Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)
einem leisen Fiepton. Markus schaltete die Scheinwerfer aus und betrachtete Fred neben ihm, der, in das Brautkleid gewickelt, wie bewusstlos schlummerte.
Anni klopfte gegen Markus’ Fenster. Ihr Haar glänzte fettig, ihre Augen waren gerötet.
Er nahm seine Pistole und stieg aus. »Warst du wieder am Moorsee? Das bekommt dir nicht.«
Sie fragte ihn, wo sie sich herumgetrieben hatten und was er mit ihrem Sohn gemacht hatte und woher der Wagen kam.
Markus beugte sich vor und flüsterte es ihr ins Ohr.
Anni atmete aus, sah ihm in die Augen und sah gleich wieder weg. Mit einem Griff bekam sie sein Toupet zu fassen und riss es ihm vom Kopf.
»Ich bin müde«, seufzte Markus und kratzte sich mit dem Lauf seiner Walther die kahle Stelle. »War ein langer Tag. Eigentlich wollte ich nur noch Fred nach Hause bringen. Wir lassen ihn am besten, wie er ist. Den Wagen kann ich morgen holen.«
Anni betrachtete misstrauisch seine Pistole.
»Ach so.« Er legte sie vor sich ins Gras. »Kann ich jetzt mein Haar zurückhaben?«
Sie hielt ihm das Toupet hin, und als er danach griff, schnappte Anni sich die Pistole und zielte auf ihn.
Markus richtete mithilfe des Klappspiegels sein Toupet. »Du musst noch den Hahn spannen.«
Anni suchte danach.
»Er ist innen. Da«, sagte Markus gelassen, deutete mit dem Zeigefinger darauf, und Anni spannte ihn.
»Ins Moor«, befahl sie, und Markus widersprach nicht, steckte den Klappspiegel weg und machte sich auf den Weg. Sie folgte ihm in einigem Abstand. Für eine Weile gingen sie im Gleichschritt, ohne zu sprechen. Jedes Mal, wenn Anni die Pistole zu schwer wurde, wechselte sie die Hand.
»Du wirkst erschöpft«, sagte Markus, als sie die Holzplanken erreichten, die durchs Hochmoor führten. »Fred sorgt sich um dich. Ich sorge mich um dich. Es ist bestimmt schwierig. Dein Schmerz muss unvorstellbar sein. Erst deine Eltern, jetzt dein Mann. Aber wenn du abdrückst, dann werden wir uns beide nicht mehr um deinen Sohn kümmern können. Sie werden ihn holen. Und behaupte nicht, dass er dir nichts bedeutet. Er ist alles, was dir von Arkadiusz geblieben ist. Er ist dein Liebster Besitz.«
Anni hielt die Pistole nun mit beiden Händen.
»Ich glaube, auf eine merkwürdige Art und Weise mag ich dich, weil du mich nicht magst. Dein Kopfschütteln ist großzügiger als die Liebe der meisten Menschen. Das solltest du dir bewahren. In dir sehe ich viel Leistungsvermögen. Wenn man in Betracht zieht, wer Freds Vater war, ist es bemerkenswert, was aus ihm geworden ist. Das hat er alles dir zu verdanken. Du bist ein gesunder, guter Einfluss. Deshalb wirst du auch nicht abdrücken. Weil das nicht in dir steckt. Du bist unschuldig, du tanzt, du singst und du könntest nie –«
In der Morgendämmerung rüttelte Anni mich wach. Ich schlief, durch ein Seil mit Ludwig verbunden, neben der Hauptstraße. Sie fragte mich, was sie tun solle. Markus’ Pistole in ihrer Hand und die Blutspritzer in ihrem Gesicht beantworteten meine erste Frage. Anni sagte, sie habe geglaubt, Markus werde sie töten, er würde sie alle umbringen, hatte sie geglaubt, aber als er dann mit dem Gesicht nach unten im Moor gelegen hatte, war sie sich nicht mehr so sicher gewesen und hatte Angst bekommen, vor sich selbst, weil sie nie gedacht hätte, dass sie es tun könnte, und nun, sagte sie, nachdem es passiert war, überraschte sie, wie einfach es gewesen war.
Ich umarmte sie schweigend. Ich drückte sie so fest ich konnte, für all die Umarmungen, die ich ihr nicht mehr würde geben können, und als wir uns voneinander lösten und Anni zu mir aufsah und so schön war, wie nur ein Liebster Besitz schön sein kann, küsste ich ihren Fischmund nicht, obwohl ich spürte, dass sie mich hätte gewähren lassen, denn ich wollte ihren Kuss nicht vermissen. Dann nahm ich ihr die Pistole ab, steckte sie in die Jackentasche, in der ich auch das Gold aufbewahrte, und sagte meiner Schwester, was zu tun war.
Anni lief zum BMW und weckte Fred und untersagte ihm, das Haus zu verlassen. Anni legte alle ihre Kleider ab und verbrannte sie im Ofen. Anni wusch ihren Körper und ihr Gesicht und ihr Haar und kleidete sich an. Anni schloss Fred im Haus ein. Anni suchte den Pfarrer Meier auf und teilte ihm mit, vergangene Nacht habe sie heimlich beobachtet, wie Markus von ihrem eigenen Bruder erschossen worden war, was sie, soviel ich ihr auch bedeute, nicht mit ihrem christlichen Gewissen vereinbaren könne, und deshalb sei sie
hier, um
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