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Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)

Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)

Titel: Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Kloeble
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gefunden hatte.
    »Warten lohnt sich eben immer!«, teilte er der Kanalisation mit und küsste das Gold und lachte.
    Als er das Rauschen hörte, war es bereits zu spät.
     
    Tage verstrichen, bis man seinen Körper barg, da sich nur wenige an der Suche beteiligten. Es waren ungünstige Zeiten, um Hilfe für einen Polen zu mobilisieren. Durch Markus’ Volksempfänger hatte Segendorf die Nachricht eines hörbar aufgebrachten Herrn erreicht: POLEN HAT HEUTE NACHT ZUM ERSTEN MAL AUF UNSEREM EIGENEN TERRITORIUM AUCH MIT BEREITS REGULÄREN SOLDATEN GESCHOSSEN.   SEIT
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WIRD JETZT ZURÜCKGESCHOSSEN.   UND VON JETZT AB WIRD BOMBE MIT BOMBE VERGOLTEN.
    Arkadiusz wurde von mir entdeckt. Zuerst hatte ich mich zwar dagegen gesträubt, auch nur einen Finger für meinen Schwager zu rühren; meiner Schwester konnte ich jedoch keine Bitte abschlagen. Ohne mir bei der unterirdischen Suche wirklich Mühe zu geben, fand ich ihn um ein Abflussrohr gewickelt, aufgedunsen und teigig. Seine Miene aber! Mir waren schon einige Leichen untergekommen, darunter eine Menge indolent dreinblickender Wasserleichen   – Arkadiusz’ Miene hob sich von allen ab. Selbst im Tod wirkte er unverschämt liebenswert.

Zwei Bestattungen
     
    Ich beschwerte Arkadiusz’ Körper mit Steinen und bestattete ihn getreu Annis Wunsch im Moorsee. Dort, wo vor Jahren ein Segendorfer Mädchen einem Wechsling begegnet war.
    Am Abend danach suchte ich meine Schwester in ihrem Zimmer auf. Sie saß auf ihrem Bett, sah müde aus, zu müde für ein Kopfschütteln, und war umgeben von ihren Liebsten Besitzen, die sie aus der Ruine unseres Elternhauses geborgen hatte   … der Buchrücken des Kochbuchs   … eine in fünf Teile zerbrochene Ofenkachel   … Pfeilspitzen   … ineinander verschmolzene Haarnadeln   …
    »Wie geht es dir?«, fragte ich im Flüsterton.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie.
    Ich kam näher. »Tut mir leid.« Setzte mich zu ihr aufs Bett und legte vorsichtig einen Arm um sie.
    Anni schmiegte sich an mich.
    »Als ich damals weglief, dachte ich, dort draußen würde ich jemanden finden, der mich liebt und den ich lieben kann. Aber meine richtige Liebe, das habe ich jetzt begriffen, meine richtige Liebe lebt hier.«
    »Du heiratest Mina?«
    »Das meinte ich nicht.«
    »Du solltest aber! Sie wartet schon so lange! Zwei Menschen, die sich lieben, müssen zusammen sein!«
    »Das denke ich auch.«
    »Dann warte nicht länger! Ihr wisst nie, wie viel Zeit euch bleibt! Irgendwann stirbt jeder, den man liebt.«
    »Nicht jeder.«
    »Ich bin eine Waise. Und eine Witwe.«
    »Du bist eine Schwester.«
    »Das ist was anderes.«
    »Weißt du noch, wie wir früher Wer-füllt-den-Becher-zuerst-mit-Spucke gespielt haben?«
    »Schrecklich.«
    »Du hast meist gewonnen!«
    »Das war früher«, sagte sie und sprang auf, warf die Liebsten Besitze in eine Kiste, reichte sie mir. »Hier. Mach damit, was du willst.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich habe sie schon viel zu lange. Sie sind verbrannt. Es ist vorbei. Geh jetzt, geh und schaff sie weg.«
     
    Noch in derselben Nacht beobachtete ich, wie das Moor geduldig die Kiste mit den Liebsten Besitzen verschluckte, und ich hoffte, dass damit Jasfes und Josfers Geschichte zu Ende war.
    Danach nahm ich auf dem Wolfshügel neben der sich schlängelnden Wurzel Platz und las »Ich liebe dich«. Von nun an würde Arkadiusz nicht mehr zwischen mir und meiner Schwester stehen.
    Einem Beutel entnahm ich das Gold, das ich bei Arkadiusz gefunden hatte. Er musste es sich in letzter Sekunde, bevor ihn die Wassermassen erfasst hatten, in die Hosentasche gestopft haben. Ich würde das vorerst für mich behalten; wer wusste schon, wofür es einmal gut sein konnte.
    Da sah ich Fred den Hügel zu mir heraufeilen und steckte es schnell weg. Die streichholzdünnen Beine meines Neffen galten, obwohl er noch keine neun Jahre alt war, als die längsten von ganz Segendorf, und auf seinen Wangen spross bereits fleckig verteiltes, flaumiges Barthaar. »Mama sagt, sie kann jetzt keine Mama sein!«
    »Und warum erzählst du mir das?«
    »Das erzähle ich, weil, Mama sagt, du kannst jetzt ein bisschen mein Paps sein.«
    »Ich? Nein, Fred. Neinneinnein. Nur dein Paps kann dein Paps sein.«
    Fred schüttelte erst sein rechtes, dann sein linkes Bein, sah zum Himmel, räusperte sich. »Mama sagt, du kannst ein bisschen mein Paps sein.«
    »Das hast du bereits erwähnt.«
    »Was?«
    »Du hast das schon gesagt.«
    »Ich weiß.«
    »Dann kannst du

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