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Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)

Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)

Titel: Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Kloeble
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Driajes.«

Arkadiusz
     
    Arkadiusz’ Vater, Kamil Piotr Driajes, war 1914 in der Schlacht bei Tannenberg gefallen, die eigentlich gar nicht bei Tannenberg, sondern bei Allenstein stattgefunden hatte. Der arme Mann war auf einem Angelausflug in Ostpreußen und niemand hatte ihn vorgewarnt, dass ausgerechnet an jenem Tag auf der Ebene, wo sich sein Lieblingstümpel befand, russische und deutsche Truppen aufeinandertreffen sollten. Seine
Familie erfuhr nie, welche Seite für das Werfen der Granate verantwortlich war. Nach seinem Tod sah sich seine Frau, Aneta Natalia Driajes, außerstande, die neun Geschwister allein zu ernähren; da Arkadiusz, der Älteste, mit achtzehn immer noch zu Hause lebte   – ohne Arbeit, Weib oder Kinder   –, versprach er ihr, sich eine geldbringende Anstellung zu suchen, die stolzeste Frau von ganz Polen zu erobern und mit ihr für genügend Nachkommen zu sorgen, dass sie ein Dorf mit Namen Driajes gründen könnten, worauf ihm Aneta dankend die Hände küsste.
    Es konnte allerdings auch sein, dass sie ihn nach dem Tod des Vaters vor die Tür gesetzt hatte   – Arkadiusz drückte sich da recht vage aus, als er Anni davon berichtete. Nachdem er sich von seinen acht Brüdern und Schwestern verabschiedet hatte, atmete er tief durch, warf den Lederbeutel mit seinen Habseligkeiten über die Schulter und stimmte ein heiteres Wanderlied an. So schwierig konnte das Leben ja nicht sein.
    Wochen der Arbeitssuche vergingen, erfolglos, und Arkadiusz trieb sich nur mehr in schattigen Seitengassen herum, um Bekannten und Freunden auszuweichen, die er früher auf eine Flasche Wodka zu sich eingeladen hatte; er schämte sich für die ungepflegte, verzweifelte Gestalt, die ihn aus Matschpfützen anblickte. Die Eroberung der stolzesten Frau von Polen, wer auch immer sie war, hatte er bis auf Weiteres vertagt. Nach dem kaltnassen November betrachtete er halb verschimmeltes Bigos vom Kompost als Delikatesse, und seine Kleidung wies viele Risse und Löcher auf, sie zeigte mehr Haut, als sie verbarg. Es war nicht so, dass er es nicht versucht hätte, nur wurde Arbeit grundsätzlich nie mit Ausschlafen, sondern mit Aufstehen in Verbindung gebracht, zu einer Stunde, da jeder Hahn noch ruhte. Und Aufstehen war
keine von Arkadiusz’ Stärken. Sooft er sich auch vornahm, morgens aus dem Bett zu hüpfen, sobald ihm die Augen zufielen, schlummerte er wie ohnmächtig, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, als ob nichts und niemand ihm schaden könnte. Kein Rütteln, kein kaltes Wasser, keine gebellten Drohungen halfen.
    Mit jedem Morgen wuchs das Risiko, seiner Mutter auf offener Straße zu begegnen. Und was dann?
    Dreckstarrend verließ er sein Heimatdorf. Er schwor sich, erst als gemachter Mann zurückzukehren.
     
    Mit seinen letzten Silbermark reiste er an die Ostsee und heuerte auf einem Krabbenkutter an. Nie war es einem seiner Geschwister gelungen, mehr Fische als er zu angeln, oft hatte er sogar seinen Vater übertrumpft. Arkadiusz besaß weder ungewöhnliche Köder, noch kannte er erfolgversprechende Stellen, um diese auszuwerfen; er verwendete grün schillernde Fliegen, die er auf dem Misthaufen fing, und nahm dort am Wasser Platz, wohin ihn der kürzeste Fußmarsch führte. Sein Erfolg war nur eine Frage der Zeit. Egal wie sehr es stürmte, wie viele Angler sich rechts und links von ihm tummelten, wie weit das Quecksilber unter Null sank   – Arkadiusz wartete. Nahm er sich vor, seinen Eimer mit Forellen, Barschen, Lachsen zu füllen, blieb den Fischen kaum eine Chance. Sie hatten einfach weniger Zeit als er. Den preußischen Ostseefischern konnte er dieses Talent allerdings nicht so recht vermitteln. Als er zum vierten Mal in Folge beim Auslaufen des Kutters noch schnarchend in seiner Koje lag, warfen sie ihn über Bord.
    Von Wogen getragen, blickte er dem Krabbenkutter nach, und zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich hoffnungslos allein. Das macht doch alles keinen Sinn mehr, dachte er,
aus mir wird nie etwas, und er atmete aus, entspannte jeden Muskel seines Körpers und sank in die kalte See hinab. Seine vollgesogene Kleidung zog ihn nach unten, die Wassermassen erstickten das Mondlicht, drückten auf seine Ohren, und es wurde kalt, aber der Strom aus Luftblasen, die ihm aus Mund und Nase blubberten, riss nicht ab, soviel er auch blies und prustete. Als sein Kopf sich anfühlte, als würde er platzen, berührte er etwas Nachgiebiges, Unebenes mit den Füßen. In vollkommener Finsternis

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