderer Personen   … Die Haltung Bergers hinsichtlich einer Weiterführung des Kontaktes bei entsprechenden Gelegenheiten war deutlich ablehnend.
     Er ließ keinen Zweifel an seiner Meinung zu dieser Frage.
     
    Mitten in unserer Unterhaltung klickte es in Frau Basels Handtasche. Sie hatte ein Band mitlaufen lassen. Betreten entschuldigte
     sie sich und sagte, sie müsse auf die Toilette.
    Am Ende des Gesprächs fragte ich nach Eddie. Es gehe ihm gut, erhielt ich als Antwort. Mehr nicht. Danach verabschiedete ich
     mich von ihr.
    Das Jahr in Ulm gab mir Selbstvertrauen zurück, sodass ich schon wieder höhere Ziele anstrebte: «In Ulm bleibe ich nicht,
     ich will in die Erste Bundesliga.» Tatsächlich erhielt ich auch zwei Angebote, konnte mich zwischen Fortuna Düsseldorf und
     dem MSV Duisburg entscheiden – und ging in die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen.
    Als ich bei Fortuna Düsseldorf anfing, besaß ich noch mein Auto mit dem Ulmer Kennzeichen, was dem Zeugwart Karl Heidelberger
     ein Dorn im Auge war. Er sorgte dafür, dass es umgemeldet wurde. Nach einem Training zeigte er mir stolz das neue Nummernschild.
     Aufgebracht fuhr ich ihn an: «Du setzt dich sofort ins Auto und lässt ein neues Kennzeichen anbringen, mit diesem fahre ich
     nicht.» Heidelberger verstand die Welt nicht mehr, er hatte mir etwas Gutes tun wollen. Auf dem Nummernschild stand: «D – DR 1979».
    Viele Spieler waren gerade von anderen Vereinen zur Fortuna gewechselt, sodass ich eine ganz neue Mannschaft mit vielfach
     sehr jungen Spielern zusammenstellen musste. Ich weiß noch, wie ich bei einem von ihnen einen völlig falschen Ton anschlug. |196| Er war derart undiszipliniert, dass ich ihn – man kann es nicht anders bezeichnen – zur Sau machte. Am Ende dieser Standpauke
     sagte ich den folgenschweren Satz: «Und morgen möchte ich Ihren Erziehungsberechtigten sprechen.» Verständnislos schaute er
     mich an, einige seiner Mitspieler grinsten verstohlen. Zu Recht, er war immerhin dreiundzwanzig Jahre alt.
    Von Anfang an bestanden Spannungen mit Gerd Zewe, der bei der Fortuna Stammspieler im Mittelfeld oder der Abwehr war, zeitweise
     auch Kapitän der Mannschaft. Es gab Zeiten, da wurde sein Name gleich hinter Beckenbauer genannt. Für ihn war mein Training
     zu hart, zudem bestand zwischen uns ein Altersunterschied von nur sechs Jahren. Zewe war damals einunddreißig Jahre alt, ich
     wurde in ein paar Monaten siebenunddreißig. Vor einem Spiel in Bochum machte ich den Fehler, ihn nicht nur nicht aufzustellen,
     sondern ihm meine Entscheidung auch erst in der Mannschaftssitzung mitzuteilen – und nicht vorher unter vier Augen. Er sprach
     mich direkt darauf an: «Herr Berger, Sie haben mich ja gar nicht aufgestellt. Das ist das erste Mal, das ich auf der Bank
     sitze», sagte er leicht gereizt.
    «Gerd», erwiderte ich, «irgendwann im Leben ist immer das erste Mal.»
    Seitdem wurden wir keine Freunde mehr.
    In diesem Zusammenhang sollte ich etwas Entscheidendes lernen: Als Trainer ist man nur so stark, wie der Vorstand einem zur
     Seite steht. Jene, die mich geholt hatten, Hans Noack und Benno Beiroth, und die mitverfolgten, dass die abstiegsbedrohte
     Mannschaft es durch meine Arbeit schaffte, in der Bundesliga zu bleiben, unterstützten

Weitere Kostenlose Bücher