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Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Titel: Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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Fei: »Ich kam aus dem Land der Düfte, und in das Land der Düfte kehre ich nun zurück.«
    Ich kniete an ihrem Grab nieder. »Maus, hier ist Nummer Zehn der Ochse, und ich habe etwas für dich«, sagte ich.
    Ich legte den goldgesprenkelten Sezuanfächer in ihre Opferschale und betete. Goldenes Sonnenlicht drang durch die Blätter. Ich setz mich ins Gras und erzählte ihr meine Geschichte. Ich kann es nicht erklären, doch irgendwie wußte ich, Maus hatte nichts dagegen, daß ich Lotuswolke liebte. Ich schüttete ihr mein Herz aus und fühlte mich sehr erleichtert. Als ich geendet hatte, ging die Sonne unter. Gegen Abend kommt immer ein leichter Wind auf, und ich blieb, um die wehenden Weiden zu betrachten.
    Der untröstliche Vater von Maus hatte all seine Kunst und sein ganzes Können darauf verwendet, seine Tochter zu ehren. Der Wind seufzte in den Bäumen, die Weiden neigten sich, und dann strich ein Zweig nach dem anderen sanft über das Grab des jungen Mädchens.
    In dieser Nacht hatte ich einen sehr eigenartigen Traum. Zuerst sah ich ein Gewirr von Bildern: Hahnrei Ho hielt weinend einen silbernen Kamm in den Händen, Leuchtender Stern tanzte auf eine Tür zu, die sich immer schloß, und Geizhals Shen betete für seine Tochter. Ich sah die Hand der Hölle und die Höhle der Glocken. Wieder und wieder floh ich vor der großen goldenen Tigermaske. Dann rannte ich durch eine Tür in eine weiße Welt, in milchiges, sanftes leuchtendes Weiß, und dort fühlte ich mich sicher und geborgen. Im Weiß nahm etwas Gestalt an. Ich lächelte glücklich, denn Maus war gekommen, um mich zu besuchen. Sie hatte den Sezuanfächer bei sich und sah mich mit ihren schönen jungen Augen liebevoll an. »Ich bin sehr glücklich«, sagte sie leise. »Seit wir uns an den Händen hielten und das Lied der Weisen sangen, wußte ich, daß du dich in Lotuswolke verlieben würdest.«
    »Maus, dich liebe ich auch«, sagte ich.
    »Du mußt auf dein Herz hören«, erwiderte sie ernst. »Ochse, du bist sehr stark geworden. Jetzt mußt du mit aller Kraft versuchen, die Königin zu berühren, ehe er bis neunundvierzig gezählt hat. Er darf nicht bis neunundvierzig zählen, denn das könnte für immer und ewig bedeuten.« Maus verschwamm wieder im milchigen Weiß. »Sind tausend Jahre nicht genug?« fragte sie leise, als sei sie sehr weit weg. »Die Vögel müssen fliegen... Die Vögel müssen fliegen... Die Vögel müssen fliegen...«
    Maus war verschwunden, und aus irgendeinem Grund wußte ich, daß es für mich sehr wichtig war, das schimmernde Weiß zu verstehen, das mich umgab. Plötzlich begriff ich: Die Welt war weiß, weil ich mich in einer riesigen Perle befand. Mit diesem Wissen erwachte ich. Ich setzte mich auf und blinzelte in die Morgensonne.
     

23.
Doktor Tod
     
    »Die außerordentliche Wirkung der Würzelchen der Großen Wurzel führt zur Schlußfolgerung, daß das Herz der Macht tatsächlich das stärkste Heilmittel der Welt ist«, sagte Meister Li, »der Herzog von Ch'in wird es nicht in einer Schatzkammer aufbewahren, so daß er vielleicht durch ganz China reisen müßte, um es sich zu beschaffen. Er würde es natürlich bei sich tragen, und zwar direkt auf seiner widerlichen Haut. Du und ich werden den Hund ermorden müssen, und seiner Leiche die Wurzel abnehmen.«
    Wir wanderten wieder einmal durch die Schatten des Drachenkissens, wo sich die Krähen sammelten, um uns zu beobachten und freche Bemerkungen zu machen.
    »Meister Li, wie sollen wir jemanden ermorden, der über ein Beil in der Brust nur lacht?« fragte ich.
    »Wir werden experimentieren, mein lieber Junge. Als erstes müssen wir einen verrückten Alchemisten finden, und das sollte nicht schwierig sein. China«, sagte Meister Li, »ist mehr als voll von verrückten Alchemisten.«
    In der Stadt Pingtu musterte Li Kao eingehend die Straßenhändler und fand schließlich eine alte Frau, der im Gesicht geschrieben stand, daß sie gern klatschte.
    »Ich bitte tausendmal um Vergebung, Adoptivtochter, aber dieser Unbedeutende hier sucht einen bedeutenden Wissenschaftler, der vielleicht hier in der Nähe lebt«, sagte er höflich, »er ist ein überzeugter Taoist, sieht etwas heruntergekommen aus, hat einen wilden Blick, und es besteht sehr wohl die Möglichkeit, daß sein Haus zwischen einem Friedhof und einem Schlachthaus steht.«
    »Ihr sucht Doktor Tod!« Die alte Frau hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund und blickte angstvoll auf ein halb zerfallenes Haus, das

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