Meister der Assassinen
leichteste aller Spaziergänge.
Sie schüttelte alles ab, stieg zügig die Treppe hinauf und stellte fest, dass es tatsächlich leichter ging. Die kurze Ruhepause hatte gutgetan, und der Schmerz in den Muskeln ließ augenblicklich nach, als sie sie wieder ordentlich beanspruchte und keine Rücksicht nahm.
Die drei Glücksritter zogen verdutzte Mienen, als Laura an ihnen vorbeistampfte, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Da mussten schon andere daherkommen, um sie auf die Reservebank zu setzen!
Dann hatte sie die letzte Stufe bewältigt, und der rechteckige Durchgang öffnete sich inmitten einer gut drei Meter hohen Mauer. Der Rahmen war kunstvoll behauen und verziert. Auf dem Querbalken war ein Paar Augen aufgemalt, das jeden Besucher genau taxierte.
Laura hörte eilige Schritte, und dann liefen die drei Glücksritter holpernd an ihr vorbei; jeder versuchte schneller als der andere zu sein. Als gäbe es eine Zählung, und wer überzählig war, hatte Pech gehabt.
Laura war es gleichgültig, sollten sie sich doch abhetzen. Sie war sowieso aus anderem Grund hier. Gemessenen Schrittes ging sie durch den Eingang und fand sich in einem riesigen Hof wieder, in dem sich mehrere hundert Personen aufhielten. Wer bereits zum Orden gehörte, war leicht an der uniformen, in verschiedenen Farben gehaltenen Kleidung zu erkennen. Die Anwärter hingegen versammelten sich zu einer bunten Masse, staubig und abgerissen, in allen Stufen der Erschöpfung.
»Ich bin auch da«, seufzte Laura.
Und dann kippte sie einfach vornüber und blieb flach auf dem Bauch liegen.
Laura konnte kaum mehr als den Kopf bewegen. Da es keinen Sinn hatte, sich dagegen zu wehren, gab sie sich der Erschöpfung hin und beobachtete nur.
Die Anwärter fanden sich zu kleinen Grüppchen zusammen. Sie beobachteten diejenigen, denen ihr Neid galt, weil sie bereits aufgenommen waren. Kaum ein gutes Wort war da zu hören. Wie kommt denn ein so Talentloser wie der hierher ... Was machen die denn da ... Also das konnte ich ja schon als Zweijähriger ... Darüber hinaus diskutierten sie, wie der weitere Ablauf sein würde, welche Forderungen oder zumindest Bedingungen man stellen wollte. Außerdem wollten einige zunächst einmal einige Fragen ganz deutlich geklärt haben, bevor sie überhaupt erwogen, zu bleiben und sich zu bewerben.
So kann man seine Angst auch kaschieren, dachte Laura. Große Klappe, kleine Welt. Schlecht ist das, ganz schlecht. Wenn man so einen schweren Weg hierher bewältigen muss, sollte einem klar sein, dass Demut angebracht ist oder zumindest Bescheidenheit. Und Geduld.
Allerdings hatten die Bewohner Innistìrs auch kein Fernsehen mit vielen Filmen, die das thematisierten.
Auf einmal kamen sie in Bewegung, und Laura hob schwach den Kopf. Aha, deswegen. Jemand war aus der Festung getreten und gut sichtbar für alle oben auf der Treppe stehen geblieben.
»Wo sind die Anwärter?«, fragte der Mann. Er trug eine schwarzblaue Tracht, wie Naburo sie von den Assassinen beschrieben hatte und wie sie nur wenige auf dem Hof trugen. Im Gürtel an der Seite hing ein Säbel, auf der anderen Seite ein Messer. Er trug keine Kopfbekleidung, seine schwarzen Haare waren kurz geschoren, ebenso kurz war sein dünn ausgeschnittener Bart. Seine spitzen Ohren wiesen ihn als Elfen aus, das Gesicht war hager, die grauen Augen kühl. Nach menschlichen Maßstäben mochte er Anfang fünfzig sein.
Unruhiges Scharren folgte auf die Frage, der eine sah den anderen ratlos an. Um nur ja nichts falsch zu machen, wartete jeder ab, was einer mal tun würde, um es dann nachzuahmen.
»Nun, wenn hier keine Anwärter sind, kann ich wieder gehen«, sagte der Mann oben auf der Treppe und wandte sich halb um.
»Aber nein!«, kam es jetzt aus der Menge. »Nicht doch! - Ich, ich bin ein Anwärter! - Ich auch! - Und ich!«
Der Mann drehte sich ihnen wieder zu. »Ich sehe keine Anwärter«, sagte er scharf, sodass es über den ganzen Platz schallte. Die Unformierten ließen sich allerdings davon nicht ablenken, sie verrichteten fortgesetzt ihre Übungen. »Ich sehe lediglich einen durcheinandergewürfelten Haufen schmutziger Lappen, Fetzen und Lumpen in schlampiger Haltung! Fort mit euch, verschwindet! Dafür haben wir keine Verwendung.« Er machte eine abweisende, fortschleudernde Geste.
Die Anwärter waren verdutzt und verunsichert, schwankten hin und her, wussten nicht, was sie tun sollten, was von ihnen erwartet wurde. Inzwischen hatten die Uniformierten innegehalten und
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