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Meister der Assassinen

Meister der Assassinen

Titel: Meister der Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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den Kamm und streckte sich. Sie konnte schon über die Kante tasten und wusste, gleich war es vorbei. Laura stützte sich mit den Händen ab und schlug die Stiefel fest in den Hang, um ein Stück weiter hinaufzukommen. Wenn das Gestein jetzt nachgab, war sie verloren. Dann gab es keinen Halt mehr, und sie würde abstürzen.
    Nicht daran denken. Es wird nicht passieren. Sebasto hat gesagt, dass es schwierig wird, aber keine echte Gefahr droht. Darauf vertraue ich und darauf, dass ich festen Halt habe und gleich hinaufgelange.
    Sie schaffte es, den Ellbogen über den Rand zu stemmen, und nun hatte sie deutlich mehr Halt und konnte sich leichter hochstemmen, weil die Kraft nicht mehr allein vom Bizeps aufgebracht werden musste. Sie schob mit den Beinen nach, und Stück für Stück robbte sie über die Kante, bis ihr Oberkörper so weit oben war, dass sie es wagte, das erste Bein hinaufzusetzen. Sie presste sich an den Boden, zog das zweite Bein hoch ... und lag oben.
    In Dreck und Matsch, halb versunken im Wasser. Das machte nichts mehr aus, sie war ohnehin bis auf die Haut nass. Keuchend, mit zitternden Muskeln lag sie auf dem Kamm und konnte sich für einige Augenblicke nicht bewegen.
    Der Sturm, der sie mit Leichtigkeit vom Kamm hätte blasen können, verzog sich. Kurz darauf rissen die Wolken auf, und Laura fühlte dankbar die sofort wärmende Sonne auf ihrem Rücken. Sie streckte die klammen Finger aus, rieb sie im Licht und fühlte das Leben in sich zurückkehren.
    Langsam setzte sie sich auf, atmete tief durch und reckte der Sonne das Gesicht mit geschlossenen Augen entgegen.
    So. Jetzt bin ich oben.
    Die Euphorie blieb allerdings aus - sie war viel zu müde. Sie rutschte ein Stück weg von der Kante, damit nicht noch ein Unglück durch ihre Ungeschicklichkeit passierte. Dann stand sie auf, streckte sich langsam und wrang die tropfnasse Kleidung aus.
    Eines war dadurch deutlich erwiesen: Eine Einbildung waren diese magischen Widrigkeiten nicht. Sie fanden nicht nur im Kopfkino statt, sondern auch in Wirklichkeit. Langsam drehte Laura sich zum Berg hin, sah die mächtige Festung hochragen, sah die Mauer auf dem Plateau. Es war fast geschafft, und die Sonne stand noch nicht so schräg, wie sie befürchtet hatte. Anscheinend hatte sie gerade ein bisschen Zeit wettgemacht.
    Und dann sah sie den schwarz gähnenden Eingang links unterhalb der Burg, der in den Berg hineinführte.
    Die letzte Etappe!

17
    Der lange
    dunkle Weg
     
    L aura betrat den dunklen Stollen mit einem mulmigen Gefühl. Ausgerechnet!
    Sie erinnerte sich an ihre Kindheit, als sie nicht in den Keller gegangen war, bis die kaputte Birne ausgetauscht worden war. Natürlich nicht von ihrem Vater, dafür war die Haushälterin da. Und Paul aus dem Büro, der sich um alle sonstigen Arbeiten zu kümmern hatte, die Mathilde nicht bewältigen konnte. Eine neue elektrische Leitung, eine Wand streichen, diese Dinge eben.
    In Wirklichkeit hießen die beiden anders, denn sie waren aus Kroatien, aber Vater hatte seine Weise, die Dinge zu benennen, und da machte er bei Personen keine Ausnahme. Er konnte sich die echten Namen entweder nicht merken oder sie nicht aussprechen, also benannte er die beiden Helfer kurzerhand um. Außerdem war es so unverfänglicher, denn immer wenn im Fernsehen das Wort »Schwarzarbeit« fiel, zuckte er zusammen. Laura hatte den Zusammenhang damals noch nicht verstanden, sich diese Regung aber gemerkt. Es war schließlich eine der wenigen ihres Vaters.
    »Warum traust du dich nicht in den Keller, großes Mädchen?«, fragte Paul mit seinem rollenden »R«, als sie auf der Treppe oben stehen blieb. Mutter hatte ihr aufgetragen, ein Glas Essiggurken heraufzuholen.
    »Weiß nicht«, antwortete das Kind. »Es ist dunkel. Und da sitzt der Mop unten.«
    »Der Mop? Was ist das?«
    »Ein böser Wicht, der schlimme Dinge macht. Er wischt einem übers Gesicht und stellt ein Bein und wirft Sachen runter. Und er beißt.«
    »Oh«, sagte Paul. »Und was können wir gegen den Mop machen?«
    »Licht. Davor hat er Angst.«
    »Das ist gut!« Paul zauberte eine Taschenlampe aus seinem blauen Overall mit den vielen prall gefüllten Taschen und drückte sie Laura in die Hand. »Probier mal.«
    Laura schaltete die Lampe an und lächelte, als ein weißer Kreis aufflammte und die Stufen hinuntertanzte. Trotzdem wollte sie nicht allein gehen. Also nahm Paul sie an die Hand, und sie waren gerade auf der Hälfte der Treppe angekommen, als die Stimme von Lauras

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